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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lebensdauer

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Lebensdauer.

L. Alexanders d. Gr., an Plutarch erinnert. Im Mittelalter waren fast ausschließlich Heilige Gegenstand biographischer Darstellung, bis dann im 16. Jahrh. die biographische Litteratur (in Deutschland mit den dürftigen, aber interessanten Autobiographien eines Götz v. Berlichingen, Thomas Platter, Hans v. Schweinichen etc.) zu neuem Leben erwachte und sich in der Folge bei allen Kulturvölkern zu einem kaum zu übersehenden Reichtum entfaltete, wenn auch nur der kleinere Teil der betreffenden Schriften, die teils in Biographien Einzelner, teils in Sammlungen von Lebensbeschreibungen bestehen, nach Inhalt oder Form Anspruch an litterarhistorische Bedeutung erheben kann. - Die biographischen Sammelwerke (meist alphabetisch angelegt) sind in Hinsicht auf Ausführlichkeit und Stoffbegrenzung sehr verschieden und zwar teils allgemeiner Natur (ausgezeichnete Persönlichkeiten aller Zeiten und Völker umfassend), teils auf gewisse Zeiträume, einzelne Länder oder bestimmte Berufsarten (Künstler-, Gelehrten-, Schriftstellerlexika etc.) beschränkt. Zu den namhaftesten größern Sammlungen der allgemeinen Art gehören, von einigen ältern Werken abgesehen: Bayles "Dictionnaire historique" (1697 ff.; zuletzt Par. 1820, 16 Bde.), Michauds "Biographie universelle" (das. 1811-52, 52 Bde.; 3. Aufl. 1870 ff.), Höfers "Nouvelle biographie générale" (das. 1851-66, 46 Bde.) und "Der neue Plutarch" (hrsg. von Gottschall, Leipz. 1874-1885, Bd. 1-11), welcher die Zeit von der Reformation bis zur Gegenwart umfaßt; sodann von Spezialwerken für einzelne Länder: für England Stephens' auf 50 Bände berechnetes "Dictionary of national biography" (Lond. 1884 ff.); für Belgien die "Biographie nationale" (Brüss. 1866 ff.); für Italien Tipaldos "Biografia degli Italiani illustri" (Venedig 1834-35, 10 Bde.), Sargatos "Memorie funebri antiche e recenti" (Padua 1856-62, 6 Bde.), Cantus "Italiani illustri" (3. Aufl., Mail. 1876, 3 Bde.); für Spanien Quintanas "Vidas de Españoles celebres" (1827 u. öfter, 2 Bde.); für Holland van der Aas "Biographisch Woordenboek der Nederlanden"; für Schweden Palmblads "Biographiskt lexikon ofver ^[richtig: öfver] svenska män" (Upsala 1835-57, 23 Bde.; neue Folge 1857-68), Hofbergs "Svenskt biographiskt lexikon" (Stockh. 1876, 2 Bde.); für Amerika Sparks' "Library of American biography" (Bost. 1834-48, 25 Bde.), Pereira da Silvas "Plutarco brasileiro" (1847, 2 Bde.); für Deutschland die "Zeitgenossen" (Leipz. 1816-41, 18 Bde.), der "Nekrolog" und "Neue Nekrolog der Deutschen" (Weim. 1803-54, 30 Bde.), Wurzbachs "Biographisches Lexikon des österreichischen Kaisertums" (Wien 1857 ff., bis jetzt 55 Bde.) und besonders die von der Historischen Kommission in München durch v. Liliencron und Wegele herausgegebene "Allgemeine deutsche Biographie" (Leipz. 1875 ff., bis jetzt 25 Bde.). Brauchbare kleinere Handbücher dieser Art sind: Cates' "Dictionary of general biography" (4. Aufl., Lond. 1885), Godwins "Cyclopedia of biography" (neue Ausg., New York 1878), Vapereaus "Dictionnaire universel des contemporains" (5. Aufl., Par. 1880, 2 Bde.), "The men of the time" (12. Aufl., Lond. 1887) u. a. Vgl. Öttinger, Bibliographie biographique (2. Aufl., Brüss. 1854, 2 Bde.).

