Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lungenbrustfellentzündung; Lungenchirurgie; Lungencirrhose; Lungendampf; Lungenemphysem; Lungenentzündung

1009

Lungenbrustfellentzündung - Lungenentzündung.

angesteckt werden, z. B. bei bestehender fauliger (putrider) Bronchitis, oder 3) faulige Partikeln, welche durch den Blutstrom in die Lunge eingeschleppt werden (s. Embolie). Die Symptome des Lungenbrandes sind im allgemeinen die der Lungenentzündung; charakteristisch ist aber der oft unerträgliche aashafte Geruch der ausgeatmeten Luft und der ausgehusteten Stoffe, welche Fäulnisorganismen, Zellenreste, elastische Gewebsfasern und oft lange Fettsäurenadeln (Margarinkristalle) unter dem Mikroskop erkennen lassen. Daneben bestehen große Hinfälligkeit, verfallenes Aussehen, sehr frequenter, aber schwacher Puls, kalte Gliedmaßen, trockne Zunge, Delirien etc. Der L. verläuft in der Regel als akutes Übel. Der umschriebene L. kann in Besserung übergehen, wenn das Brandige durch einen Bronchus völlig entleert wird, die zurückbleibende Höhle vernarbt und die Gesamternährung sich dauernd verbessert. Doch ist dies ein seltener Fall und erfordert sehr günstige äußere Verhältnisse. In der Regel ist der L. tödlich. Die Behandlung desselben hat für rasch und leicht nährende Kost, reine Luft, gesunde Wohnung und Reinlichkeit zu sorgen.

Lungenbrustfellentzündung der Pferde, s. Brustseuche.

Lungenchirurgie, die direkte chirurg. Behandlung der Lunge, hat bisher keine Erfolge aufzuweisen. Einspritzungen von Arzneimitteln in das Gewebe der erkrankten Lunge, um eine Desinfektion der betreffenden Partien oder eine Narbenbildung zu erzielen, hat ungünstige Resultate ergeben, und die Lungenresektion, die operative Entfernung eines kranken Lungenteils, von Block vorgeschlagen und nach gelungenen Tierversuchen 1882 mit tödlichem Ausgang an einem schwindsüchtigen Mädchen vorgenommen, erscheint bei Tuberkulose völlig ausgeschlossen, seitdem man weiß, daß die Beseitigung eines erkrankten Teils niemals die weitere Wirkung der Bakterien ausschließen kann.

Lungencirrhose, s. v. w. Lungenverhärtung.

Lungendampf, s. v. w. Lungenemphysem; s. auch Dämpfigkeit der Pferde.

