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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Marathi; Marăthon; Marathonisi; Marathonsteine; Maratti

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Marathi - Maratti.

Die M. sind heute Ackerbauer und fallen mit der Kaste der Kunbi zusammen, sind also Sudra. Ihrem Äußern nach sind sie von mittlerer Statur, durchschnittlich 1,6 m groß, mit mehr drawidischer Gesichtsformation, massig hervortretenden Backenknochen, kleinen Augen und oftmals aufgestülpter Nase, brauner Hautfarbe in vielen Schattierungen; die sehr kleinen Frauen sind besonders hell, aber keineswegs schön. Die M. sind stärker gebaut als die Bewohner Nordindiens, von großer Ausdauer und haben daher immer gute Soldaten abgegeben. Von großem Unabhängigkeitssinn beseelt, haben sie sich immer thatkräftig, aber wenig verlegen in der Wahl der Mittel zur Erreichung ihrer Zwecke gezeigt. Die Zahl aller M. beträgt, wenn man die Sprache, das Marathi (s. d.), zur Richtschnur nimmt, nach dem Zensus von 1881: 16,966,665 Seelen, wovon 9 Mill. auf die Präsidentschaft Bombay, über 3 Mill. auf Haidarabad und etwa je 2 Mill. auf Berar und die Zentralprovinzen kommen. - In der Geschichte werden die M. zuerst 640 v. Chr. genannt; unter König Asoka (246 v. Chr.) machte ihre Bekehrung zum Buddhismus große Fortschritte, ihre Unabhängigkeit verloren sie aber seit den ersten mohammedanischen Einfällen (1294) mehr und mehr. Indes konnte die Herrschaft der Mogulkaiser nie fest unter ihnen aufgerichtet werden, und 1648 schüttelten sie unter Siwadschis Führung das Joch völlig ab und begannen ihre Eroberungszüge. Allein innere Zwistigkeiten untergruben bald die Macht der M., und als 1714 die Würde des Vorstandes (Peischwa) in einer Familie erblich wurde, führte deren Herrschsucht zum Bürgerkrieg. Die unglückliche Schlacht von Panipat gegen Ahmed Schah 6. Jan. 1761, in welcher 200,000 M. fielen, gab der Macht des Peischwa einen Stoß, von dem sie sich nie wieder erholte. Fortan waren es einzelne Große, welche gesondert die Führung übernahmen, und als in den Kriegen gegen die Ostindische Kompanie die M. 1818 endlich politisch gänzlich vernichtet waren, blieben als Trümmer des alten Reichs nur die von M. regierten Vasallenstaaten Baroda, Gwalior, Indor und einige kleinere übrig.

Marathi (Mahratti), Volkssprache im westlichen und mittlern Vorderindien für 15½ Mill. Menschen, entstand aus dem Maharaschtri, dem wichtigsten Prakritdialekt, der bis in das 9. Jahrh. n. Chr. in einem großen Teil Indiens herrschte und seinerseits auf das Sanskrit zurückgeht; doch hat es auch einiges aus den Ursprachen Indiens entlehnt. Die Schrift ist aus dem Sanskritalphabet entstanden. Die Litteratur des M. besteht aus Übertragungen oder Nachahmungen von Sanskritwerken. Vgl. "Manual of Marathi grammar" (Bombay 1868); Molesworth, Marathi and English dictionary (2. Ausg., das. 1857).

Marăthon, im Altertum Flecken in der attischen Landschaft Diakria, unweit des Meers am südwestlichen Rand einer größern Strandebene und am Nordfuß des Pentelikon gelegen, ist berühmt durch den Sieg, welchen hier 490 v. Chr. die Athener unter Miltiades (s. unten) über die Perser erfochten. Noch jetzt liegt an dem Hauptbach der Ebene, 28 km von Athen, ein kleines Dorf, Marathona, in dessen Nähe das alte M. gestanden hat. Von den von Pausanias beschriebenen Denkmälern zur Erinnerung an die Schlacht hat sich der 12 m hohe und 150 m im Umfang haltende Grabhügel der gefallenen Athener sowie die Fundamente des Trophäums und des Denkmals des Miltiades bis auf den heutigen Tag erhalten.

