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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mecklenburg

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Mecklenburg (Wappen, Orden etc.; Geschichte).

Rechtspflege. M.-Schwerin besitzt ein Oberlandesgericht zu Rostock, 3 Landgerichte zu Güstrow, Rostock und Schwerin, 43 Amtsgerichte, eine Landesstrafanstalt zu Dreibergen, ein Zentralgefängnis zu Bützow; M.-Strelitz besitzt ein Landgericht zu Neustrelitz und 9 Amtsgerichte, ein Landarbeits- und Zuchthaus in Strelitz. Das Oberlandesgericht zu Rostock ist beiden Großherzogtümern gemeinsam, ebenso die Schwurgerichtssitzungen zu Güstrow.

Über die Finanzen gelangt in beiden Großherzogtümern nichts an die Öffentlichkeit, und es besteht auch kein allgemeines Staatsbudget. Nach dem Gothaer "Statistischen Jahrbuch" sind in M.-Schwerin drei Systeme des Finanzwesens zu unterscheiden: die landesherrliche Verwaltung mit einem (1887-88) auf 15 1/3 Mill. Mk. geschätzten Etat, dessen Einnahmen aus den Erträgnissen der Domänen, aus der ordentlichen Kontribution und aus mit den Ständen zu besondern Zwecken vereinbarten bestimmten Zuschüssen (aus diesen Einnahmen ist die landesherrliche Verwaltung verpflichtet, den eigentlichen Regierungsaufwand, einschließlich der Matrikularbeiträge zur Reichskasse, zu bestreiten); dann der ordentliche Etat der gemeinsamen oder landesherrlich-ständischen Finanzverwaltung mit Einnahmen und Ausgaben von (1887-88) 4,209,000 Mk. (inkl. 174,000 Mk. für Schuldentilgung) und die rein ständische Finanzverwaltung, die über verhältnismäßig nur kleine Mittel zu gebieten hat. Die Schulden des Großherzogtums M.-Schwerin betrugen 1887 für den landesherrlichen Etat 32,895,100 Mk. (wovon für 23½ Mill. Mk. die Eisenbahnaktiengesellschaft Verzinsung und Amortisation übernommen hat), für die landesherrlich-ständischen Kassen 8,789,800 Mk., im ganzen 41 2/3 Mill. Mk. Diesen Passiven standen jedoch der Domanialkapitalfonds mit 23,824 Mill., der Elbzollfonds mit 3 Mill., der Kriegskostenentschädigungsfonds mit 180,000 Mk. und die Kapitalien der Renterei mit 2,35 Mill., zusammen 29 1/3 Mill. Mk., an Aktiven gegenüber. Die Matrikularbeiträge von M.-Schwerin sind (1887-88) auf 1,871,401 Mk., von M.-Strelitz auf 325,173 Mk. veranschlagt. - Zum deutschen Reichsheer stellen beide Großherzogtümer das Grenadierregiment Nr. 89, das Füsilierregiment Nr. 90, das Jägerbataillon Nr. 14, die Dragonerregimenter Nr. 17 und 18 und 4 Batterien des holsteinischen Feldartillerieregiments Nr. 24. Auf M.-Strelitz speziell entfallen davon: das 2. Bataillon des Grenadierregiments Nr. 89 sowie die 6. Batterie der mecklenburgischen Abteilung Nr. 3 des holsteinischen Feldartillerieregiments Nr. 24. Infanterie und Kavallerie gehören der 17. Division und mit der Artillerie dem 9. deutschen Armeekorps an. Die Militärkonvention mit Preußen datiert bei beiden Staaten seit Dezember 1872.

