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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Maulesel - Maul- und Klauenseuche.

liches Schloß, eine Mineralquelle und (1881) 2038 Einw., welche Wollindustrie betreiben. M. ist Hauptort der Landschaft Soule.

Maulesel und Maultier, Bastarde von Pferd und Esel. Der Maulesel (Equus hinnus), der Bastard von Pferdehengst und Eselstute, hat die unansehnliche Gestalt, die geringe Größe und die längern Ohren der Mutter und vom Pferd nur den dünnern und längern Kopf, die vollern Schenkel, den seiner ganzen Länge nach behaarten Schwanz und die wiehernde Stimme. Man gebraucht die Maulesel zum Lasttragen, sie werden aber seltener (Spanien und Abessinien) gezüchtet als das nützlichere Maultier. Das Maultier (E. mulus), der Bastard von Eselhengst und Pferdestute, hat fast die Größe und Gestalt des Pferdes, unterscheidet sich von diesem aber besonders durch die Form des Kopfes, die längern Ohren, den an der Wurzel kurzbehaarten Schwanz, die schmächtigen Schenkel und die schmälern Hufe, welche an den Esel erinnern. Es ähnelt in der Färbung gewöhnlich der Mutter, hat aber die Stimme des Vaters. Da Pferd und Esel sich niemals freiwillig kreuzen, so bedarf es zur Züchtung der Bastarde von ihnen besonderer Kunstgriffe. Gewöhnlich verbindet man der Pferdestute, welche durch einen Eselhengst beschlagen werden soll, die Augen, führt ihr auch wohl zuvor einen schönen Pferdehengst vor und vertauscht diesen dann mit dem Esel. Mit dem Pferdehengst verfährt man ebenso. Weit leichter lassen sich Pferd und Esel zur Paarung bringen, wenn sie zusammen erzogen und von Jugend auf aneinander gewöhnt sind, wodurch die natürliche Abneigung, die beide Gattungsverwandte sonst gegeneinander zeigen, fast verschwindet. Bereits die alten Römer ließen Esel und Pferde, welche zur Maultierzucht benutzt werden sollten, zusammen leben, und in Spanien und Südamerika beobachtet man noch jetzt dieses Verfahren. Die Pferdestute trägt das Maultier etwas länger als ihr eignes Fohlen, und sehr häufig sind Fehlgeburten; das neugeborne Maultier steht aber weit eher auf den Beinen als das junge Pferd, auch dauert sein Wachstum länger; unter vier Jahren darf man es nicht zur Arbeit anhalten, dafür ist es aber auch meist bis zum 20. und 30., ja nicht selten bis zum 40. Jahr brauchbar. Das Maultier vereinigt die Vorzüge beider Eltern in sich: die Genügsamkeit und Ausdauer, den sanften, sichern Tritt hat es vom Esel, die Kraft und den Mut vom Pferd. Ein gutes Maultier trägt eine Last von 150 kg und legt mit ihr täglich 6-7 Meilen zurück. In Spanien benutzt man es auch allgemein als Zugtier. Maultiere und Maulesel pflanzen sich zwar in der Regel nicht fort; doch sind seit den ältesten Zeiten Beispiele bekannt, daß diese Blendlinge wiederum Junge erzeugten.

Maulfüßer, s. Schildkrebse.

Maulgatter (Maulspiegel), tierärztliches Instrument, welches dazu dient, das Maul der Pferde geöffnet zu halten, um Untersuchungen und Operationen in der Maulhöhle vornehmen zu können.

Maulgrind, Hautkrankheit der Kälber, eine kahl machende Flechte, welche durch einen mikroskopischen Pilz hervorgebracht und durch Schmierseifenbäder, Entfernung der Borken und Einreibung eines Gemisches von 1 Teil Karbolsäure und 10 Teilen Glycerin geheilt wird.

Maulkorbgesetz, satirische Bezeichnung eines Gesetzentwurfs, welcher, eine Beschränkung der parlamentarischen Redefreiheit bezweckend, 1879 dem deutschen Reichstag vorgelegt, von diesem aber abgelehnt ward.

