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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Manchester

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Manchester (Städtename).

zuerst dargestellt wurde, und wo noch jetzt ein Hauptsitz der Fabrikation ist. In England heißen diese Stoffe Velvets, Velverets, Velveteens. Gestreifter M. entsteht entweder dadurch, daß man die Pole streifenweise unaufgeschnitten läßt, oder dadurch, daß zufolge eigentümlicher Anordnung der flott liegenden Polschußteile auch nach vollständigem Reißen ein streifenartiges Ansehen sich ergibt. Zu den Geweben dieser Art gehört der Kord, bei welchem die samtartigen Streifen von geringer Breite, die furchenartigen Säume zwischen denselben äußerst schmal sind, sowie eine andre mit breitern Streifen.

Manchester (spr. männtschestr), 1) Stadt in Lancashire (England), liegt am Fuß des südlichen Abhangs einer Hügelkette, die sich von Oldham her zwischen die Thäler des Irwell und des Medlock drängt, und deren letzte Spitze, Kersall-Moor, die Rennbahn der Stadt bildet. Das eigentliche M. dehnt sich auf dem linken Ufer des Irwell aus, zwischen diesem Fluß und den beiden kleinern Ick und Medlock, die sich hier in jenen ergießen. Auf dem rechten Irwellufer und eingefaßt von einer starken Biegung des Flusses, liegt Salford, weiter westlich Pendleton; nördlich vom Irwell Higher und Lower Broughton, nördlich vom Ick Cheetham Hill, südlich vom Medlock Hulme, weiter östlich Chorlton on Medlock, noch weiter Ardwick. In etwas größerer Entfernung liegen Crumpsall, Moßside, Bradford, Newton Heath und Failsworth, Openshaw, Gorton, Levenshulme, Rusholme, Withington, Chorlton und Stretford. Dieser ganze Häuserkomplex wird im gewöhnlichen Leben M. genannt und zählt (1881) 697,000 Einw., wovon 341,508 auf das eigentliche M. kommen. Nächst London ist M. demnach die volkreichste Stadt von England. Die Straßen sind im allgemeinen unregelmäßig, eng und unbequem; in neuerer Zeit wurde jedoch viel zu ihrer Verschönerung gethan. Das Zentrum mit seinen Hauptstraßen, wie Market Street, enthält den ausgedehnten kaufmännischen Bezirk, fast nur aus Kontoren und Warenhäusern bestehend und mit den brillantesten Läden geziert; die Vorstädte, größtenteils von Arbeitern bewohnt, dehnen sich nach allen Richtungen aus und haben viele schöne Häuser, große Gärten der reichen Kaufleute und Fabrikanten, besonders in Chorlton und Ardwick und auf den Höhen von Cheetham Hill, Broughton und Pendleton. Vier öffentliche Parke liegen an den äußern Grenzen der Stadt. Eine 1857 vollendete Wasserleitung versieht die Stadt täglich mit 85½ Mill. Lit. Wasser aus dem 25 km entfernten Longdendale; da aber bei den zahlreichen Fabriken diese Quantität den Bedürfnissen nicht genügt, so hat die Stadt das Thirlemere in Cumberland erworben, welches sie in ein Reservoir verwandeln läßt. Von den zahlreichen Kirchen ist die protestantische Kathedrale mehr ihres Alters wegen (sie stammt aus dem 15. Jahrh.) als aus sonstigen Gründen merkwürdig und wird an Stattlichkeit bei weitem von der neuen katholischen Kathedrale in Salford übertroffen. Dem Reichtum der Stadt entspricht die Pracht einiger ihrer öffentlichen Bauten. Das 1866-75 in gotischem Stil erbaute neue Rathaus, mit 73 m hohem Uhrturm, ist wohl das schönste Gebäude dieser Art in England. Ihm steht ebenbürtig zur Seite der von demselben Architekten A. Waterhouse errichtete Gerichtshof (Assize Court). Auch die neue Börse, im klassischen Stil, die im lombardo-venezianischen Stil erbaute Free trade Hall (Freihandelshalle), an