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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Leo

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Leo (Päpste: L. XI.-XIII.).

Besitzer alter Handschriften in allen Ländern ein, sie ihm zur Bekanntmachung mitzuteilen. Für alle Zeiten berühmt machte er sich durch Beförderung der Künste und durch Schöpfung der glänzendsten Bauwerke. Sein Zeitalter, das Leoninische, ist die Blütezeit der italienischen Künste und Wissenschaften. In der auswärtigen Politik strebte er danach, den Kirchenstaat zu vergrößern und seine Familie, die Mediceer, zur herrschenden Fürstenmacht in Mittel- und Oberitalien zu erheben. Die auswärtigen Mächte, welche auf Herrschaft in Italien Anspruch machten, suchte er gegeneinander im Gleichgewicht zu erhalten. 1515 beredete er bei einer Zusammenkunft in Bologna Franz I. von Frankreich zur Aufhebung der Pragmatischen Sanktion sowie zur Schließung eines Konkordats, durch welches die freie Wahl der Bischöfe und Äbte in Frankreich zu gunsten des Papstes und des Königs beseitigt wurde. Den Herzog von Urbino entsetzte er 1516 und belehnte seinen Neffen Lorenzo mit diesem Herzogtum, das er nach dessen Tod mit dem Kirchenstaat vereinigte. Eine Verschwörung gegen sein Leben dämpfte er 1517 durch Hinrichtung des Kardinals Petrucci. Um sich Geld zu verschaffen, besonders auch zur Vollendung der Peterskirche, ließ er für die Christenheit Ablaßbriefe verkaufen und gab dadurch bekanntlich den ersten äußern Anlaß zur Reformation. Anfangs schien er auf den Widerspruch Luthers wenig zu achten, später suchte er vergeblich dessen Vorgehen durch die Bannbulle vom 15. Juni 1520 zu hemmen. Ebenso erfolglos war sein Bemühen, gegen den türkischen Sultan Selim, der sich Ägyptens bemächtigt hatte, alle christlichen Monarchen zu einem Kreuzzug zu vereinigen. Um die Macht Frankreichs in Italien zu brechen, schloß er 8. Mai 1521 einen Bund mit dem Kaiser zur Wiedereinsetzung der Familie Sforza in Mailand und nahm ein Schweizerheer in Sold. Parma und Piacenza wurden eingenommen und von dem Papste dem Kirchenstaat einverleibt; die Verbündeten zogen ohne Widerstand in Mailand ein und besetzten das Gebiet des Herzogs von Ferrara, gegen den, als einen Bundesgenossen Frankreichs, L. den Bannstrahl geschleudert hatte. L. starb 1. Dez. 1521. Er war ein ausgezeichneter Staatsmann, fein gebildet, wenn auch üppig und prachtliebend; für wahre Religion ging ihm freilich jedes Verständnis ab. Vgl. Roscoe, Life and pontificate of L. X. (Lond. 1806, 6 Bde.; neue Ausg. 1875; deutsch von Glaser, Leipz. 1806-1808, 3 Bde.); Audin, Histoire de Léon X (6. Aufl., Par. 1886; deutsch, Augsb. 1845-46, 2 Bde.); Hergenröther, Leonis X. papae Regesta (Freib. i. Br. 1884 ff., 12 Hefte).

11) L. XI., zuvor Alexander Oktavian von Medici, geb. 1535 zu Florenz, ward als Erzbischof und Kardinal von Florenz Nachfolger Clemens' VIII., regierte aber nur 26 Tage, vom 1.-27. April 1605.

