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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lamarque

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Lamarmora - Lamarque.

dert, übernahm er in den Ministerien Péronne (November 1848) und Gioberti (Februar 1849) auf kurze Zeiten das Portefeuille des Kriegs. Im März 1849 befehligte er die an den Grenzen von Parma und Toscana stationierte Division, und nach dem Frieden ward ihm der Befehl, den Aufstand in Genua niederzuwerfen, das ihm bereits 10. April die Thore öffnen mußte. Am 3. Nov. 1849 übernahm er abermals das Kriegsministerium und reorganisierte mit großer Energie die zerrüttete Armee, vor allem den Generalstab, nach dem Muster des französischen und preußischen Heers, bis er im April 1855 die sardinischen Hilfstruppen nach der Krim führte, wo er an den Kämpfen vor Sebastopol teilnahm. Nach dem Pariser Frieden zum General der Armee ernannt, war er vom Juli 1856 bis April 1859 abermals Kriegs- und Marineminister. Beim Ausbruch des Kriegs gegen Österreich übergab er sein Portefeuille an Cavour und ward Chef des Generalstabs, trat jedoch nach dem Friedensschluß von Villafranca unter Übernahme des Ministeriums des Kriegs und der Marine bis Januar 1860 an die Spitze des Kabinetts. Im Januar 1861 ging er als außerordentlicher Gesandter nach Berlin, um König Wilhelm zu seiner Thronbesteigung zu beglückwünschen. Im November 1861 trat er als erster Präfekt von Neapel an Cialdinis Stelle und bewies in dieser Stellung gelegentlich des von Garibaldi versuchten Freischarenzugs gegen Rom sowie dem Brigantenunwesen und den Umtrieben der sogen. Camorra gegenüber bedeutende Energie. Nach den Turiner Unruhen im September 1864 trat er als Minister der auswärtigen Angelegenheiten wieder an die Spitze des Kabinetts und führte die Septemberkonvention mit Frankreich durch. Sein Werk war ferner der Abschluß des Handelsvertrags mit Deutschland und die Allianz mit Preußen vom April 1866. Das durch die schwierige Lage Preußens bedingte Zaudern Bismarcks bei dieser Gelegenheit und namentlich der Versuch der preußischen Regierung, auf den italienischen Kriegsplan einzuwirken, noch dazu durch einen einfachen Zivilisten wie Theodor v. Bernhardi, verletzten Lamarmoras Eitelkeit aufs höchste, erweckten Mißtrauen gegen Preußen in ihm und bewogen ihn zu einer zurückhaltenden Politik. Als im Juni 1866 der Krieg ausbrach, wurde L. Minister ohne Portefeuille und ging als Generalstabschef mit dem König zum Heer ab. Von seiner Hand rührte denn auch der Feldzugsplan her, und da er nach der unglücklichen Schlacht bei Custozza (24. Juni) in unbegreiflicher Unthätigkeit verharrte, so erhob sich die getäuschte öffentliche Meinung in heftigem Unwillen wider ihn und beschuldigte ihn eines geheimen Einverständnisses mit Napoleon. Daher legte er im August 1866 seine Ämter nieder. Als Deputierter von Biella benutzte er wiederholte Gelegenheit, sein allgemein angefochtenes Verhalten im Krieg von 1866 zu verteidigen, so 1868 in dem Sendschreiben "An die Wähler von Biella" (deutsch von Poppe, Berl. 1868). Empfindlich beleidigt wurde er durch eine mißverstandene Stelle im preußischen Generalstabsbericht über den Krieg von 1866, betreffend die italienische Kriegführung, richtete im Juli 1868 auch darüber in der Kammer eine Interpellation an den Ministerpräsidenten Menabrea und veröffentlichte bei dieser Gelegenheit die berühmte "Stoß-ins-Herz"-Depesche des Grafen Usedom vom 17. Juni 1866, welche nach seiner Meinung die preußische Kriegführung als völkerrechtswidrig und unwürdig brandmarken sollte. Indes verfehlte er völlig seinen Zweck, da die öffentliche Meinung in Italien allgemein darin übereinstimmte, daß L. einen großen Fehler begangen habe, indem er aus Eigensinn und Eitelkeit den preußischen Plan nicht befolgt habe. L. neigte sich nun immer mehr Frankreich zu und stellte sich im Parlament an die Spitze einer Gruppe, welche durch definitive Anerkennung des Restes des Kirchenstaats den Bund mit Frankreich dauernd befestigen wollte. Sein Haß und Neid gegen Preußen gab sich besonders nach der Niederwerfung Frankreichs 1870/71 kund, indem er im Parlament beim Streit mit Cialdini die preußischen Heereseinrichtungen, die er früher selbst als Muster anerkannt, tadelte und behauptete, die Preußen verständen weder von Strategie noch von Taktik etwas und hätten bloß durch blindes Glück gesiegt. Nach dem Tod seines frühern Adjutanten und Freundes Govone (s. d.) veröffentlichte er die Depeschen desselben über seine Mission nach Berlin 1866 ("Un po più di luce", 1873, 1. Bd.; deutsch, Mainz 1873), worin Bismarcks Politik in ihrer angeblichen Treulosigkeit und Verräterei an Italien und Deutschland dargelegt werden sollte. Das Buch wurde von den Feinden Preußens gehörig ausgebeutet, auch von den preußischen Ultramontanen im Abgeordnetenhaus 16. Jan. 1874 zur Sprache gebracht, was Bismarck zu einer schroffen Verurteilung Lamarmoras veranlaßte. Auch die italienische Regierung tadelte Lamarmoras Verfahren und machte durch eine Änderung des Strafgesetzbuchs eine ähnliche Verletzung des Staatsgeheimnisses für die Zukunft unmöglich. Der 2. Band von Lamarmoras Buch erschien daher auch nicht, doch suchte L. sein Verfahren durch eine neue Schrift: "I segreti di stato nel governo costituzionale" (Flor. 1877), zu verteidigen. Er starb 5. Jan. 1878 in Florenz. Vgl. Massari, Il generale Alfonso di L. (Mail. 1880).

