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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lethargie; Lethe; Lethraborg; Letitia; Letitschew; Letmathe; Leto; Letronne; Letschin; Lette

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Lethargie - Lette.

keit sich das unbedingte Vertrauen des Kardinals erwarb. In den Unruhen der Fronde erwarb er sich durch Treue und Entschlossenheit besondere Verdienste; er begleitete 1651 Mazarin ins Exil. Noch größer wurde sein Einfluß nach dem Tod Mazarins (1661); er verbündete sich mit Colbert zum Sturz Fouquets und ermöglichte durch seine bescheidene, aber sachkundige Thätigkeit Ludwig XIV. die persönliche Führung der Regierung. Die Gunst des dankbaren Königs benutzte er zur Beförderung seiner Söhne, von denen der ältere, François Michel, dem er das Marquisat Louvois kaufte, 1662 sein Gehilfe, der zweite, Charles Maurice, 1668 Koadjutor und 1671 Erzbischof von Reims wurde. 1666 legte er die Verwaltung der Kriegsangelegenheiten zu gunsten seines Sohns nieder, 1677 erhielt er das Staatssiegel. Den Widerruf des Edikts von Nantes riet er aus religiösem Fanatismus an (die Familie L. war in dem Hugenottenkrieg eifrig ligistisch gewesen) und untersiegelte das betreffende Dekret noch kurz vor seinem Tod. Er starb im Oktober 1685. Vgl. Caron, Michel L., son administration comme intendant d'armée en Piemont 1640-43 (Par. 1881).

Lethargie (griech., lat. lethargus), eine Art der Schlafsucht (s. d.), die in einem anhaltenden tiefen Schlaf besteht, aus welchem der Kranke nur schwer erweckt werden kann, und in welchen er sofort wieder versinkt, sobald er sich selbst überlassen bleibt. Die L. ist ein Symptom bei Typhuskranken, bei bösartigen Wechselfiebern, Gehirnkrankheiten und andern Nervenkrankheiten, bei narkotischen Vergiftungen, namentlich nach übermäßigem Genuß geistiger Getränke, bei alten Leuten, bei Erfrierenden etc. Die Behandlung richtet sich nach der Grundkrankheit. Figürlich nennt man L. den Zustand geistiger Unthätigkeit und Unempfindlichkeit.

Lethe, in der griech. Mythologie der Strom der Vergessenheit in der Unterwelt, aus dem die Seelen der Verstorbenen tranken, um jede Erinnerung an die Mühsale des Erdenlebens aus ihrem Herzen zu tilgen. Bei Hesiod ist L. eine der Töchter der Eris.

Lethraborg (Ledreborg), Schloß auf der dän. Insel Seeland, südwestlich von Roeskilde. In der Nähe stand die alte Stadt Ledre oder Leire, der Wohnsitz der ältesten dänischen Könige und berühmte Opferstätte.

Letitia (früher San Antonio de la Frontera), Flußhafen im Departement Loreto (Peru), am Amazonenstrom, mit Zollhaus, 1 km von dem brasilischen Orte Tabatinga (s. d.).

Letitschew (Leticzew), Kreisstadt im russ. Gouvernement Podolien, am Bug, mit 2 griechisch-katholischen, einer römisch-kath. Kirche und (1884) 5649 Einw. (zur Hälfte Juden).

Letmathe, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Iserlohn, Knotenpunkt der Linien Hagen-Betzdorf und L.-Fröndenberg der Preußischen Staatsbahn, hat Kalkbrüche und -Brennerei, eine Zinkhütte, eine chemische, Messing- und Papierfabrik und (1885) 4355 meist kath. Einwohner.

