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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mandiōka; Mandoline; Mandórla; Mandragŏra; Mandrake; Mandrill; Mandrīt; Mandschu; Mandschurei

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Mandioka - Mandschurei.

Nordwestsudân. Von Timbuktu bis Sierra Leone, Großbassam und an den Golf von Benin gehen ihre Karawanen; die Soninke liegen mehr dem Kleinhandel ob. Auch sind die M. treffliche Ackerbauer ihrer Gebiete geworden und verstehen Eisen und Gold zu gewinnen; sie sind auch gute Schmiede, Viehzüchter und Zureiter von Pferden. Fremde Sprachen lernen sie sehr schnell. Die M. haben sich manchen Stamm ganz assimiliert und sind nach W. weit hinein in die Gebiete der Wolof und Fulbe vorgedrungen. Barth schätzte ihre Zahl auf 6-8 Mill.

Mandiōka, s. Manihot.

Mandoline (ital.), Saiteninstrument aus der Familie der Lauten, tiefer gewölbt als die Laute, aber von erheblich kleinern Dimensionen; in Italien noch heute im Gebrauch wie bei uns die Guitarre. Der Bezug der neapolitanischen M. sind acht Saitenpaare, in Quinten gestimmt wie die Violine: g d' a' e''; die Mailänder M. hat fünf oder sechs Saitenpaare und die Stimmung g c' a' d'' e'', resp. g h e' a' d'' e'. Die M. wird mit einem Plektron aus Schildpatt gespielt.

Mandórla (ital., "Mandel"), die Glorie in Form eines stumpfen, später oben und unten zugespitzten Ovals, in welcher auf mittelalterlichen Bildern der Heiland, die Madonna und einige Heilige erscheinen.

Mandragŏra Juss. (Alraun), Gattung aus der Familie der Solanaceen, perennierende, fast stengellose Kräuter mit fleischiger, oft gespaltener Wurzel, großen, ganzen, ovalen oder lanzettförmigen, welligen oder buchtig gezahnten Blättern in kompakten Rosetten, einzeln grundständigen, langgestielten, ansehnlichen, violetten oder gelblichen Blüten und einfächerigen, vielsamigen Beeren. Drei oder vier Arten im östlichen Südeuropa und im Orient. M. officinarum L. hat grünlichgelbe Blüten und gelbe Beeren von 1,5 cm Durchmesser. Letztere werden von den Arabern gegessen; sie wirken einschläfernd, und schon Maherbal soll sich dieser Wirkung gegen die Feinde bedient haben. Auch sollen die Früchte zur Wollust reizen und fruchtbar machen, weshalb man sie seit dem Altertum vielfach zu Liebestränken benutzte. Die Blätter legt man als schmerzstillend auf Wunden, auch werden sie von einigen orientalischen Völkern wie Tabak geraucht. Die Wurzel wirkt narkotisch betäubend, und man gab sie daher im Altertum vor schweren Operationen. Namentlich aber hat die Wurzel als Zaubermittel eine große Rolle gespielt. Schon Pythagoras sprach von ihrer Ähnlichkeit mit einem Menschen; man glaubte sich mit derselben unsichtbar machen zu können und trug sie als Amulett gegen Hexerei. Um sie zu erhalten, waren bestimmte Vorsichtsmaßregeln nötig, weil sie entweder verschwand, oder so entsetzlich schrie, daß der Grabende vor Schreck sterben mußte (Shakespeare). Das Mittelalter bildete diesen Aberglauben weiter aus. Man schnitzte aus der Wurzel Männchen (Gold-, Hecke-, Galgen-, Erd- oder Alraunmännchen, Alruniken), die unter dem Galgen aus dem Samen eines unschuldig Gehenkten entstanden sein sollten, putzte sie verschiedenartig heraus und stellte sie, in einem Kasten verwahrt, an einen geheimen Ort des Hauses, von wo man sie zu magischem Gebrauch (um Schätze zu heben, wahrzusagen etc.) hervorholte. Man setzte ihnen auch wohl von jeder Mahlzeit etwas zu essen und zu trinken vor, wusch sie Sonnabends in Wein und Wasser, zog ihnen an Neumonden frische Kleider an etc. Sie galten als Talismane gegen Krankheiten, brachten Glück in Prozessen, den Frauen Fruchtbarkeit und leichte Niederkünfte etc. Daher ward ein ordentlicher Handel mit solchen Wurzeln getrieben und das Stück bisweilen mit 60 Thlr. bezahlt. Statt der Mandragorawurzel wurde zu gleichem Zweck auch die Wurzel der Bryonia und von Allium victorialis benutzt. Ob das Dudaim des Alten Testaments (1. Mos. 30, 14) auf M. zu beziehen ist, dürfte fraglich sein.

