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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mannheim

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Mannheim.

für deutsche Mythologie und Sittenkunde". Nachdem er sich 1858 als Privatdozent in Berlin habilitiert, veröffentlichte er: "Germanische Mythen, Forschungen" (Berl. 1858); das populäre Werk "Die Götter der deutschen und nordischen Völker" (das. 1860) und "Weihnachtsblüten in Sitte und Sage" (das. 1864). Aus Gesundheitsrücksichten zog er sich 1863 nach Danzig zurück und widmete sich hier nach Abfassung einer größern Denkschrift: "Die Wehrfreiheit der altpreußischen Mennoniten" (Marienb. 1863), gänzlich dem Plan, zur Grundlegung des streng wissenschaftlichen Aufbaues zunächst der germanischen Mythologie ein Urkundenbuch der Volksüberlieferung ins Leben zu rufen. Als Proben und Beiläufer dieses Unternehmens erschienen: "Roggenwolf und Roggenhund" (Danz. 1865, 2. Aufl. 1866); "Korndämonen" (Berl. 1868); "Lasitii de diis Somagitorum libellus" (Mitau 1868); "Wald- und Feldkulte" (Berl. 1875-77, 2 Bde.); "Klytia" (das. 1876) u. a. M. starb 26. Dez. 1880 in Danzig. Nach seinem Tod erschienen: "Gedichte" (Danz. 1881, mit Biographie) und "Mythologische Forschungen" (hrsg. von Patzig, Straßb. 1884).

Mannheim (Manheim), zweite Residenz und Hauptstadt des Großherzogtums Baden, zugleich Hauptort des gleichnamigen Kreises, der 465 qkm (8,4 QM.) mit (1885) 136,283 Einw. umfaßt, liegt am Einfluß des Neckar in den Rhein, im Knotenpunkt der Linien M.-Konstanz, M.-Ludwigshafen und M.-Karlsruhe der Badischen Staatsbahn sowie Frankfurt a. M.-M. und Waldhof-M. der Hessischen Ludwigsbahn, 84 m ü. M., in fruchtbarer Gegend und ist eine der am regelmäßigsten gebauten Städte Deutschlands. In der eigentlichen in Kreisform angelegten Stadt münden die unter rechtem Winkel sich schneidenden Straßen sämtlich auf den die Stadt umschließenden Ringdamm, welcher in einen 5,4 m breiten Boulevard umgebaut ist. Zur Stadt gehören noch die drei Vorstädte: Neckar- und Schwetzingergärten-Vorstadt und der Lindenhof. Unter den 14 freien Plätzen der Stadt sind zu erwähnen: der Paradeplatz mit schönem Marmorbassin und Erzgruppe, der Marktplatz mit einer steinernen Merkurstatue, der Schloßplatz und der Theater- oder Schillerplatz mit den auf Granitpiedestalen aufgestellten Kolossalstatuen Ifflands und Dalbergs (beide von Widnmann) und Schillers (von K. Cauer). Von den sechs vorhandenen Kirchen (vier katholischen und zwei evangelischen) sind nur bemerkenswert die Kirche des ehemaligen Jesuitenkollegiums (1733-56 erbaut, im Innern prachtvoll mit Marmor dekoriert und die Decke mit Freskomalereien geschmückt) und die Schloßkirche mit geschmackvoller innerer Einrichtung. Die Israeliten haben eine im maurischen Stil erbaute Synagoge. Das große ehemalige kurfürstliche Residenzschloß (1720-29 erbaut) nimmt mit seinen Höfen, Stallungen, Remisen etc. einen Flächeninhalt von 6 Hektar ein, hat eine Frontlänge von 530 m, 5. hübsche Portale, 4 Höfe, 1500 Fenster, eine Kirche, eine Gemäldegalerie, Antiquitäten- und Naturaliensammlung und enthielt vor dem Bombardement 1795, bei welchem ein Flügel abbrannte, der gegenwärtig, neu restauriert, einen prachtvollen Ball- und Konzertsaal enthält, über 500 Zimmer. An das Schloß reiht sich der umfangreiche, dem Publikum geöffnete Schloßgarten mit seinen herrlichen Baumgruppen an. Von Bauwerken sind noch erwähnenswert: die Sternwarte, das Theater, Kaufhaus, Rathaus und das Zeughaus; ferner das neue Bahnhofsgebäude (im italienischen Renaissancestil), die stehende Brücke mit Eisen- und Straßenbahn über den Rhein und die Kettenbrücke über den Neckar sowie mehrere neue Schulhäuser und eine Reihe prachtvoller Privatbauten aus der neuesten Zeit. Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit der Garnison (2 Grenadierbataillone Nr. 110) 61,273 Seelen, darunter 29,640 Evangelische, 26,904 Katholiken und 4249 Juden. M. ist einer der reichsten Industrie- und Handelsplätze Süddeutschlands. Die Hauptfabrikationszweige bestehen in Roheisenguß, Fein- und Messingguß, Drahtweberei, Fabrikation von Dampf- und landwirtschaftlichen Maschinen, Hart- und Weichgummi- und Celluloidwaren, einschließlich der Rohcelluloiderzeugung, Zucker, Spiegeln und Hohlglas, Gummiwäsche etc. Von Bedeutung sind ferner: die Herstellung chemischer Produkte, wie Schwefel- und Salzsäure, Soda, Chinin, Alizarin- und Teerfarben, Ultramarin etc., die weithin berühmte Tapetenfabrik, welche zu den ältesten und bedeutendsten Deutschlands zählt, sowie die Zigarrenfabrikation, die im Durchschnitt jährlich 220-250 Mill. Stück liefert, Bierbrauerei, Spiritusbrennerei, Öl- und Zuckerraffinerie, Müllerei etc. Der sehr bedeutende Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankhauptstelle, die Badische Bank, die Deutsche Unionbank, Rheinische Kreditbank, Rheinische Hypothekenbank und andre öffentliche und private Bankinstitute, ferner durch die zahlreichen Eisenbahnverbindungen wie durch die Schiffahrt auf dem Rhein und Neckar, erstreckt sich besonders auf Getreide, Hülsenfrüchte, Reis, Mehl, Kohlen, Petroleum, Hopfen, Harzprodukte, Maschinenöl, Spiritus, in- und ausländischen Tabak (jährlich gegen 300,000

^[Abb.: Wappen von Mannheim.]

^[Abb.: Situationsplan von Mannheim.]