Leto (bei den Römern Latona), im griech. Mythus Tochter des Titanen Köos und der Phöbe, nach Hesiod die dunkelgewandige, immer milde und freundliche Gemahlin des Zeus vor Hera und von ihm Mutter des Apollon und der Artemis. Nach andrer Sage war sie die Geliebte des schon mit Hera vermählten Zeus und wurde, als sie ihre Kinder gebären wollte, von jener ruhelos von Land zu Land verfolgt, bis sie endlich eine Zufluchtsstätte auf der öden, schwimmenden Insel Delos fand, die, seit L. sie betreten, auf vier Säulen fest ruhte. Da sich Niobe (s. d.) als kinderreiche Mutter gegen sie überhob, ließ sie deren Kinder durch Apollon und Artemis töten. Wie L. im Mythus mit ihren Kindern in engster Verbindung steht, so auch im Kultus, den sie vielfach mit ihnen teilte; besonders verehrt wurde sie in Lykien, auf Delos, Kreta und in Athen. In Gemeinschaft mit ihren Kindern ist L. auch oft von der Kunst dargestellt worden, meist in Kultusgruppen, doch auch in mythischen Szenen, besonders in dem Moment der Verfolgung durch den von der eifersüchtigen Hera entsendeten Drachen. Sie flieht mit ihren Kindern im Arm, und Apollon, obgleich unmündig, erlegt mit seinen Pfeilen das Untier: dies der Gegenstand einer berühmten Gruppe des Euphranor, die uns in statuarischen und andern Nachbildungen erhalten ist. Vgl. Schreiber, Apollon Pythoktonos (Leipz. 1879).

Letronne (spr. lötrónn), Jean Antoine, franz. Gelehrter, geb. 2. Jan. 1787 zu Paris, bereiste 1810-1812 Italien, die Schweiz und Holland, ward 1816 Mitglied der Akademie der Inschriften, 1831 Professor der Geschichte und Archäologie am Collège de France und Direktor der königlichen Bibliothek, 1840 Generalaufseher der Archive Frankreichs; starb 14. Dez. 1848 in Paris. L. hat sich besonders auf dem Gebiet der Inschriftenkunde und Numismatik namhafte Verdienste erworben. Als seine Hauptarbeiten sind hervorzuheben: "Essai sur la topographie de Syracuse" (Par. 1813); "Recherches géographiques sur le livre 'De mensura orbis terrae' par Dicuil" (das. 1814); "Recherches sur les fragments d'Héron d'Alexandrie" (Preisschrift, 1816, gedruckt 1851); "Considérations sur l'évaluation des monnaies grecques et romaines" (das. 1817); "Recherches pour servir à l'histoire de l'Égypte, pendant la domination des Grecs et des Romains" (das. 1823); "Observations sur l'objet des représentations zodiacales qui nous restent de l'antiquité" (das. 1824); "Matériaux pour servir à l'histoire du christianisme" (das. 1833); "La statue vocale de Memnon" (das. 1833); "Lettres sur l'emploi de la peinture historique murale chez les Grecs et les Romains" (1835-37, 2 Bde.); "Sur l'origine grecque des zodiaques" (1837); ferner die aus einer Handschrift der königlichen Bibliothek wiederhergestellten "Fragments des poëmes géographiques de Scymnus de Chio et du faux Dicéarque" (1840) sowie "Recueil des inscriptions grecques et latines de l'Égypte" (das. 1842-48, 2 Bde. mit Atlas; fortgesetzt von Brunet de Presle) u. a. sowie zahlreiche Memoiren und Abhandlungen in gelehrten Zeitschriften. Eine Sammlung seiner Werke veranstaltete Fagnan in 6 Bänden (Par. 1881-85). Vgl. Egger, Sur la vie et les travaux de Mr. L. (im "Journal d'instruction publique" 1848); Walckenaer, Éloge de L. (in "Recueil de notices historiques", Par. 1850).

Letschin, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Kreis Lebus, im Oderbruch und an der Linie Eberswalde-Frankfurt a. O. der Preußischen Staatsbahn, hat eine Schlosserei und Maschinenbauanstalt, eine Kupferschmiede, Stärkefabrikation, eine Ölmühle und (1885) 3298 evang. Einwohner.

Lette, Wilhelm Adolf, preuß. Staatsmann, geb. 10. Mai 1799 zu Kienitz in der Neumark, studierte zu Heidelberg, Berlin und Göttingen die Rechte sowie Staatswirtschaft und Philosophie und hatte, in die demagogischen Untersuchungen nach dem Wartburgfest verwickelt, eine mehrmonatliche Gefängnisstrafe zu bestehen. Nachdem er 1821 zu Frankfurt a. O. in den Staatsdienst getreten, ward er 1835 Ober-^[folgende Seite]