12) L. XII., vorher Annibale della Genga, geb. 22. Aug. 1760 auf dem Schloß Genga bei Spoleto aus einer adligen Familie, ward 1782 Diakon, dann Geheimer Kämmerer des Papstes Pius VI., 1793 Erzbischof von Tyros, 1794 päpstlicher Nunzius in Augsburg, 1805 außerordentlicher Nunzius beim deutschen Reichstag zu Regensburg, 1816 Kardinal und nach Pius' VII. Tod 28. Sept. 1823 zum Papst gewählt. Anfangs in Rom mit Jubel begrüßt, ward er, der bisher, namentlich im Ausland, durch seine Unsittlichkeit Anstoß erregt hatte, durch seine Unduldsamkeit und Strenge bald dem Volk wie den Kardinälen verhaßt. Sogleich in seiner Antrittsbulle verdammte er die Freimaurerei und die Bibelgesellschaften, gab den Jesuiten ihr früheres Kollegium mit der Kirche des heil. Ignatius, das Oratorium und Museum zurück und stellte die Gefängnisse der Inquisition wieder her. 1825 schrieb er ein Jubeljahr aus, bei welchem auch das übliche Gebet um Ausrottung der Ketzer angeordnet ward. Die Verhältnisse der Kirche zum Staat in der oberrheinischen Kirchenprovinz ordnete er 1827 durch die Bulle: "Ad dominici gregis custodiam"; die Emanzipation der katholischen Kirche Englands bahnte er wenigstens an. Im Kirchenstaat führte er mehrere zweckmäßige Reformen in der Staatsverwaltung, im Zivilrechtsgang und in den Gerichtstaxen ein, reformierte das Erziehungswesen und errichtete viele Hospitäler. Er starb 10. Febr. 1829. In der Peterskirche ward ihm ein marmornes Denkmal (von Thorwaldsen) errichtet. Vgl. Artaud de Montor, Histoire du pape Léon XII (Par. 1843; deutsch bearbeitet von Scherer, Schaffh. 1844); Köberle, L. XII. und der Geist der römischen Hierarchie (Leipz. 1846).

13) L. XIII. (eigentlich Joachim Pecci), geb. 2. März 1810 aus einer wohlhabenden bäuerlichen Familie zu Carpineto bei Anagni, ward im Collegio romano erzogen, trat nach dreijährigem Besuch der Accademia ecclesiastica als Protonotar in die Prälatur ein und ward 1837 von Gregor XVI. zum Hausprälaten, dann zum Delegaten in Benevent ernannt. Hier machte er sich durch Unterdrückung des Räuberunwesens verdient und erhielt darauf die Legation von Spoleto, dann die von Perugia. Zum Erzbischof von Damiette in partibus infidelium präkonisiert, ging er 1843 als Nunzius nach Brüssel, wo er der katholischen Kirche Belgiens ihre unabhängige Stellung erwerben half, zugleich aber durch sein gewandtes Benehmen die Gunst des Königs Leopold I. erlangte. Am 19. Jan. 1846 ward er zum Erzbischof von Perugia erhoben und zum Kardinal ernannt, aber in petto reserviert. Gregors Nachfolger Pius IX. ließ Pecci auf den Rat des eifersüchtigen Antonelli in seinem abgelegenen Bistum Perugia und bestätigte erst 19. Dez. 1853 dessen Ernennung zum Kardinal. Sein Bistum verwaltete Pecci vortrefflich und wußte auch nach der Annexion Perugias mit der italienischen Regierung ein gutes Einvernehmen herzustellen. Von stattlichem, ernstem Äußern, fein gebildet, taktvoll und liebenswürdig, aufrichtig fromm und von tadellosem Lebenswandel, erlangte er bei allen, mit denen er verkehrte, große Beliebtheit. Erst nach Antonellis Tod (November 1876) ward er nach Rom berufen und erhielt im November 1877 das Amt eines päpstlichen Kämmerers. Als solcher leitete er nach Pius' IX. Tod (7. Febr. 1878) die Geschäfte der Kurie, ward nach nur 1½tägigem Konklave 20. Febr. 1878 als Führer der Mittelpartei des Kardinalkollegiums zum Papst erwählt und 3. März gekrönt. Ohne den prinzipiellen Proteststandpunkt seines Vorgängers Italien und überhaupt den staatlichen Mächten gegenüber zu verleugnen, trat er doch in mildern Formen für die Sache des Papsttums auf. Er ernannte gemäßigte Kardinäle, wie Franchi, Jacobini u. a., zu Staatssekretären, knüpfte mit den weltlichen Machthabern wieder persönliche Beziehungen an und suchte über die streitigen Fragen eine die Prinzipien unberührt lassende Verständigung herbeizuführen. Dies gelang ihm namentlich mit Preußen, wo unter seiner wesentlichen Mitwirkung der Kulturkampf beendigt wurde; mit dem deutschen Reichskanzler Fürsten Bismarck knüpfte er fast ein Freundschaftsverhältnis an und zeigte sich sehr erfreut, als ihm dieser das Schiedsgericht in dem Streit mit Spanien über die Karolinen (1885) übertrug. Auch die wissenschaftlichen