Stelle der kleinen Halle errichtet, in der einst Cobden und Bright ihre freihändlerischen Ansichten verfochten, und das neuerrichtete Owen's College in Oxford Street sind stattliche Bauten. Denkmäler sind zahlreich. Prinz Alberts Statue steht am Rathaus, diejenige Cobdens an der Börse, während vor dem großen Krankenhaus (Infirmary) die Bildsäulen von Wellington, Peel, Dalton und Watt aufgestellt sind. M. ist mehr Handels- als Fabrikstadt, doch ist auch die Zahl der Fabriken, namentlich in den Vorstädten, eine recht bedeutende. In M. (mit Salford) arbeiteten 1881: 27,156 Menschen in Baumwollfabriken, 2303 in Seidenfabriken, 6235 in Kattundruckereien, Bleichen und Appreturwerken, 7006 in Eisen- und Stahlwerken, 5669 in Maschinenbaustätten, 1651 in Glashütten, 622 in Papiermühlen, 500 in Gummifabriken, 255 in chemischen Fabriken. Unter den dem Handel gewidmeten Anstalten sind zu nennen: die Börse, die Kornbörse, das Zollamt, zehn bedeckte Markthallen und ein Viehmarkt. Auch hat M. bereits seinen kleinen Hafen, aber nach Vollendung des großen Schiffskanals nach Liverpool hofft es einen hervorragenden Platz unter den Seehäfen Englands einzunehmen. M. ist Sitz eines deutschen Konsuls. Unter den zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten nimmt das bereits erwähnte Infirmary den ersten Rang ein. Ferner gibt es kleinere Krankenhäuser, ein Irrenhaus, eine Blindenanstalt, ein Taubstummeninstitut, Waisenhäuser, mehrere Versorgungshäuser, öffentliche Badeanstalten etc. Seit 1882 ist M. Sitz der Victoria University, deren einziges College das von dem Freidenker R. Owen 1845 gegründete Owen's College ist. Ihr schließen sich an eine medizinische Schule, theologische Schulen der Methodisten, Independenten, Baptisten und Katholiken; ferner eine Kunstschule, eine technische Schule, eine 1515 gestiftete Lateinschule, das 1651 gegründete Cheetham College (eine Knabenschule mit wertvoller Bibliothek) und zahlreiche Arbeiterbildungsvereine. M. war eine der ersten Städte Englands, die Freibibliotheken ins Leben riefen, und zählt deren jetzt sieben mit 185,000 Bänden. Ein städtisches Museum liegt im Peel Park bei Salford, ein Gewerbemuseum im Queen's Park; Kunstsammlungen befinden sich in der ehemaligen Royal Institution und in Ancoat's Hall. Ferner bestehen hier botanische und zoologische Gärten. Unter den Vereinen verdienen Erwähnung der Physikalische Verein (1781 gegründet), die Gesellschaft für Naturgeschichte (mit Museum), geologische, geographische und statistische Gesellschaften, ein Kunstverein und zahlreiche Klubs, unter denen das "Athenäum" das größte Ansehen genießt. Die deutsche Kolonie (2000 Seelen stark) unterhält eine blühende Schilleranstalt. Öffentlicher Unterhaltung dienen ferner 3 Theater, die Pomonagärten (wo auch Pferde- und Viehausstellungen stattfinden) und der Alexandrapark mit Aquarium. - M., das Mancunium oder Mancenium der Römer, das im Lauf der Zeiten von Pikten, Skoten, Sachsen und Dänen in Besitz genommen wurde, kommt im Domesdaybuch Wilhelms des Eroberers als Mancestre vor, woraus dann M. ward. Das Schloß zu M. war damals Mittelpunkt einer Baronie, die bis 1347 der Familie Gredley oder Gresley gehörte und dann auf die Familie Delaware vererbte. 1626 erhielt Henry Montagu den Titel eines Grafen, 1719 sein Urenkel Charles Montagu den eines Herzogs von M. M. erhielt 1301 städtische Rechte und wird im 14. und 15. Jahrh. als eine gewerbfleißige Stadt geschildert, wo Leinen- und Wollzeuge mit großer Emsigkeit gefertigt wurden. Die Zahl der Einwohner betrug 1719 nur 8000,