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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Magnāten; Magnavacca; Magne; Magnentĭus; Magnesĭa

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Magnaten - Magnesia.

Magnāten (lat. magno-nati), in Ungarn Bezeichnung der vornehmsten adligen Geschlechter und der Reichswürdenträger, die nach der Verfassung geborne Repräsentanten des Landes sind und eine besondere Kammer, die Magnatentafel (Oberhaus), bilden. Zu dieser gehören außer den sämtlichen Fürsten, Grafen, Freiherren und den 13 Reichsbaronen Ungarns auch die in Ungarn begüterten Erzherzöge, die obersten kirchlichen Würdenträger der katholischen, der griechisch-katholischen und der nichtunierten griechischen Kirche, die Obergespane und der Gouverneur von Fiume. In Polen hießen M. die geistlichen und weltlichen Senatoren oder Reichsräte u. der hohe Adel.

Magnavacca (spr. manja-), Hafen von Comacchio (s. d.).

Magne (spr. mannj), Pierre, franz. Staatsmann, geb. 3. Dez. 1806 zu Périgueux, war erst Schreiber auf der Präfektur seiner Vaterstadt, studierte dann zu Paris die Rechte und ließ sich in Périgueux als Advokat nieder. 1843 zum Mitglied der Deputiertenkammer gewählt, bewies er bei Verhandlungen über Finanzfragen ein hervorragendes Talent und gehörte bis zur Februarrevolution dem rechten Zentrum an. 1846 ward er zum Unterstaatssekretär im Kriegsministerium ernannt, verlor aber diese Stelle 1848. Im November 1849 ward er zum Unterstaatssekretär im Finanzministerium ernannt, und in das Ministerium vom 10. April 1851 trat er als Minister des öffentlichen Bauwesens. Bei Einsetzung des Kabinetts vom 26. Okt. 1851 gab er sein Portefeuille an Lacrosse ab, erhielt dasselbe am Tag vor dem Staatsstreich, 1. Dez. 1851, wieder, legte es aber 22. Jan. 1852 infolge der Konfiskation der Güter des Hauses Orléans nieder. Aber bald darauf ward er zum Senator, 29. Juli 1852 wieder zum Minister der öffentlichen Bauten, im Juni 1853 zugleich zu dem des Ackerbaues und des Handels ernannt, und im Februar 1855 vertauschte er diese drei Verwaltungszweige gegen das Ministerium der Finanzen, welches er bis Ende November 1860 innehatte. Von da an bis 1863 war er Minister ohne Portefeuille und wurde 1. März 1863 zum Mitglied des Geheimen Rats ernannt. Als die kaiserliche Regierung einer neuen Anleihe bedurfte, wurde M., der ein großes Talent, Anleihen zu machen, besaß, 13. Nov. 1867 wieder zum Finanzminister berufen. Er hatte den Triumph, daß dieselbe, 700 Mill. Frank, 34mal gezeichnet wurde. Im Dezember 1869 nahm er seine Entlassung, weil er, obwohl ein Freund des liberalen Kaisertums, doch zu unpopulär und als Gehilfe des Absolutismus zu stark kompromittiert war, um in das Ministerium Ollivier eintreten zu können, und trat erst 10. Aug. 1870 in das Ministerium Palikao wieder ein, mit dem er 4. Sept. von dem politischen Schauplatz verschwand, bis er 2. Juli 1871 in die Nationalversammlung gewählt wurde. Obwohl Bonapartist, wurde er nach Thiers' Sturz im Mai 1873 nochmals Finanzminister, bewährte aber seine frühere finanzielle Geschicklichkeit so wenig, daß er im Juli 1874 zurücktreten mußte. Im Januar 1876 wurde er in den Senat gewählt. Er starb 19. Febr. 1879.

Magnentĭus, röm. Kaiser, von Geburt ein Franke aus Gallien, wurde vom Kaiser Constans zum Anführer der kaiserlichen Leibgarden, der Jovianer und Herkulianer, ernannt, stieß 350 in Augustodunum mit Hilfe des Marcellinus den Constans vom Thron und wurde von den Legionen in Gallien, Afrika und Italien als Kaiser anerkannt, aber 28. Sept. 351 von Constantius, dem Bruder des Constans, bei Mursa (Essek) geschlagen und nahm sich, nachdem er noch mehrere andre Verluste erlitten, 10. Aug. 353 in Lyon selbst das Leben. Seine Gemahlin Flavia Justina vermählte sich später mit dem Kaiser Valentinian I.

