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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lassell; Lassen

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Lassell - Lassen.

in sein stets gastlich geöffnetes Haus führten. Von seinen Ausgaben altdeutscher Gedichte, die er zum Teil unter dem Pseudonym "Meister Sepp von Eppishausen" erscheinen ließ, verdient besondere Hervorhebung der "Liedersaal" (St. Gallen 1820-25, 4 Bde.), dessen letzter Band den ersten Abdruck der sogen. Hohenemsschen Nibelungenhandschrift enthält. Mannigfaches Interesse bietet der "Briefwechsel zwischen L. u. Uhland" (hrsg. von Pfeiffer, Wien 1870).

Lassell, William, Astronom, geb. 18. Juni 1799 zu Bolton in Lancashire, von Profession Brauer, wandte sich um 1820 der Astronomie zu und erbaute einen Newtonschen Reflektor von 7 Zoll Öffnung und einen gleichgroßen Gregoryschen, dann bis 1838 ein noch größeres Newtonsches Teleskop von 9 Zoll Öffnung und 9¾ Fuß Brennweite, welches durch die vortreffliche Politur seines Spiegels und die geschickte äquatoriale Montierung Aufsehen erregte. Zur Aufstellung dieses Instruments baute sich L. in der Nähe von Liverpool die kleine Sternwarte "Starfield", wo er 1843-45 die Kometen von Faye, de Vico, d'Arrest und Mauvais (1843 II) beobachtete. 1845 ging er an die Herstellung noch größerer Spiegel und konstruierte zunächst eine verbesserte Spiegelpoliermaschine; mit Hilfe von Nasmyth baute er dann ein äquatorial montiertes Spiegelteleskop von 2 Fuß Öffnung und 20 Fuß Brennweite, durch welches er 1846 den Neptunmond erblickte; genauere Beobachtungen, welche die Existenz dieses Körpers außer Zweifel stellten, machte er im folgenden Jahr. Ferner fand L. 1848, gleichzeitig mit Bond, den siebenten Saturnmond, Hyperion, und 1851 entdeckte er zwei Uranusmonde, Umbriel und Ariel. Vom Oktober 1852 bis März 1853 beobachtete L. in Malta und veröffentlichte als Frucht dieser Beobachtungen sorgfältige Zeichnungen des Orionnebels und verschiedener planetarischer Nebel. Nach England zurückgekehrt, verlegte L. seine kleine Sternwarte nach Bradstones und nahm dort 1854 seine Beobachtung der Planetentrabanten, Kometen und andrer lichtschwacher Objekte wieder auf. Mit einem neukonstruierten Refraktor von 4 Fuß Öffnung und 37 Fuß Brennweite, der als Äquatorial montiert wurde, ging L. 1861 nach Malta, wo er mit Marsh bis 1865 Beobachtungen anstellte. Unter den Ergebnissen ist besonders ein Katalog von 600 neuentdeckten Nebeln bemerkenswert; auch zahlreiche Zeichnungen des Orionnebels und mikrometrische Messungen der Monde des Saturn, Uranus und Neptun wurden gewonnen. Nach seiner Zurückkunft nach England ließ sich L. in Ray Lodge bei Maidenhead nieder, wo er in einer neugebauten Sternwarte seinen zweifüßigen Refraktor aufstellte und 5. Okt. 1880 starb.

Lassen (Liten, Lassi, Lazzi, Lati, Leti, Lidi, Liti), im Mittelalter Bezeichnung der eignen, hörigen, zins- und dienstpflichtigen Leute (s. Leibeigenschaft).

