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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lamentieren; Laménto; Lameth; Lametta; Lamettrie; Lamey

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Lamentieren - Lamey.

zwar sein Journal auf, seine heroische Natur drängte ihn aber bald weiter auf der beschrittenen Bahn eines Propheten und Revolutionärs. Seine "Paroles d'un croyant" (Par. 1833, neue Ausg. mit andern kleinern Schriften Lamennais' 1871) proklamierten im Namen der Religion die Souveränität des Volkes. Das Buch, das während weniger Jahre über 100 Auflagen erlebte und in alle europäischen Sprachen übersetzt wurde (deutsch von Börne, Hamb. 1834), ward alsbald vom päpstlichen Bann getroffen. L. antwortete in seinen "Affaires de Rome" (Par. 1836-37, 2 Bde.), worin er vollends mit Staat und Kirche brach. Seitdem vom Klerus verketzert und von der weltlichen Macht verfolgt, von der Demokratie aber als Apostel gefeiert, wirkte L. für seine Grundsätze durch politische Flugblätter, größere Schriften und gelegentliche Konflikte mit der Preßpolizei. Nach der Februarrevolution wurde L. in die Nationalversammlung gewählt, zog sich aber nach dem Staatsstreich gänzlich zurück und starb 27. Febr. 1854 in Paris. Seine "Œuvres complètes" erschienen in 10 Bänden (2. Aufl., Par. 1844-47); "Œuvres posthumes" wurden von Forgues herausgegeben (1855-58, 5 Bde.). Andre posthume Werke veröffentlichten Blaize ("Correspondance, mélanges religieux et philosophiques", Par. 1866, 2 Bde.) und Forgues ("Correspondance inédite entre L. et le baron de Nitrolles", das. 1886). Vgl. Blaize, Essai biographique sur M. F. de L. (Par. 1858).

Lamentieren (lat.), wehklagen, jammern; Lamentation, Klage, Klagelied; Lamentationen, drei Abschnitte der Klagelieder Jeremiä, die in der katholischen Kirche am Mittwoch, Donnerstag und Freitag der Karwoche in den Finstermetten (s. d.) abgesungen werden.

Laménto (ital.), Wehklage, s. v. w. Lamentation; lamentabile oder lamentōso, musikalische Vortragsbezeichnung: in klagendem Ton.

Lameth, 1) Charles Malo François, Graf von, franz. General, geb. 5. Okt. 1757 zu Paris, nahm am nordamerikanischen Freiheitskrieg teil, befehligte nach seiner Rückkehr ein Kavallerieregiment, ward vom Adel in die Nationalversammlung gewählt und trat in derselben für eine konstitutionelle Verfassung und für Reformen ein. Im Feldzug von 1792 befehligte er eine Kavalleriedivision. Da er sich der Entthronung des Königs widersetzte und die Jakobiner bekämpfte, ward er nach dem 10. Aug. 1792 verhaftet und 27 Tage gefangen gehalten, begab sich darauf nach Hamburg, wo er ein Handlungshaus gründete, und kehrte erst 1800 nach Frankreich zurück. 1809 ward er als Generalmajor Gouverneur von Würzburg, 1810 von Santona. 1827 zum Deputierten gewählt, starb er 28. Dez. 1832.

2) Alexandre, Graf von, Bruder des vorigen, geb. 28. Okt. 1760 zu Paris, kämpfte ebenfalls in Nordamerika für die Freiheit der Kolonien, erhielt nach seiner Rückkehr ein Artillerieregiment und ward vom Adel von Péronne 1789 in die Generalstaaten gewählt. Er schloß sich dem dritten Stand an, unterschrieb den Antrag auf Abschaffung aller Privilegien etc., war 1792 Maréchal de Camp unter Luckner, dann unter Lafayette, ging mit diesem zu den Österreichern über und ward drei Jahre lang in Olmütz gefangen gehalten. Hierauf begab er sich nach London, dann nach Hamburg, wo er in das Handlungshaus seines Bruders eintrat, kehrte 1800 nach Frankreich zurück und diente unter dem Kaiserreich als Präfekt. Napoleon ernannte ihn zum Grafen und 1815 zum Pair. 1819 in die Deputiertenkammer gewählt, verteidigte er die konstitutionellen Grundsätze. Er starb 18. März 1829 in Paris. Er schrieb: "Histoire de l'assemblée constituante" (Par. 1829, 2 Bde.).

