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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lissajous' Schwingungsfiguren; Lißberg; Lisse; Lissos; List

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Lissajous' Schwingungsfiguren - List.

São José), in Asylen für Waisenkinder etc.; auch ein Findelhaus besteht in L. An öffentlichen Anstalten für Bildung und Wissenschaft besitzt die Stadt eine polytechnische Schule (nach dem Muster der Pariser Anstalt mit Kursen für den Generalstab, Militär- und Zivilingenieure, Artillerie- und Marineoffiziere, Marinekonstrukteure etc. eingerichtet und von 200 Schülern besucht), einen höhern Kursus für Litteratur, eine medizinisch-chirurgische Schule, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, mehrere Lyceen, ein Industrie- und Handelsinstitut, ein landwirtschaftliches Institut, eine Akademie der schönen Künste, ein Konservatorium für Musik und dramatische Ausbildung, eine Armee- und eine Seeschule, ferner eine öffentliche Bibliothek von 150,000 Bänden mit 10,000 Manuskripten, ein numismatisches Kabinett (mit 25,000 Stück Münzen), ein reiches Archiv, ein königliches Naturalienkabinett, ein astronomisches Observatorium, eine Akademie der Wissenschaften, Akademie der Geographie, eine Gesellschaft zur Beförderung der schönen Künste etc. sowie fünf Haupttheater. L. ist der Sitz der höchsten Staatsbehörden, des Gesetzgebenden Körpers, des obersten Justiztribunals, des königlichen Gerichtshofs, des Patriarchen, zahlreicher Zivil- und Militärbehörden und vieler auswärtiger Gesandtschaften und Konsulate (darunter auch eines deutschen). Die Umgebung von L., an sich schon höchst reizend, ist mit unzähligen Landhäusern besetzt und mit großen Gärten und Pflanzungen von Oliven- und Orangenbäumen sowie mit Weinbergen bedeckt. Am Ufer des Tejo ist eine großartige, aber wenig benutzte Promenade nach Belem geschaffen, wo sich auch eine königliche Menagerie, der Marstall und Gewächshäuser befinden. Zur Verteidigung von L. gegen die Landseite wird gegenwärtig an der Herstellung einer aus mehreren Forts bestehenden Befestigungslinie gearbeitet.

Geschichte. L. hieß in der ältesten Zeit als Hauptstadt der Lusitaner Olisipo. Diesen Namen machten die Erklärer fälschlich zu Ulissippo, als von Ulysses, oder von Elisa, Enkel Japhets, gegründet; andre leiteten den Namen von dem phönikischen Alis ubbo ("lustiger Meerbusen") her. Unter den Römern war es Munizipium und hieß Felicitas Julia; die Goten nannten es nach dem alten Namen Olissipona. In der Folge (716) bemächtigten sich die Mauren der Stadt und nannten sie Al Oschbana (Al Oschbunoch). Im 10. Jahrh. eroberte sie Ordoño III. von Leon und zerstörte sie, doch bauten sie die Mauren wieder auf. Zu Anfang des 12. Jahrh. wurde sie von Dom Henrico eingenommen, wieder verloren, vom König Alfons I. von Portugal 1147 aber mit Hilfe französischer, englischer und deutscher Kreuzfahrer wieder in eine christliche Stadt verwandelt. Seitdem kommt der Name L. vor. Papst Eugen III. machte nun die Stadt zum Sitz eines Bistums. Ihre Größe und Bedeutung wuchs unter den christlichen Königen, bereits im 14. Jahrh. war sie eine bedeutende Handelsstadt. 1344 ward sie von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht, 1348 ein großer Teil der Einwohner von der Pest hingerafft. König Heinrich II. von Kastilien eroberte L. 1373 infolge der Feigheit der Einwohner, dagegen belagerten es 1384 die Kastilier fünf Monate vergebens. Herzog Alba nahm es 1580 für Philipp II. von Spanien in Besitz und ließ viele, die sich für die Unabhängigkeit Portugals aussprachen, hinrichten. Als aber 1640 das Haus Braganza auf den portugiesischen Thron kam, wurden die Spanier verjagt und durch den Frieden von L. (13. Febr. 1668) die Herrschaft der Braganza bestätigt. Am 1. Nov. 1755 wurde die Stadt durch ein schreckliches Erdbeben zu zwei Dritteilen zerstört und verlor dabei über 30,000 ihrer Einwohner. Ende November 1807 wurde sie von den Franzosen besetzt, aber 30. Aug. 1808 durch die Engländer wieder befreit. Seitdem wurde das bis dahin nicht befestigte L. durch eine Linie von Verschanzungen vom Tejo bis ans Meer auch auf der Landseite gedeckt. Seit 1815 war es als die Hauptstadt von Portugal oft der Schauplatz innerer Parteikämpfe. Vgl. Baptista de Castro, Mappa de Portugal, Bd. 2; Macedo, Guide to Lisbon (Lond. 1875); kleinere Lokalschriften von Machado (1872), Ruanod (1881).