Magnesĭa (Bittererde, Bittersalzerde, Talkerde, Magnesiumoxyd) MgO findet sich in der Natur mit etwas Eisenoxydul als Periklas, mit Eisenoxyd verbunden als Magnoferrit, entsteht beim Verbrennen von Magnesium und wird durch Glühen der basisch kohlensauren M. des Handels (M. alba) dargestellt. Die so gewonnene M. ist um so dichter, je dichter das Rohmaterial war, und je höher man die Temperatur steigerte. Ein bei schwacher Rotglut dargestelltes sehr lockeres Präparat ist als gebrannte M. (M. usta) offizinell. Es ist farb- und geruchlos, schmeckt etwas erdig, schmilzt nur im Knallgasgebläse, spez. Gew. 2,75-3,25, löst sich in 50,000 Teilen Wasser, reagiert schwach alkalisch, gibt, mit 10-12 Teilen Wasser angerührt, in einigen Tagen eine gallertartige Masse von Magnesiumhydroxyd, absorbiert an der Luft allmählich Feuchtigkeit und Kohlensäure, verliert aber diese Eigenschaft wesentlich durch Brennen bei Weißglut, löst sich leicht in Säuren und dient als säuretilgendes Mittel, als mildes Laxans und als Gegenmittel bei Arsenvergiftungen. Man benutzt gebrannte M. auch zum Einbetten von Platintiegeln in gewöhnliche Schmelztiegel, zur Herstellung von Kunstgüssen und Stuckarbeiten und zur Darstellung feuerfester Schmelztiegel und Ziegel. Die Benutzung der M. zu Ziegeln für den Flammofenbetrieb, als basisches Ofenfuttermaterial für den Entphosphorungsprozeß (Thomas-Gilchrist) des Eisens, für Kalk-, Zement- und Strontianitbrennöfen führte zur Herstellung von Magnesiaziegeln aus Magnesit, die aber wegen ihres Kieselsäuregehalts nicht zu allen Zwecken brauchbar sind, und infolgedessen zur Abscheidung von M. aus Chlormagnesiumlaugen der Staßfurter Kaliindustrie und der Meersalinen. Man behandelt diese Laugen mit gebranntem Dolomit und erhält unter Bildung von Chlorcalcium eine Abscheidung von M., die in Filterpressen gepreßt, ausgewaschen, getrocknet und gebrannt wird. Die Abscheidung der M. wird durch einen geringen Zusatz von Zucker (Melasse) sehr gefördert. Die Vereinigten chemischen Fabriken in Leopoldshall löschen gebrannten Kalk in Chlorcalciumlösung. Die erhaltene Lösung enthält neben Chlorcalcium auch Calciumoxychlorid. Der Brei wird mit frischer Chlorcalciumlösung einem Schlämmprozeß unterworfen und die Lösung, welche vorher wiederholt zum Löschen von Kalk dienen kann, in entsprechender Menge mit der Chlormagnesiumlauge aus der Chlorkaliumfabrikation versetzt. Der frei werdende Kalk fällt das in dieser enthaltene Eisenoxyd, das Chlorcalcium die Schwefelsäure als Gips. Die so gereinigte Chlormagnesiumlösung wird schließlich mit dem Hauptteil der Calciumoxychloridlösung vermischt, wobei sich eisen- und thonerdefreie M. ausscheidet. Nach Ramdohr wird Chlormagnesium bei Anwendung einer oxydierenden Flamme und hoch überhitzten Wasserdampfs vollständig in M. und Salzsäure zerlegt. Man soll auf diese Weise reine M. und eine Salzsäure von 21° B. gewinnen. Wird Chlormagnesiumlösung bis auf 40-50° B. verdampft, mit 4-10 Proz. Magnesit versetzt und unter Überleitung von Luft auf Rotglut erhitzt, so entweicht Salzsäure, und man erhält als Rückstand ein Magnesiumoxychlorid, welches durch Erhitzen mit Wasser in M. und Chlormagnesium zerlegt wird. Die von der Firma Ramdohr, Blumenthal u. Komp. dargestellte M. wird zum großen Teil von der Firma Vygen u. Komp. in Duisburg auf Ziegel verarbeitet, welche sich durch sehr große Härte und