Mandrake, s. Podophyllum.

Mandrill, s. Pavian.

Mandrīt (griech., von mandra, Klause, Kloster), Klausner, Mönch. Das Wort hat sich besonders in dem Titel Archimandrit (s. d.) erhalten.

Mandschu (Mandschusprache), eine dem tungusischen Zweig des uralaltaischen Stammes angehörige Sprache, die verbreitetste, anscheinend aber auch abgeschliffenste unter ihren Schwestern sowie die einzige, die es zu einer gewissen Litteratur gebracht hat. Das Gepräge ihres Stammes trägt sie in vollem Maß: 1) die Vokalharmonie, insofern die Vokale in zwei Reihen zerfallen, nämlich harte: a, o, ô; und weiche: e und u, während i neutral ist, und Gesetze bestehen, nach welchen im Wortstamm, oft im ganzen Worte, der erste Vokal für die folgenden bestimmend ist; 2) die bald ein-, bald zweisilbigen Wortstämme sind unveränderlich; Agglutination und zwar durch Suffixe ist das einzige Mittel der Wort- und Formenbildung; 3) im Satz nimmt das Verbum die letzte Stelle, das Objekt die zwischen Subjekt und Verbum ein, und jedes Wort, das die nähere Bestimmung eines andern enthält, tritt vor dieses letztere. Dank der Bildsamkeit der Sprache ist deren Wortschatz kein geringer, und ein gesunder Purismus hat den größten Teil der seiner Zeit aufgenommenen chinesischen Fremdwörter wiederum ausgemerzt. Das Substantivum hat kein grammatisches Genus; das natürliche Geschlecht wird bald durch Vokalgegensätze (wie ama, Vater, eme, Mutter), bald durch selbständige Wörter des Sinnes "männlich, weiblich" ausgedrückt; der Plural bleibt oft unbezeichnet. Das Adjektiv entbehrt der Steigerungsformen. Das Verbum ist der weitaus bildsamste Redeteil, z. B.: tuwa, sehen, tuabu, sehen lassen, tuwana, zu sehen gehen, tuwandschi, zu sehen kommen, tuwanu, zusammen sehen, tuwascha, besehen, tuwaschata, untersuchen, tuwakiya, bewachen, etc. Person und Zahl werden am Verbum nicht ausgedrückt, wohl aber die Tempora, die Konditionalform, das Wollen etc. Partizipialkonstruktionen sind sehr gebräuchlich und das Hauptverbindungsmittel der oft ellenlangen Sätze. Die Mandschusprache ist dank ihrer Regelmäßigkeit nicht schwer zu erlernen, und ihr Studium ist lohnend und für denjenigen, welcher sich mit der chinesischen Litteratur beschäftigen will, fast unentbehrlich. Denn seit die jetzige Dynastie über China herrscht (also seit 1644), sind zahlreiche und gerade die wichtigsten chinesischen Litteraturwerke in das M. übersetzt worden; diese Übersetzungen dürfen als authentische gelten, und sie sind weit leichter zu verstehen als die Originale. Als Schrift bedienen sich die Mandschu seit etwa dritthalbhundert Jahren eines aus dem Mongolischen weitergebildeten Alphabets. Wörterbücher des M. lieferten Amyot (Par. 1789-90), v. d. Gabelentz (Leipz. 1864), Wassiljew (Petersb. 1866) und Zacharow (das. 1875); Grammatiken v. d. Gabelentz (Altenb. 1832), Kaulen (Regensb. 1856), L. Adam (Par. 1873), Orlow (Petersb. 1873), Zacharow (das. 1879); Chrestomathien Klaproth (Par. 1828) und Wassiljew (Petersb. 1863).

Mandschurei, eins der Nebenländer des chinesischem Reichs, zwischen dem Amur im N., dem Ussuri im O.,