Lassen, 1) Christian, Begründer der ind. Altertumswissenschaft, geb. 22. Okt. 1800 zu Bergen in Norwegen, studierte zu Christiania, dann zu Heidelberg und Bonn, wo er durch A. W. v. Schlegel den indischen Studien zugeführt wurde und durch dessen Vermittelung ein Reisestipendium zu einem zweijährigen Aufenthalt in Paris und London erhielt. Hier fand L. Gelegenheit, aus der indischen Litteratur Sammlungen anzulegen, die er allmählich dem Publikum bekannt gemacht hat. Im Verein mit Burnouf widmete er sich der Erforschung der noch ganz unbekannten Pâlisprache der südlichen Buddhisten und veröffentlichte 1826 mit ihm seinen "Essai sur le Pâli". Nach Bonn zurückgekehrt, habilitierte er sich daselbst 1827, wurde 1830 zum außerordentlichen, 1840 zum ordentlichen Professor der altindischen Litteratur ernannt und entwickelte jahrzehntelang die anregendste Lehrthätigkeit, bis zunehmende Augenschwäche und schließlich völlige Erblindung ihn am Dozieren verhinderte. Er starb 9. Mai 1876 in Bonn. Im Verein mit A. W. v. Schlegel gab L. die Fabelsammlung "Hitopadesa" (Bonn 1829-31, 2 Bde.) heraus, deren 2. Teil fast ganz von ihm herrührt und vorzugsweise kritischen Inhalts ist. Durch Th. Colebrookes Arbeiten angeregt, unternahm L. das schwierige Studium der bedeutendern Werke der indischen Philosophie und veröffentlichte in dem "Gymnosophista" (Bonn 1832) ein kurzes indisches Lehrgedicht über die sogen. Sankhyaphilosophie. Später lieferte er eine Ausgabe und lateinische Übersetzung des berühmten, von Rückert ins Deutsche übersetzten Gedichts "Gîtagovinda" von Dschayadewa (Bonn 1837) und eine neue Ausgabe von Schlegels "Edition du Bhagavad-Gîtâ" (das. 1846). In einer "Anthologia sanscrita" (Bonn 1838; neu bearbeitet von Gildemeister, 2. Aufl., das. 1868) half L. einem Bedürfnis des ersten akademischen Unterrichts ab. Seine "Institutiones linguae pracriticae" (Bonn 1837) behandeln die in den indischen Dramen gebrauchten Töchtersprachen des Sanskrit. In seinen beiden Abhandlungen, die als Beiträge zur Erklärung der Eugubinischen Tafeln in dem "Rheinischen Museum" erschienen, trug er wenigstens einiges zur Aufhellung dieser altitalischen Sprachdenkmäler bei. Glücklicher noch war er in seinen Versuchen zur Erklärung der sogen. Keilinschriften ("Die altpersischen Keilinschriften zu Persepolis", Bonn 1836), an die er schätzbare Untersuchungen über die alte Geographie Persiens knüpfte. Ein Werk emsigen Bienenfleißes ist die Abhandlung "Zur Geschichte der griechischen und indoskythischen Könige in Baktrien, Kabul und Indien" (Bonn 1838). Sein Hauptwerk aber, worin er auf dem Gebiet der indischen Forschungen bahnbrechend wurde und unerreicht blieb, ist die "Indische Altertumskunde" (Bonn 1844-61, 4 Bde.; Bd. 1 u. 2 in vermehrter Auflage, 1867 u. 1874), die sich als den Inbegriff alles bis dahin erreichten antiquarischen Wissens über Indien darstellt. Seine frühern Einzeluntersuchungen: "De Pentapotamia indica" (Bonn 1827) u. a., sind als Vorarbeiten zu seiner Altertumskunde zu betrachten. Außerdem hat L. zu der "Indischen Bibliothek" A. W. v. Schlegels, dem "Rheinischen Museum" und der "Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes" viele Beiträge geliefert.

2) Eduard, Komponist, geb. 13. April 1830 zu Kopenhagen, erhielt seine musikalische Ausbildung auf dem Konservatorium zu Brüssel, wohin seine Familie zuvor übergesiedelt war, und gewann 1851 den ersten Kompositionspreis (prix de Rome). Von seiner Studienreise zurückgekehrt, versuchte er vergebens, seine inzwischen entstandene Oper "König Edgard" in Brüssel zur Aufführung zu bringen; dagegen ging dieselbe 1857 in Weimar, auf Liszts Antrieb, in Szene und fand solchen Beifall, daß L. ein Jahr später als Hofkapellmeister daselbst angestellt wurde, welches Amt er noch gegenwärtig innehat. Von seinen Kompositionen, die von bedeutendem Talent und hohem künstlerischen Ernst zeugen, sind noch hervorzuheben: die Opern "Frauenlob" (1860) und "Le captif" (1868), zwei Symphonien, Charakterbilder für Orchester zu Hebbels "Nibelungen", Chöre mit Orchester zu Sophokles' "König Ödipus", die zuerst 1876 in Weimar zur Aufführung gekommene Musik