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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lessines; Lessing

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Lessines - Lessing.

windung mannigfacher Hindernisse, nachdem eine fernere Summe von 100 Mill. Fr. beschafft worden, 15. Aug. 1869 mit der glücklichen Durchführung des Riesenwerks endeten (vgl. Suezkanal). Er veröffentlichte darüber: "Lettres, journal et documents à l'histoire du canal de Suez" (1875-79, 4 Bde.). 1879 nahm er die Anlage des Panamakanals (s. d.) in die Hand; 1885 ward er Mitglied der französischen Akademie. Neuerdings gab er seine Memoiren heraus: "Souvenirs de quarante ans, dédiés à mes enfants" (1887; deutsch, Berl. 1887). Vgl. Bertrand und Ferrier, F. de L., sa vie, son œuvre (Par. 1887).

Lessines (spr. -ssīn), Stadt in der belg. Provinz Hennegau, Arrondissement Soignies, am Dender, Knotenpunkt an der Eisenbahn Denderleeuw-Ath, mit bedeutenden Steinbrüchen (ca. 600,000 Ton. jährl. Produktion) und (1885) 7834 Einw.

Lessing, 1) Gotthold Ephraim, einer der ersten deutschen Dichter und der erste Kritiker der deutschen Litteratur, geb. 22. Jan. 1729 zu Kamenz in der sächsischen Oberlausitz, wo sein Vater Prediger und später Hauptpastor war, bezog 21. Juni 1741 die Fürstenschule St. Afra zu Meißen, auf der er eine gründliche Ausbildung in den alten Sprachen erwarb und bei dem Selbststudium, welches nach dem gesunden Prinzip der Fürstenschulen verstattet war, sich mit Vorliebe zu den Charakterdarstellern und Dramatikern Theophrast, Plautus und Terenz wandte. Von poetischen Plänen und Entwürfen (auch von einem beabsichtigten Lehrgedicht: "Über die Vielheit der Welten", haben sich einige Verse erhalten) gehörte der Meißener Schülerzeit bereits eine erste Bearbeitung des später in Leipzig abgeschlossenen Lustspiels "Der junge Gelehrte" an. Die frühe Rastlosigkeit und eigentümliche, schon im Jünglingsalter fast männliche Reife seines Geistes ward, als er im Herbst 1746 die Universität Leipzig bezog, für ihn insofern verhängnisvoll, als er sich von der Mittelmäßigkeit, die namentlich in den theologischen Vorlesungen herrschte, in keiner Weise angezogen und gefesselt fühlen konnte, wodurch der Lebensplan, Theologie zu studieren, von vornherein in bedenkliches Schwanken geriet. Da sich L. von philologischen, naturwissenschaftlichen und mathematischen Studien weit mehr angezogen fühlte, setzte er es in der That bei seinen Eltern durch, Medizin zu studieren und sich "nebenbei auf Schulsachen zu legen". Indes gestalteten sich die Dinge so, daß L. zu einem regelmäßigen Verlauf seiner Universitätsstudien überhaupt nicht gelangte. Vom Beginn seines Leipziger Aufenthalts an hatte L. in jugendlichem, wenn noch so bescheidenem Lebensgenuß und im Verlangen nach einer allseitigen Durchbildung nicht nur des Geistes, sondern auch der Persönlichkeit eine Richtung bethätigt, welche für den auf geringe Mittel und namentlich auf Stipendien Angewiesenen nicht ohne Gefahr war. "Ich lernte einsehen", heißt es in einem spätern Brief an seine Mutter, "die Bücher würden mich wohl gelehrt, aber nimmermehr zu einem Menschen machen. Eine bäuerische Schüchternheit, ein verwilderter und ungebauter Körper, eine gänzliche Unwissenheit in Sitten und Umgang, verhaßte Mienen, aus welchen jedermann seine Verachtung zu lesen glaubte, das waren die guten Eigenschaften, die mir bei meiner eignen Beurteilung übrigblieben. Ich empfand eine Scham, die ich niemals empfunden hatte. Und die Wirkung derselben war der feste Entschluß, mich hierinne zu bessern, es koste, was es wolle. Ich lernte tanzen, fechten, voltigieren. Mein Körper war ein wenig geschickter geworden, und ich suchte Gesellschaft, um nun auch leben zu lernen." Es unterliegt keinem Zweifel, daß bei diesem letztern Studium der unerfahrene Jüngling in mancherlei Fährlichkeiten und in Schulden geriet. Die Neigung, welche er für das Drama schon aus Meißen mitgebracht hatte, ward in Leipzig, wo Friederike Neuber und ihre Gesellschaft noch spielten, durch die Anschauung einer lebendigen Bühne derart gesteigert, daß die erste litterarische Thätigkeit des jungen L., neben anakreontischen Versuchen und kleinen Sinngedichten, sich durchaus auf dramatische Arbeiten und Entwürfe richtete. Dem neubearbeiteten Lustspiel "Der junge Gelehrte" erwies die Neuber "die Ehre, die sie sonst selten einem angehenden Komödienschreiber zu erweisen pflegte: sie ließ es aufführen". Selbst in seinen dramatischen Jugendversuchen (zu denen noch die Lustspiele: "Der Freigeist", "Der Misogyn", "Die Juden", "Die alte Jungfer", "Der Schatz" zu rechnen sind) bewies L. insofern eine gewisse Selbständigkeit, als er zwar noch nach französischen Vorbildern schuf, aber diese Vorbilder hauptsächlich bei Marivaux und Destouches fand und sich damit der Forderung der Naturwahrheit und dem direkten Anschluß an die Natur schon um einen Schritt näherte. Ehe er geistig über diese Entwickelungsperiode hinauskam, hatte L. äußerlich viel zu durchleben. Nachdem im Frühjahr 1748 die Katastrophe der Neuberschen Schauspielergesellschaft eingetreten war, wurde dem jungen Autor und Studenten, der sich für einzelne Mitglieder der Truppe verbürgt hatte, der Boden in Leipzig zu heiß unter den Füßen. Er entwich vor seinen Gläubigern nach Wittenberg, wo er krank ankam. Kaum daß er die Erlaubnis seiner Eltern erhalten, auf dieser zweiten sächsischen Universität seine Studien fortzusetzen, so bedrängten ihn auch hier seine Gläubiger derart, daß er den gewagten, aber männlichen Entschluß faßte, vorderhand seine Universitätsstudien abzubrechen, vom Ertrag seiner Stipendien seinen Gläubigern gerecht zu werden, für sich selbst aber in Berlin eine litterarische Existenz zu suchen. Eine solche hatte sein Landsmann und Freund, der "Freigeist" Christlob Mylius, in dessen Zeitschriften: "Ermunterungen zum Vergnügen des Gemüts" und "Der Naturforscher" L. seine frühsten Gedichte veröffentlichte, bei der Redaktion der Rüdigerschen (später Vossischen) Zeitung gefunden.