Lissajous' Schwingungsfiguren, s. Schall.

Lißberg, Stadt in der hess. Provinz Oberhessen, Kreis Büdingen, an der Nidder, hat eine Burgruine mit einem kürzlich restaurierten Turm, Ziegel- und Kalkbrennerei, 4 Mahlmühlen und (1885) 322 evang. Einwohner.

Lisse (franz.), Kette in der Weberei, s. Weben.

Lissos, im Altertum kleiner Küstenfluß in Thrakien, mündet westlich von Mesambria ins Ägeische Meer, besonders bekannt durch die Sage, daß Xerxes' Armee ihn leer getrunken habe.

List, die Geschicklichkeit, seine Zwecke durch sorgfältig versteckte Mittel zu erreichen, ist dann zu rechtfertigen, wenn sie durch erlaubte Mittel einen erlauben Zweck, keineswegs aber, wenn sie einen erlaubten Zweck durch unerlaubte Mittel (Hinterlist) oder einen unerlaubten Zweck durch unerlaubte Mittel (Arglist) herbeizuführen sucht.

List, Friedrich, deutscher Nationalökonom, geb. 6. Aug. 1789 zu Reutlingen, arbeitete sich vom Schreiber bis zum Oberrevisor am Oberamt in Tübingen empor, hörte seit 1816 noch akademische Vorlesungen und erhielt 1818 die dort neuerrichtete Professur für Staatskunde und Staatspraxis. Wegen seiner politischen Wirksamkeit in der Presse von der Regierung zur Rechenschaft gezogen, legte er 1819 sein Amt nieder und nahm die Stelle eines Konsulenten des Deutschen Handelsvereins an, dessen Mitbegründer er gewesen war. Von seiner Vaterstadt 1820 in die Kammer gewählt, ward L. wegen einer lithographierten Petition an die Stände, welche eine Reihe von Mißständen in Verwaltung und Rechtspflege rügte, Februar 1821 seiner Stellung als Abgeordneter enthoben und 6. April 1822 zu zehnmonatlicher Festungsstrafe verurteilt. Er entfloh nach dem Elsaß, kehrte aber nach dritthalbjährigem Aufenthalt daselbst und in der Schweiz in die Heimat zurück und trat seine Haft auf dem Asperg an. Nach einigen Monaten aber erhielt er (1825) auf sein Nachsuchen die Erlaubnis zur Auswanderung nach Amerika, wo er sich bei Harrisburg ankaufte. Er verfaßte für eine pennsylvanische Gesellschaft die Schrift "Outlines of a new system of political economy" (Philad. 1827), welche bereits die Grundzüge der in seinem spätern Hauptwerk entwickelten Gedanken enthielt. Nachdem er auf einem Ausflug in die Blauen Berge Pennsylvaniens ein Kohlenlager entdeckt hatte, verband er sich 1830 mit andern zur Ausbeutung desselben und behufs dieses Zweckes zur Gründung einer Eisenbahn von Tamaqua bis Port Clinton. Überhaupt entfaltete L. auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens, dessen Bedeutung er schon frühzeitig klar erkannte, eine ausgedehnte, insbesondere die planmäßige Bildung ganzer Schienennetze erstrebende Thätigkeit. 1833 zum amerikanischen Konsul in Leipzig ernannt, rief er hier unter Rottecks und Welckers Redaktion das "Staatslexikon" ins Leben und wirkte durch die