Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mathēus Parisĭensis; Mathew; Mathews; Mathieu; Mathilde

341

Matheus Parisiensis - Mathilde.

Mathēus Parisĭensis (der Grund dieses Beinamens ist unbekannt), engl. Geschichtschreiber, seit 1217 Benediktinermönch in St. Albans in England, stand zu König Heinrich III., König Hakon von Norwegen und andern hochgestellten Personen in nahen Beziehungen und hatte dadurch Gelegenheit, treffliche Nachrichten und wichtige Aktenstücke zu erhalten. Er starb 1259. Seine "Chronica major" zerfällt in drei Teile: der erste von 1066 bis 1235 ist den "Flores historiarum" des Roger von Wendower entnommen; der zweite 1235-59 ist M.' eigne Arbeit; der dritte 1259-73 ist eine Fortsetzung von der Hand eines andern Mönchs von St. Albans, Wilhelm Rischanger. M. ist ein heftiger Feind des päpstlichen Stuhls und preist daher Kaiser Friedrich II.; seine Nachrichten über Europa außer England sind zwar nicht immer zuverlässig, aber doch sehr wertvoll, namentlich über die letzten Kämpfe der Staufer; seine Urteile sind scharf und mitunter ungerecht. Beste Ausgaben von Wats (Lond. 1684), Madden (das. 1867-69, 3 Bde.), Luard (das. 1874-83, 7 Bde.); franz. Übersetzung von Huillard-Bréholles (Par. 1840-41, 9 Bde.).

Mathew (spr. mättju), Theobald, bekannter Mäßigkeitsapostel Irlands, geb. 10. Okt. 1790 zu Thomastown in Irland, ward 1814 in Dublin zum Priester geweiht und wirkte seit 1833 durch Gründung von Mäßigkeitsvereinen (s. d.), die 1842: 5 Mill. Mitglieder zählten, sowie als Reiseprediger in Irland und Großbritannien mit großem Erfolg gegen die Trunksucht. Infolge seiner vielen Reisen geriet er mit der Zeit in bedeutende Schulden und kam schließlich ins Gefängnis, aus dem er durch die Freigebigkeit seiner Freunde befreit wurde. Darauf (1845) wandte er sich nach Nordamerika und 1852 mit fünf andern Priestern nach Kalkutta, um auch in diesen Ländern für seine Sache zu wirken, kehrte aber bald enttäuscht und krank nach England zurück und starb 6. Dez. 1856 in Queenstown. Vgl. Maguire, Father M. (neue Ausg., Lond. 1882).

Mathews (spr. mättjus), 1) Charles, engl. Komiker, geb. 28. Juni 1776 zu London, betrat 1792 in Richmond zuerst die Bühne und spielte seit 1803 in London auf dem Haymarket- und 1804-1809 auf dem Drurylane-Theater mit außerordentlichem Beifall. 1822 und 1834 machte er Kunstreisen nach Amerika. Er erwarb sich die Gunst des Publikums besonders durch eine eigne Art Vorstellungen, bei denen er allein auftrat (s. At home). M. starb 28. Juni 1835 in Plymouth. Seine Frau gab nach seinem Tode die "Memoirs of Charles M." (Lond. 1838, 4 Bde.; neue Ausg. 1862) heraus.

2) Charles James, Sohn des vorigen, ebenfalls Schauspieler, geb. 26. Dez. 1803, war erst Architekt, schlug aber 1835 die theatralische Laufbahn ein und heiratete 1838 Mad. Vestris, die Direktrice des Olympictheaters, welches er nun bald in die Mode brachte. Im Verein mit seiner Frau hatte er auch in Amerika glänzenden Erfolg. Bei einer zweiten Anwesenheit daselbst (1858) heiratete er, nachdem seine Frau 1857 gestorben, 1858 die Schauspielerin Davenport. 1863 und 1864 spielte er in Paris im Variétéstheater mit großem Beifall und glänzte in London wie in der Provinz gleich seinem Vater in sogen. At home-Vorstellungen. M. schrieb auch viele kleine Lustspiele und Possen sowie 1833 ein Drama: "My wife's mother", das sehr gefiel. 1870 traten beide Gatten eine Reise um die Welt an, von der sie nach zwei Jahren nach England zurückkehrten. M. starb 24. Juni 1878 in Manchester. Vgl. Dickens, Life of Charles James M. (1879, 2 Bde.).