Schlacht bei M. Das persische Heer von 100,000 Mann, welches Dareios I. 490 v. Chr. unter dem Befehl des Datis und Artaphernes gegen Griechenland ausgeschickt hatte, war nach der Zerstörung Eretrias an der Bucht von M. gelandet, um von da aus zu Lande gegen Athen vorzudringen. Sofort zogen 9000 athenische Hopliten unter den zehn Strategen und dem Polemarchen Kallimachos nach dem bedrohten Punkt, um den Persern den Weg zu verlegen. Obwohl die Hilfe der Spartaner ausblieb (2000 Lakedämonier langten erst nach der Schlacht an) und nur 1000 Platäer zum athenischen Heer stießen, so beschlossen die Feldherrn auf Rat des Miltiades doch, bei M. eine Schlacht zu wagen, und übertrugen auf Antrag des Aristeides dem mit der persischen Kriegführung vertrauten Miltiades den Oberbefehl. Von ihrem Lager am Fuß des Pentelikon schritten die Athener am Morgen des 17. Metageitnion (12. Sept.) zum Angriff. In langer Linie, damit ihre Flügel von den Persern nicht umfaßt werden könnten, rückten sie gegen dieselben vor, welche gerade im Begriff waren, ihr Lager bei M. zu verlassen, da sie den direkten Marsch durch Attika aufgegeben und die Reiterei und einen Teil der Mannschaft bereits wieder eingeschifft hatten, um zur See nach Athen zu gelangen. Zuletzt im Laufschritt stürmten die Athener auf die persische Schlachtreihe los und gerieten sofort in heftiges Handgemenge, in welchem ihre schwere Bewaffnung, ihr persönlicher Mut und ihre gymnastische Gewandtheit ihnen zu statten kamen. Ihre allzu dünne Mitte unter Aristeides und Themistokles ward allerdings etwas zurückgedrängt, aber die siegreichen Flügel kamen nun den Persern in Rücken und Flanke; diese flohen und wurden in den Sümpfen in großer Menge getötet. Einigen gelang es, auf die Schiffe zu entkommen, von denen nur sieben in die Hände der Athener fielen. Bei dem Kampf um die Schiffe ward Kallimachos getötet. Miltiades führte das Heer noch an demselben Tag nach Athen zurück, um die Stadt gegen einen persischen Angriff und den Verrat der eignen Bürger zu schützen. Der Sieg hatte 192 Tote gekostet. Die Marathonkämpfer (Marathonomachoi) waren noch lange Zeit nachher die Vorbilder tapferer Bürger. Vgl. Campe, De pugna Marathonia (Greifsw. 1867).

Marathonisi, bis vor kurzem Name des jetzt wieder Gythion (s. d.) genannten Hauptausfuhrhafens der spartanischen Ebene und der nördlichen Maina in Griechenland, mit 2700 Einw., am nordwestlichen Ufer des Golfs von M. (Lakonischer Meerbusen) gelegen, Hauptstadt einer Eparchie des Nomos Lakonien.

Marathonsteine, s. Obsidian.

Maratti (Maratta), Carlo, ital. Maler, geb. 13. Mai 1625 zu Camerino bei Ancona, studierte zu Rom unter A. Sacchi und bildete sich nach den Werken der Carracci und Raffaels weiter. Nachdem er 1650 mit einem Christuskind in der Krippe in der Kirche San Giuseppe de Falegnani sich einen Namen erworben, erhielt er vom päpstlichen Hof zahlreiche Aufträge. Clemens XI. ernannte ihn 1704 für Restaurierung eines Teils der Fresken Raffaels im Vatikan und in der Farnesina zum Ritter des Christusordens, Innocenz XI. zum Aufseher der vatikanischen Zimmer. M. starb 15. Dez. 1713 in Rom. Seine Werke, meist von kleinerm Format, tragen, so großen Beifall sie auch bei den Zeitgenossen fanden, das Gepräge des Verfalls der italienischen Malerei an sich; die Milde und Freundlichkeit seiner Bilder kann den Mangel origineller Kraft nicht verdecken. Nur in seinen Bildnissen erhob er sich über seine Zeit hinaus durch vornehme Auffassung und feine