Lebensdauer, die bei den verschiedenen Pflanzen- und Tierarten eine sehr große Ungleichheit darbietende, aber für dieselbe Art im Mittel gleichbleibende zeitliche Ausdehnung des Lebens, die bereits sehr früh die Aufmerksamkeit des Volkes erregt und sich in alter Spruchweisheit ausgeprägt hat. Nach der letztern soll z. B. ein Zaunkönig drei Jahre, ein Hund drei Zaunkönigsalter, ein Roß drei Hundsalter, ein Mensch drei Roßalter erleben u. s. f. bis zum Eichbaum, der nach dieser Rechnung 20,000 Jahre erleben sollte. Auch die Forscher haben sich mit der Frage nach den Ursachen, durch welche den verschiedenen Lebewesen eine so ungleiche L. zugemessen werde, seit langem beschäftigt. Baco von Verulam meinte, die L. richte sich nach der Dauer des Wachstums, je langsamer ein Wesen die Reifezeit erreiche, desto länger lebe es, und da sich die Tiere um so langsamer entwickelten, je größer sie seien, so lebten die größern Tiere, wie z. B. die Elefanten, auch am längsten, viele kleinere Tiere, wie die Insekten, dagegen nur kurze Zeit, Monate, Wochen, Tage und Stunden. Einzelne Insekten, wie z. B. die Eintagsfliegen, leben bekanntlich im ausgebildeten Zustand nur wenige Stunden und sterben, ohne Nahrung zu sich genommen zu haben, bald nach ihrer Begattung. Flourens glaubte aus seinen Beobachtungen am Menschen und wenigen andern Wesen die L. der fünffachen Wachstumsdauer gleichsetzen zu dürfen, und noch andre Forscher schrieben der Energie des Lebens einen bestimmenden Einfluß auf die Abnutzung der Organe zu, was aber schon dadurch widerlegt wird, daß sich unter den Vögeln, die sich bekanntlich des lebhaftesten Naturells und Stoffwechsels erfreuen, gerade die langlebigsten Tiere befinden. So hat man Raubvögel selbst in Menagerien über 100 Jahre ausdauern sehen. Die letzterwähnte Ansicht fußt auf der andern, daß Unbrauchbarwerden der Gewebsteile des Körpers durch sogen. Involution die eigentliche Ursache des Alterns und Sterbens darstelle. Aber schon der Umstand, daß Tiere sehr verschiedener Klassen und Lebensweisen ein gleiches Lebensalter erreichen (z. B. Pferde, Katzen und Kröten 40 Jahre), spricht dagegen. Von einem mehr wissenschaftlichen Standpunkt ist die Frage erst in neuerer Zeit behandelt worden. Zunächst zeigte Dönhoff, daß man hierbei die mittlere L., welche eine bestimmte Art im natürlichen Verlauf der Dinge zu erleben pflegt, streng von der höchsten L. trennen muß, die sie unter besonders günstigen Verhältnissen erleben kann. So hat man beispielsweise in einem Edinburger Aquarium eine Seeanemone mehr als 60 Jahre am Leben erhalten, ein Alter, das sie vermutlich in der Freiheit nicht erlebt. Da man nun bei solchen Tieren, die keine (größere Schwankungen erzeugende) enorme Vermehrungsfähigkeit besitzen, und deren natürliche Lebensverhältnisse nicht sehr stark vom Menschen beeinflußt werden, wie z. B. bei gewissen Standvögeln, Wildarten etc., bemerken kann, daß ihre Zahl, von geringern Schwankungen abgesehen, im wesentlichen von Jahr zu Jahr dieselbe bleibt, so müssen ebenso viele Tiere sterben, als durchschnittlich Junge aufkommen. Wir sehen somit die mittlere L. in ein bestimmtes Verhältnis zur Vermehrungsfähigkeit treten. Die hierin obwaltende Beziehung ist aber nicht so einfach, wie A. Götte vermutete, der im Fortpflanzungsakt selbst die Ursache des schnellern oder langsamern Hinsterbens sehen wollte, weil einige Insektenmännchen gleich nach der Begattung und die Weibchen bald nach der Brutablage sterben, sondern es handelt sich, wie Weismann gezeigt hat, bei der mittlern L. um ein Zusammenwirken von Vermehrungsfähigkeit, Entwickelungsdauer, Ernährungsverhältnissen, Zahl der Vertilger etc. Im allgemeinen werden demnach Tiere, die im Jahr wenig Junge aufbringen, länger leben müssen als solche mit reicher Nachkommenschaft. Man muß also annehmen, daß diese äußern, den Kampf ums Da-^[folgende Seite]