Maullin, Flecken im südamerikan. Staat Chile, Provinz Llanquihué, an der Mündung des 97 km weit schiffbaren Flusses M., hat Sägemühlen und (1875) 3018 Einw.

Maulmain (Moulmein, Mulmen), Hafenstadt in der Division Tenasserim der britisch-ind. Provinz Birma, am linken Ufer des Salwenflusses, mit (1881) 53,107 Einw., hauptsächlich Birmanen, außerdem Schan, Chinesen, Europäer, Juden, Parsi. M. ist Sitz eines deutschen Konsuls und hat eine bedeutende Ausfuhr von Teakholz und Reis.

Maulsperre, s. Starrkrampf.

Maulspiegel, s. Maulgatter.

Maultasch, Margarete, s. Margarete 9).

Maultier, s. Maulesel.

Maultrommel (Brummeisen, Crembalum), altes primitives Instrument, bestehend aus einer durch die Finger in Bewegung gesetzten Stahlfederzunge, die in ein hufeisenförmiges kleines Stück Eisen eingeklemmt ist, das mit den Zähnen gehalten wird. Die so mit fast geschlossenem Mund auf das Instrument gebrummten Gesangstöne haben ein eigentümliches melancholisches Kolorit.

Maul- und Klauenseuche (Blasenseuche, Plarre, Aphthenseuche, Aphthae epidemicae), eine bei Rindern, Schafen und Schweinen, weniger häufig bei Ziegen, auftretende Seuche, welche sich im Sommer nicht selten über weite Gegenden verbreitet. Die Krankheit entwickelt sich in der Maulschleimhaut und an den Fußkronen, in seltenern Fällen auch am Euter. Sie beruht in einer multiplen spezifischen Entzündung der Schleimheit ^[richtig: Schleimhaut], resp. der äußern Haut, wobei sich Blasen von verschiedener Größe, Abschürfungen und selbst Verschwärungen bilden. Bei gutartigem und mildem Charakter verschwindet das Übel schon nach 4-9 Tagen; bei heftigem Grade desselben bilden sich nach dem Abgehen der Oberhaut Geschwüre, die zuweilen tiefer zerstörend eingreifen, so daß selbst Knochenfraß und Abfallen der Klauenkapsel darauf folgt. In den gelindern Fällen führt die Krankheit keine bedeutenden Nachteile herbei; dagegen bedingt sie da, wo sie von heftigem Fieber begleitet ist, oder wo tiefer gehende Zerstörungen entstehen, das Aufhören der Milchsekretion, allgemeine Entkräftung, Abmagerung und Dekubitus. Die Krankheit entsteht ausschließlich durch Ansteckung. Der Ansteckungsstoff ist flüchtig. Die Ansteckung geschieht entweder unmittelbar oder mittelbar, wenn Tiere, welche für die Krankheit empfänglich sind, auf Straßen, Wege oder überhaupt an solche Orte kommen, die von kranken Tieren mit Ansteckungsstoff verunreinigt sind, bez. durch Vermittelung von Zwischenträgern, d. h. von Personen oder von nicht für die Krankheit empfänglichen Tieren oder von Sachen, die in der Nähe von kranken Tieren oder an den mit Ansteckungsstoff verunreinigten Orten ebenfalls mit Ansteckungsstoff verunreinigt wurden. Der Ausbruch der Krankheit erfolgt in der Regel 2-4 Tage nach erfolgter Ansteckung. Tiere, welche die Krankheit überstanden haben, besitzen 1-2 Jahre lang keine oder nur eine sehr geringe Disposition zu einer neuen Erkrankung. Um die Krankheit zu verhüten, muß die unmittelbare oder mittelbare Übertragung des Ansteckungsstoffs sorgfältig vermieden, neu angekauftes Vieh 5-6 Tage lang isoliert gehalten werden. Bei der Kur ist ein zweckmäßiges diätetisches Verhalten in den meisten Fällen vollkommen ausreichend. Die Tiere müssen Ruhe haben; der Stall muß recht rein und trocken sein. Die beschmutzten Füße werden beim Ausbruch der Krankheit durch vor-^[folgende Seite]