Mathieu (spr. -tjöh), 1) Claude Louis, Astronom und Mathematiker, geb. 25. Nov. 1783 als Sohn eines Tischlers zu Mâcon, trat 1803 in die Pariser polytechnische Schule, erlangte 1806 an der dortigen Sternwarte eine bis dahin von seinem Freund Arago, der zur Ausführung der Meridianmessung nach Spanien ging, innegehabte Stelle und erwarb mehrmals Preise der Akademie, deren Mitglied er 1817 wurde. Außerdem wirkte er am Längenbüreau und als Professor der Analysis und Mechanik an der polytechnischen Schule in Paris, war auch 1835-40 Vertreter seiner Vaterstadt in der Abgeordnetenkammer, desgleichen 1848 in der Konstituante. Er starb 6. März 1875 in Paris. M. gab 30 Jahre lang das "Annuaire du bureau des longitudes" heraus und besorgte auch die Herausgabe von Delambres "Histoire de l'astronomie du XVIII. siècle" (Par. 1827).

2) Adolphe Charles Ghislain, belg. Litterat, geb. 22. Juli 1804 zu Mons, studierte in Löwen und Gent die Rechte, zog sich durch eine Ode auf den Tod seines Oheims, eines alten Deputierten der vereinigten Königreiche, gerichtliche Verfolgung, Gefängnis und Relegation zu, gewann dadurch zugleich große Popularität und erhielt 1830 die Mission, die holländische Garnison in Charleroi zur Waffenstreckung aufzufordern, die er mit vollständigem Erfolg ausführte. Fortan finden wir M. mitten im Fahrwasser der großen Politik. Er war 1840-42 Konservator der öffentlichen Bibliothek von Mons, wurde 1852 zum Vorsteher der Manuskripte an der königlichen Bibliothek zu Brüssel ernannt, bald darauf auch Mitglied der Akademie. Er starb 13. Juni 1876 in Ixelles. Als Schriftsteller hat M. seine Hauptstärke in der politischen Satire; aber er war auch auf andern, rein poetischen Gebieten thätig. Wir nennen von seinen Werken: "Passe-temps poétiques" (Mons 1830); "Roland de Lattre" (das. 1838, 2. Ausg. 1840); "Olla potrida" (Brüssel 1839), eine Sammlung vermischter Schriften; "Poésies du clocher" (das. 1847); die Satirensammlung "Le Guersillon" (das. 1848); "Les mémoires d'outre-tombe" (das. 1849); "Senilia" (das. 1856) und "Souvenirs" (Mons 1866). Seine "Œuvres poétiques" erschienen 1856 in 6 Bänden. Vgl. Wauters, Un poète du XIX. siècle, Ad. M. (Brüssel 1880).

Mathilde ("gewaltige Kämpferin", latinisiert Mathildis), deutscher Frauenname. Merkwürdig sind: 1) Heilige, Tochter des sächs. Grafen Dietrich, eines Nachkommen Widukinds, vermählte sich 909 mit Herzog Heinrich von Sachsen, dem nachmaligen König von Deutschland, dem sie drei Söhne, den Kaiser Otto d. Gr., Heinrich von Bayern und Bruno, Erzbischof von Köln, gebar, zeichnete sich namentlich als Wohlthäterin der Armen und Gründerin von Klöstern aus und starb in dem von ihr zu Quedlinburg gegründeten Kloster 14. März 968. Ihre Enkelin Mathilde (geb. 955, gest. 999), Tochter Ottos I., Reichsregentin unter Otto III., 997-999, war die erste Äbtissin dieses Klosters. Die Königin M. ward später kanonisiert; ihr Gedächtnistag ist der 14. März. Ein Mönch des Klosters Nordhausen beschrieb ihr Leben ("Vita Mahthildis antiquior", in Pertz' "Monumenta", Bd. 10, von dem es noch eine spätere ausführlichere Bearbeitung gibt; ebenda Bd. 4).

2) Gemahlin des deutschen Kaisers Heinrich V., Tochter Heinrichs I. von England, geb. 1102, wurde 1114 mit Heinrich V. vermählt, kehrte nach dem kinderlosen Tod ihres Gemahls 1125 nach England zurück, wurde zur Thronerbin erklärt und vermählte sich zum zweitenmal 1127 mit Gottfried von Plantagenet, Grafen