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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lytton

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Lytton.

dichte Schillers 1869 erscheinen ließ, und das Lustspiel "Walpole" (1869). Anonym veröffentlichte er: "The coming race", eine Utopie, in der er neuere Entdeckungen der Naturwissenschaft mit dem Phantasiegebilde fliegender Menschen verquickte, nach dem Vorbild der Reise des alten Nillas Klimm in das Innere der Erde. L. starb 18. Jan. 1873 auf seiner Villa bei Torquai; eine Woche später wurde seine Leiche in der Westminsterabtei beigesetzt. Während seiner Krankheit hatte er die Korrekturen seines vorletzten Romans: "Kenelm Chillingly", gelesen; aus seinem Nachlaß erschien sein letzter: "The Parisians", sowie der unbeendete Roman "Pausanias the Spartan" (1876). An schöpferischer Kraft und an Bemühung um das Menschenwohl haben L. wenige Zeitgenossen übertrafen, an Fleiß und Mannigfaltigkeit der Bethätigung keiner. Seine Reden mit ausführlicher Denkschrift hat sein Sohn herausgegeben (1874, 2 Bde.), wie auch "Pamphlets and sketches" (1875). In der äußern Politik neigte er sich mehr zu Deutschland als zu Frankreich. Die letzte Gesamtausgabe seiner Werke ist die "Knebworth-Edition" in 38 Bänden (1874 u. öfter). Die Biographie des Dichters nebst dessen nachgelassenen Schriften veröffentlichte sein Sohn unter dem Titel: "Life, letters and literary remains" (1883, 2 Bde.). Die Romane wurden in fast alle europäischen Sprachen, auch wiederholt ins Deutsche übersetzt. Vgl. Planche, Portraits littéraires, Bd. 1 (Par. 1849); Jul. Schmidt, Bilder aus dem geistigen Leben unsrer Zeit (Leipz. 1870).

Seine Gattin Rosina, Lady Bulwer, geb. 1807 zu Limerick, war die Tochter Francis Wheelers und Enkelin Lord Masseys und verheiratete sich mit Bulwer 1827. Nachdem sie zwei Kinder, einen Sohn (Edward Robert) und eine früh gestorbene Tochter, geboren, wurde die Ehe gelöst. Ihre schriftstellerischen Neigungen, welche sie bis dahin nur in Journalartikeln bethätigt hatte, konzentrierten sich jetzt mehr, und sie verfaßte den skandalösen Roman "Cheveley, or the man of honour" (1839; deutsch, Stuttg. 1840), welcher durch bittere Angriffe auf ihren Gemahl eine Zeitlang die Neugierde reizte, aber bald vergessen ward. Ihm folgten: "The budge of the bubble family" (1840) und die "Memoirs of a Muscovite" (1844), angeblich nach einem französischen Original bearbeitet. Gelungene Schilderungen gesellschaftlicher Zustände gibt "Miriam Sedley" (1851; deutsch, Wurzen 1852). Die Hohlheit und Heuchelei der sogen. fashionabeln Welt wird mit Bitterkeit bloßgelegt in "Behind the scenes" (1854), "Very successful" (1857) und "The world and his wife" (1858). Als ihr Gatte nach seiner Ernennung zum Minister im Juni 1858 in Hertfordshire ins Parlament wieder gewählt ward, war sie indiskret genug, auf der Wahlbühne zu erscheinen und vor der Versammlung ihn mit Anklagen und Schmähungen zu überhäufen; indes stand von da ab der einzige Sohn um so mehr zum Vater. Sie veröffentlichte noch: "Shells from the sands of time" (Essays, 1876) und starb 12. März 1882 in Upper-Sydenham. Vgl. "Life of Rosina, Lady L.", nach ihrer Autobiographie (Lond. 1887).

2) Edward Robert Bulwer-L., Earl; engl. Dichter und Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 8. Nov. 1831, erhielt seine Schulbildung in Harrow und setzte dann seine Studien in Bonn fort. Schon vor zurückgelegtem 18. Jahr wurde er in den diplomatischen Dienst eingeführt und seinem Oheim, dem damaligen Sir Henry Bulwer, spätern Lord Dalling, als Attache bei der Gesandtschaft in Washington beigegeben. Von da führte ihn die diplomatische Laufbahn als Attaché, Sekretär, Geschäftsträger nach Florenz (1852), Paris (1854), dem Haag (1856), Petersburg (1858), Konstantinopel (in demselben Jahr), Wien (1859), Belgrad (1860), wieder Konstantinopel (1863), Athen (1864), Lissabon (1865), Madrid (1868), wieder Wien (1869) und Paris (1873). Um ebendiese Zeit starb sein Vater, und Mr. Robert Bulwer wurde der zweite Lord L. Gegen das Ende seiner Sekretärschaft in Paris vertrat er bereits in Abwesenheit des Gesandten dessen Stelle mit förmlicher Akkreditierung. Eine selbständige Gesandtschaft wurde ihm 1874 zu Lissabon; im Januar 1876 berief ihn Graf Beaconsfield auf die hohe Stelle des Vizekönigs von Indien. Als solcher hat er die Verkündigung der Königin Viktoria als Kaiserin von Indien vorgenommen, zweimal mit weithin ausgedehnter Hungersnot gekämpft, die antirussische Politik Beaconsfields unterstützt, die politischen Verhandlungen mit Schir Ali und die beiden afghanischen Kriege geleitet, woraus ihm hohes Lob, aber auch seitens der Freunde Gladstones bitterster Tadel erwuchs. Als der letztere durch die Neuwahlen von 1880 zur Regierung Englands zurückgeführt wurde, kam L. der Absetzung durch Einreichung seiner Entlassung zuvor. Seitdem lebte er, in demselben Jahr zum Earl ernannt, teils auf seinem väterlichen Landsitz zu Knebworth, teils in London. 1888 wurde er zum Botschafter in Paris ernannt. Mit 24 Jahren hatte er unter dem Namen Owen Meredith seinen ersten Band Gedichte: "Clytemnestra, the Earl's return, the Artist, and other poems" (1855), veröffentlicht. Der Erfolg war günstig, und es folgten: "The wanderer, a collection of poems in many lands" (1859) und "Lucile" (1860), eine Erzählung in anmutigen Versen. Sein Aufenthalt in Serbien brachte dann "Serbski pesme" (1861), eine Sammlung von serbischen Volksliedern, bei welcher er sich deutscher Vorarbeiten in beträchtlicher Weise bedient hat. In Verbindung mit seinem später verstorbenen Freund Julian Fane, dessen Leben er 1871 beschrieb, gab er in demselben Jahr heraus: "Tannhäuser, or the battle of the bards"; er selbst nahm dabei den Namen Edward Trevor an, sein Freund nannte sich Neville Temple. Im Roman versuchte er sich in "The ring of Amasis" (1863). Eine Sammlung seiner bisherigen Gedichte erschien unter dem Titel: "The poetical works of Owen Meredith" (1867, 2 Bde.). Weiter folgten: "Chronicles and characters" (Gedichte, 1868); "Orwal, or the fool of time", eine Nachbildung von Krasinskis "Ungöttlicher Komödie" (1869); "Fables in song" (1874); "King Pappy" (neue Gedichte, 1877) und "Glenaveril, metamorphoses" (1885, 6 Tle.) sowie die oben erwähnte Biographie seines Vaters.

3) Henry L. Earle Bulwer, Lord, engl. Diplomat, s. Dalling and Bulwer.