Lametta, aus sehr dünnem, blankem, auch verzinntem Messingblech geschnittene schmale Streifen zur Verzierung der Weihnachtsbäume u. dgl.; auch feine Fäden aus versilbertem Kupferdraht, mit welchen in China Kleiderstoffe durchwebt werden.

Lamettrie, Julien Offray de, franz. Philosoph, geb. 23. Dez. 1709 zu St.-Malo, studierte unter Boerhaave in Leiden Medizin und wurde Arzt im Regiment des Herzogs von Grammont, mit dem er der Schlacht bei Dettingen und der Belagerung von Freiburg beiwohnte. Die Beobachtung, welche er hier während einer Erkrankung machte, daß nämlich die geistige Kraft, welche wir Seele nennen, mit dem Körper schwinde, veranlaßte ihn zur Abfassung seiner "Histoire naturelle de l'âme" (Haag 1745, neue Aufl. 1748), welche wegen des darin vertretenen Materialismus und Atheismus verbrannt wurde. Dasselbe Schicksal hatte seine gegen die Ärzte gerichtete Schrift "La politique du médecin Machiavel" (Amsterd. 1746). Von der Geistlichkeit wie von den Ärzten verfolgt, begab sich L. nach Holland, konnte sich aber infolge seiner Schriften: "La faculté vengée" (1747; später unter dem Titel: "Les charlatans démasqués", Par. 1762) und "L'homme-machine" (Leiden 1748; neue Ausg., Par. 1865; deutsch, Leipz. 1875) auch hier nicht halten und fand endlich ein Asyl bei Friedrich II., der ihn als seinen Vorleser anstellte und ihm eine Stelle in der Akademie gab. Noch schrieb L.: "L'homme-plante" (Potsd. 1748) und ein witziges Pasquill auf Boerhaave, Linné und andre Gelehrte: "Ouvrage de Pénélope, ou le Machiavel en médecine" (Berl. 1748, 2 Bde.; 1750, 3 Bde.); ferner: "Les animaux plus que machines" (das. 1750); "Reflexions philosophiques sur l'origine des animaux" (das. 1750); "L'art de jouir" (das. 1751); "Vénus métaphysique ou essai sur l'origine de l'âme humaine" (das. 1752) u. a. Er starb 11. Nov. 1751 in Berlin. Friedrich II. schrieb ihm selbst ein "Éloge" (Haag 1753) und ließ seine "Œuvres philosophiques" (Berl. 1751, 2 Bde.; neue Aufl. 1796, 3 Bde.) herausgeben. Eine Ehrenrettung Lamettries, des übelberufenen Stimmführers des französischen Materialismus, unternahm Du Bois-Reymond in einem Vortrag über ihn (Berl. 1875). Vgl. auch Quépat, Essai sur L. (Par. 1873), und Lange, Geschichte des Materialismus (neue Ausg., Iserl. 1887), dessen Untersuchungen zu einer gerechtern Würdigung Lamettries den Anstoß gaben.

Lamey, August, bad. Staatsmann, geb. 27. Juli 1816 zu Karlsruhe, Anwalt in Freiburg i. Br., war 1848-52 Mitglied der badischen Zweiten Kammer, ward 1856 Professor der Rechte in Freiburg, 1860 Präsident des Ministeriums des Innern und führte die kirchliche Gesetzgebung Badens durch. In der innern Politik liberal und konstitutionell gesinnt, wurde er durch die Haltung Preußens in der schleswig-holsteinischen Frage mehr und mehr vom kleindeutschen Parteistandpunkt zum großdeutschen hinübergedrängt. Er blieb daher 1865 auch unter Edelsheim im Amt und nahm 26. Juli 1866 nach dem Ende des deutschen Kriegs mit diesem seine Entlassung. Seit 1860 Mitglied der badischen Kammer, wurde er 1871 auch in den deutschen Reichstag gewählt, in dem er zur nationalliberalen Partei gehörte. 1874 lehnte er eine Wiederwahl ab und trat erst 1879 für eine Sitzungsperiode wieder in den Reichstag ein. Seit 1878 ist er Präsident der badischen Zweiten Kammer.