Lungenemphysem (griech.), abnorme Anfüllung der Lunge mit Luft, bezieht sich entweder, wie beim Emphysem andrer Organe, auf das Bindegewebe der Lunge oder ihres Brustfellüberzugs (interstitielles L.), oder auf eine krankhafte Erweiterung der Luftbläschen selbst (vesikuläres L.). Die erste Form entsteht stets nach einer Zerreißung im Lungengewebe durch Wunden oder Quetschungen der Brust oder durch heftige Hustenstöße. Die zweite Form ist eine nicht seltene Lungenkrankheit; ihre Ursachen liegen manchmal in fehlerhafter Bildung der Lungen, meist aber in lange dauernden Katarrhen der Bronchien. Ihr Vorkommen beginnt daher im zartesten Kindesalter, entwickelt sich aber ungleich öfter jenseit der 40er Jahre, langsam, unmerklich und fieberlos; erst wenn die Krankheit höhere Grade der Ausbildung erreicht hat, wenn die Lungenbläschen durch Schwund ihrer Wandungen zu größern Blasen zusammengeflossen sind, bietet sie folgendes Bild dar: Der Brustkorb ist erweitert und steht in Exspirationsstellung (selbst die tiefsten Inspirationen bewirken kaum eine Erweiterung); Wirbelsäule und Brustbein sind, falls das L. vor Verknöcherung der knorpeligen Teile des letztern eintrat, bogenförmig nach außen vorgewölbt; der Brustkorb hat die Form eines Fasses angenommen. Bei der Atmung schiebt sich der Brustkorb küraßartig auf und nieder. Die Venen des Halses und des Gesichts sind ausgedehnt und füllen sich stark bei Hustenstößen; die Lippen, Wangen und Fingernägel sind bläulich. Stets ist bei den höhern Graden des Lungenemphysems Atemnot vorhanden, die sich zu Asthmaanfällen steigern kann. Die Inspirationen sind bei Emphysematikern geräuschvoll, ziehend; die Stimme ist häufig etwas belegt. Durch den nie fehlenden Husten wird ein schaumiger, zäher, schleimiger Auswurf herausbefördert. Der Husten ist meist sehr quälend: durch die heftigen Exspirationsstöße wird die blutreiche Leber gedrückt, und es entsteht heftiger Schmerz in der Lebergegend. Im spätern Verlauf des Lungenemphysems tritt gewöhnlich Ödem ein, welches an den Füßen beginnt und von unten nach oben steigt, der Tod erfolgt schließlich durch unzureichende Atmung. Die Behandlung hat hauptsächlich prophylaktisch vorzugehen und gegen die Ursachen, vor allen Dingen gegen Bronchialkatarrh, einzuschreiten. Der Emphysematiker hat sorgfältig Erkältungen zu vermeiden und soll sich niemals Nord- und Nordostwinden aussetzen. Zu empfehlen ist der Aufenthalt in Seeluft und Salinen oder in Kiefernwäldern; zweckmäßig wendet man alkalische Mineralwässer an. Auch kalte Abreibungen der Brust und des Rückens wirken durch Kräftigung der Atemmuskeln nicht selten günstig. Gegen die asthmatischen Anfälle empfiehlt sich das Einatmen komprimierter Luft und das Ausatmen in verdünnte Luft.

Lungenentzündung (Pneumonia), im weitesten anatomischen Sinn 1) eine Entzündung, Eiterbildung oder Verdickung im Bindegewebe der Lungen, oder 2) eine entzündliche Ausschwitzung in die lufthaltigen Lungenbläschen. Die erste Form (interstitielle Pneumonie) kommt als akute Krankheit beim Menschen äußerst selten vor, wenn schwere eiterige Entzündungen von außen oder von der Umgebung der großen Bronchien her auf das Lungengewebe fortgeleitet werden; zuweilen werden durch eiterige Schmelzung ganze Stücke vom Lungenparenchym aus ihrem Zusammenhang gelöst (Pneumonia dissecans). Bei Rindern kommt diese L. öfters epidemisch vor, s. Lungenseuche. Chronische Verdickungen des Lungengewebes sind dagegen beim Menschen häufig, namentlich als Überbleibsel alter Brustfellentzündungen, lange dauernder Bronchialkatarrhe, Staubinhalationen, bei Fällen von Lungenschwindsucht und zuweilen bei Syphilis. Alle diese Prozesse bedingen eine Vermehrung des unter der Pleura gelegenen (subpleuralen) oder die Lungenläppchen trennenden (intertobulären) oder die Bronchien umgebenden (peribronchialen) Bindegewebes und somit eine Verhärtung, welche wegen der fast immer vorhandenen Beimischung von eingeatmetem Kohlenstaub als schieferige Induration bezeichnet wird. Besondere Krankheitserscheinungen bedingt diese Form der L. nicht, sie ist auch keiner Behandlung zugänglich, vielmehr als ein Heilungsvorgang namentlich im Verlauf langdauernder Schwindsucht anzusehen.

Die zweite Form (exsudative Pneumonie) umfaßt eine Anzahl anatomisch wie klinisch unterschiedener Prozesse, bei welchen in die Lungenbläschen nach einem Stadium der Blutstockung in den Gefäßen (Anschoppung, Engouement) ein flüssiges, mehr oder weniger fest werdendes Exsudat ausgeschwitzt wird, welches die Luft verdrängt und den erkrankten Abschnitt so derb macht, daß er sich wie Leber anfühlt (Hepatisation). Lungengewebe, welches hepatisiert ist, gibt beim Klopfen an den Brustkorb einen gedämpften Schall (Schenkelton), welcher sich von dem lauten tympanitischen Schall des lufthaltigen