[Wappen, Orden.] Das mecklenburgische Wappen enthält sechs Felder und einen Mittelschild; die erstern zeigen die Wappenzeichen von M. (schwarzer, gekrönter Stierkopf mit silbernen Hörnern im goldenen Grund, s. Tafel "Wappen"), Rostock, Fürstentum Schwerin, Ratzeburg, Stargard, Wenden; der Mittelschild (zur einen Hälfte rot, zur andern golden) zeigt das Zeichen der Grafschaft Schwerin. Das Wappen wird von einem Stier und einem Greif gehalten und von der Königskrone bedeckt. Die Landesfarbe ist rot, gelb und blau; die Landesflagge blau, weiß und rot, wagerecht geteilt. Als Ritterorden ward 1864 der großherzogliche Hausorden der Wendischen Krone von beiden Großherzögen und 1884 vom Großherzog von M.-Schwerin der Greifenorden gestiftet, von denen jeder Großkreuze (mit der Krone in Erz oder in Gold), Großkomture, Komture und Ritter umfaßt (s. Tafel "Orden", Fig. 6). Als Ehrenzeichen werden verliehen in M.-Schwerin eine Medaille in Gold und Silber, eine Verdienstmedaille in Gold, Silber und Bronze (gestiftet 28. Febr. 1859), ein goldenes Militärdienstkreuz für Offiziere nach 25jähriger Dienstzeit, ein Dienstkreuz für Soldaten nach 10-25jähriger Dienstzeit, ein Militärverdienstkreuz für Auszeichnung im Krieg (1848 gestiftet), eine Landwehrdienstauszeichnung (1874 gestiftet); in M.-Strelitz dieselben Militärdienstkreuze. Die Flagge s. auf Tafel "Flaggen II". Die Residenzen des Großherzogs von M.-Schwerin sind Schwerin und Ludwigslust, neben denen es noch sechs fürstliche Schlösser gibt; der Großherzog von M.-Strelitz residiert in Neustrelitz und besitzt außerdem noch fünf Schlösser.

Vgl. Raabe, Mecklenburgische Vaterlandskunde (Wism. 1857-63, 3 Bde.); Boll, Abriß der Mecklenburger Landeskunde (das. 1862); Geinitz, Übersicht über die Geologie Mecklenburgs (Güstrow 1884); Derselbe, Die Seen, Moore und Flußläufe Mecklenburgs (das. 1886); Derselbe, Der Boden Mecklenburgs (Stuttg. 1885); Böhlau, Fiskus, landesherrliches und Landesvermögen in M. (Rostock 1877); Balck, Finanzverhältnisse in M. (Schwer. 1877-78, 2 Bde.); Derselbe, Landschulwesen in M.-Schwerin (Wism. 1880); Büsing, Staatsrecht der Großherzogtümer M. (in Marquardsens "Handbuch des öffentlichen Rechts", Bd. 3, Stuttg. 1884); Bartsch, Sagen, Märchen und Gebräuche aus M. (Wien 1880, 2 Bde.); die offiziellen "Staatskalender" und die Veröffentlichungen des Statistischen Büreaus zu Schwerin ("Beiträge zur Statistik Mecklenburgs").

Geschichte.

Zu Tacitus' Zeit wohnten im heutigen M. Vandalen, darunter eine ihrer Völkerschaften, die Warner (vielleicht an der Warnow). Um die Mitte des 6. Jahrh. nahmen die von den ausgewanderten Vandalen verlassenen Sitze slawische Völker ein: im W. die Obotriten (ihr Hauptort war Michilenburg, dessen Wallreste beim Dorf Mecklenburg südlich von Wismar zu sehen sind), im O. Leutitier (auch Wilzen genannt), im S. Redarier. Karl d. Gr., von dem Obotritenfürsten Witzin gegen die Wilzen zu Hilfe gerufen, zwang 789 letztere zur Unterwerfung. Wie die Wilzen, fielen auch die Obotriten im 9. Jahrh. mehrfach vom fränkischen Reich wieder ab; wenn sie auch wieder unterworfen wurden, so ist dennoch ihre Bekehrung zum Christentum damals nicht gelungen. Erst Heinrich I., der 928-931 die Slawen Mecklenburgs von neuem unterwarf, nötigte vielen die Taufe auf. Otto I. übergab dem Markgrafen Gero die Mark an der Elbe, errichtete die Bistümer Havelberg 946 und Oldenburg 948, welchen auch M. zugeteilt ward, und unterwarf den Obotriten Mistiwoi noch einmal 967. Doch dieser bewog 983 die Slawen zur allgemeinen Empörung, zum Abfall vom Christentum; Herzog Gottschalk (s. Gottschalk 2) stellte dieses 1046 zwar wieder her, wurde aber 1066 ermordet, worauf sein Volk sich den alten Göttern wieder zuwandte. Sein Sohn Heinrich erkannte zwar um 1093 die Lehnshoheit der sächsischen Herzöge an, zwang aber, obwohl selbst Christ, den Seinen den neuen Glauben nicht auf. Kaiser Lothar II. verlieh 1125 das Land an den Herzog Knut Laward von Schleswig, nach dessen Ermordung 1131 sich Pribislav Wagrien, Niklot das Obotritenland aneignete. Erst nach langwierigen Kriegen gelang es 1160 dem Herzog Heinrich dem Löwen von Sachsen, das Land wieder vollständig zu