Lamarque (spr. -márk), Maximilien, Graf, franz. General, geb. 22. Juli 1770 zu St.-Sever (Landes), wendete sich, durch seinen Vater, der Mitglied der Konstituierenden Versammlung war, veranlaßt, zeitig der Revolution zu und trat 1791 in das Heer. Im Vortrab der Pyrenäenarmee 1793 unter Moncey erwarb er sich vor Fuenterrabia hohen Ruhm, ward Brigadegeneral, diente nachher in Italien und am Rhein und zeichnete sich 1800 bei Hohenlinden aus. Nach dem Frieden von Lüneville befehligte er in Spanien unter Leclerc und wohnte hierauf dem Feldzug von 1805 in Österreich bei. Nach dem Frieden erhielt er den Auftrag, Joseph Bonaparte nach Neapel zu begleiten, und wurde dessen Adjutant und Generalstabschef. Er besiegte die englischen Truppen in mehreren Gefechten und entriß ihnen Gaeta und Capri. Im Krieg von 1809 nahm er bei Laibach dem Feind 5000 Gefangene und 65 Kanonen, und bei Wagram drang seine Heeresabteilung ins Zentrum der österreichischen Armee ein. Zum Großoffizier der Ehrenlegion ernannt, diente er 1812 in Rußland, dann in Spanien, wo er unter den schwierigsten Verhältnissen bis zum Sturz Napoleons I. blieb. Mit der ersten Restauration trat er außer Dienst. Nach der Rückkehr Napoleons I. 1815 erhielt er anfangs das Kommando einer Division an der belgischen Grenze; bald aber mußte er den Oberbefehl in der Vendée übernehmen, wo er die Ruhe wiederherstellte. Nach der Rückkehr der Bourbonen wurde er auf die Liste der Geächteten gesetzt. Er floh nach Belgien und erhielt erst im November 1818 die Erlaubnis zur Rückkehr nach Frankreich. Seine in einer Reihe von Schriften bis 1826 niedergelegten Vorschläge zur Reorganisation des Heers blieben ohne Erfolg. 1828 zum Deputierten ernannt, stimmte