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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Luxemburg

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Luxemburg (belgische Provinz; Geschichte des Großherzogtums).

richtsanstalten besitzt L. 2 Normalschulen (zur Bildung von Lehrern), 2 Progymnasien (zu Diekirch und Echternach), eine Ackerbauschule (zu Ettelbrück), ein Athenäum und ein Priesterseminar (zu Luxemburg) und 705 Volksschulen. Das Großherzogtum bildet, wie erwähnt, ein selbständiges neutrales Gebiet unter der Oberhoheit des Hauses Oranien-Nassau (jetziger Großherzog ist also der König der Niederlande, Wilhelm III.) und wird durch einen vom Großherzog eingesetzten Statthalter nach eigner Verfassung regiert. Letztere ist monarchisch-konstitutionell und datiert vom 17. Okt. 1848. Die Ständeversammlung besteht nach dem Wahlgesetz vom 28. Mai 1879 aus 42 Abgeordneten, welche von den Kantonen direkt auf sechs Jahre gewählt und zur Hälfte alle drei Jahre erneuert werden. Sie hat vollständige Mitwirkung bei der Gesetzgebung und das Recht der Steuerverweigerung. Der Präsident der Regierung ist der Staatsminister; neben demselben stehen die Generaldirektoren der Finanzen, der Justiz und des Innern. Der Rechnungsabschluß für 1884 ergab 8,433,418 Fr. Einnahme und 6,517,530 Fr. Ausgabe, mithin einen Überschuß von 1,915,888 Fr.; das Budget für 1886: 8,110,964 Fr. Einnahme gegen 6,947,097 Fr. Ausgabe. Die lediglich im Interesse von Eisenbahnbauten kontrahierte Staatsschuld beläuft sich auf 16,2 Mill. Fr. Das Militär besteht aus 2 Kompanien (aus Freiwilligen und Gendarmen gebildet) und zählt 300 Mann mit 7-9 Offizieren. Für die Rechtspflege ist der Code Napoléon maßgebend. Ein oberster Gerichtshof befindet sich in der Hauptstadt, daneben bestehen zwei Arrondissementstribunale; jeder Kanton hat ein Friedensgericht. Seit 1841 besteht der Orden der Eichenkrone in vier Klassen. Eingeteilt ist L. in die Stadt L. und die drei Distrikte: Diekirch, Grevenmacher und L. mit 12 Kantonen und 129 Gemeinden.

2) Belg. Provinz, bis 1839 der westliche Teil des gleichnamigen Großherzogtums, bildet jetzt die südöstlichste Ecke des Königreichs Belgien, im O. vom Großherzogtum L., im S. von Frankreich, im W. von der belgischen Provinz Namur, im N. von Lüttich begrenzt, und hat 4418,36 qkm (80,23 QM.) Flächeninhalt. Die Provinz ist zum größten Teil waldiges und rauhes Plateau, das von den nördlichen Ausläufern der Ardennen durchzogen und von den in tief eingeschnittenen und vielfach gewundenen Thälern strömenden Flüssen Semoy (im S.) und Ourthe (im N.) bewässert wird. Die Bevölkerung betrug Ende 1885: 214,760 Seelen, nur 48 auf 1 qkm. Das Ackerland umfaßte 1880: 2643,6 qkm, die Waldungen 1540,3 qkm; damals zählte man 21,829 Pferde, 141,723 Rinder, 74,730 Schafe und 60,309 Schweine. Am fruchtbarsten ist der nordwestliche Teil; in den übrigen Gegenden sind ergiebige Eisengruben im Betrieb. Außer Eisen und Eisenwaren produziert man Leder, Tuch, Thonpfeifen und bringt Vieh und geräucherte Fleischwaren zur Ausfuhr. Städte und größere Orte besitzt die Provinz, welche in die Arrondissements Arlon, Bastogne, Marche, Neufchâteau und Virton zerfällt und von der Bahnlinie Grand Luxembourg (Brüssel-Arlon-Sterpenich) mit Zweigbahnen nach Longwy, Lüttich u. a. durchzogen wird, sehr wenige. An höhern Unterrichtsanstalten bestehen nur ein Athenäum, 4 Staats- und eine Kommunalschule für Knaben. Hauptstadt ist Arlon. S. Karte "Belgien".