Im Dezember 1748 kam L. in dürftigem Aufzug und völlig mittellos in Berlin an; das Nötigste erwarb er zunächst durch litterarische Besprechungen für die eben gedachte Zeitung, für die er vom April 1751 an ein Beiblatt: "Das Neueste aus dem Reiche des Witzes", redigierte, und durch Übersetzungen. Von größerer Bedeutung waren die "Beiträge zur Historie und Aufnahme des Theaters" (Stuttg. 1750), die er mit Mylius gemeinsam begann; seine lyrischen Versuche sammelte er als "Kleinigkeiten" (das. 1751). Im Dezember 1751 entschloß L. sich, Berlin zu verlassen, die Universität Wittenberg abermals zu beziehen, um den Magistergrad zu erwerben. "In Leipzig hatte er einen Dichterkreis und ein Theater gefunden, und hier war er einer der besten Lyriker und der erste Dramatiker des Jahrzehnts geworden, in Berlin hatte er in prosaischer Schriftstellerei seinen Freund Mylius und die übrigen deutschen und französischen Litteraten überflügelt; nun kam er an einen Hauptsitz gründlicher und gottseliger Gelehrsamkeit, und hier besiegte er in einem Fach, das recht eigentlich das innerste Heiligtum bücherwürmerischer Gelehrsamkeit ist, einen Mann, welcher sich in demselben den größten Namen gemacht hatte" (Danzel). Er begann einen Nachtrag zu Jöchers vielberufenem