[Geschichte.] Der Name L. stammt von der alten Burg Lucilinburch oder Lützelburg im Methingau, woraus die jetzige Stadt L. entstand. Diese Burg brachte Graf Siegfried, Urenkel des in Lothringen reichbegüterten Markgrafen Eberhard von Friaul, 963 durch Tausch an sich und vereinigte sie mit seiner Grafschaft im Moselgau. Erst sein Ururenkel nannte sich nach dieser Burg "Graf von Lützelburg". Mit Konrad II. starb 1136 das Geschlecht Siegfrieds aus. Doch hatte er seine Muhme Ermesindis, die mit dem Grafen Gottfried von Namur vermählt war, zur Erbin eingesetzt. Von dieser ging die Grafschaft an ihren Sohn Heinrich I., den Blinden, Grafen von Namur, über, von diesem 1190 auf seine Tochter Ermesindis und deren zweiten Gemahl, Waleram IV., Herzog von Limburg und Markgrafen von Arlon. Ihr ältester Sohn, Heinrich II., erbte Lützelburg, die von seiner Mutter erworbene hennegauische Lehnsherrschaft La Roche sowie die Markgrafschaft Arlon und wurde der Stifter der zweiten luxemburgischen Linie (gest. 1272). Sein Sohn Heinrich III. erhob Ansprüche auf Limburg und fiel 5. Juni 1288 bei Woringen (unweit Köln) gegen Johann von Burgund, der nun Limburg in Besitz nahm. Graf Heinrich IV. wurde nach des Königs Albrecht I. Ermordung im November 1308 als Heinrich VII. zum deutschen König gewählt. Er übertrug vor seinem Zug nach Italien 1310 die Grafschaft an seinen Sohn Johann von Böhmen. Dieser vergrößerte dieselbe durch Kauf, kümmerte sich sonst aber wenig um deren Verwaltung. Unter seinem Sohn Wenzel wurde die Grafschaft L. 1354 von Kaiser Karl IV. zu einem Herzogtum erhoben. Durch seine Vermählung mit der Prinzessin Johanna von Brabant wurde Wenzel 1355 auch Herzog von Brabant und Limburg, welche Länder bei seinem Tod jedoch wieder verloren gingen. Wenzel hinterließ sein Herzogtum, da er kinderlos starb, 1383 seinem Neffen, Karls IV. ältestem Sohn, dem König Wenzel von Böhmen, der 1378 zum deutschen König erwählt wurde. Dieser verpfändete es 1388 an seinen Vetter Jobst von Mähren, löste es 1410 aus und schenkte es 1411 seiner Nichte Elisabeth von Görlitz. Ihr Gemahl Anton von Burgund fiel 1415 bei Azincourt. Vergebens bemühte sich König Albrecht II. nach dem Erlöschen des luxemburgischen Herrscherhauses mit Kaiser Siegmund (1437) um die Nachfolge in L. Elisabeth trat 1441 alle ihre Rechte auf das Herzogtum L. an den Herzog Philipp den Guten von Burgund ab. So ward L. 1444 mit Burgund vereinigt. Durch die Vermählung Marias, der Erbin von Burgund, mit dem Erzherzog Maximilian I. (1477) kam L. an das Haus Habsburg-Österreich, 1555 an Spanien, wurde aber als ein Teil des burgundischen Kreises zum Deutschen Reiche gerechnet. In dem Pyrenäischen Frieden von 1659 mußte jedoch Spanien den südlichen Teil von L., nämlich Thionville (Diedenhofen), Montmédy etc., an Frankreich abtreten. Infolge des Utrechter Friedens von 1713 kam das spanische L. wieder an Österreich. 1795 wurde es von den Franzosen erobert und im Frieden zu Campo Formio von 1797 an Frankreich abgetreten und das Departement des Forêts daraus gebildet. Der Wiener Kongreß erhob 24. Aug. 1815 L. als Großherzogtum zu einem besondern deutschen Bundesstaat und teilte es dem König der Niederlande, Wilhelm I., als Entschädigung für den Verlust seiner nassauischen Erblande zu; doch sollte die Stadt L. eine deutsche Bundesfestung sein. Für die Erbfolge blieb der Erbverein des Hauses Oranien-Nassau, der die kognatische Succession ausschloß und dem Haus Nassau die Erbfolge zusicherte, maßgebend. Zugleich wurden nach Abtretung einiger Orte an Preußen als östliche Grenzlinie des Großherzogtums die Flüsse Mosel, Sauer und Oure bestimmt und dasselbe durch Bouillon und einen Teil von Lüttich vergrö-^[folgende Seite]