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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mendelssohn-Bartholdy

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Mendelssohn-Bartholdy.

chem sie zwei Söhne, die Maler Johann und Philipp Veit (s. d.), gebar: dann an Friedrich Schlegel (s. d.) verheiratet, mit dem sie zum Katholizismus übertrat; eine jüngere, Henriette, blieb unvermählt und ward die Erzieherin der Tochter des Generals Sébastiani, der nachmaligen Herzogin von Praslin. Der Herausgeber von Moses Mendelssohns Schriften, Georg Benjamin M., Sohn von Joseph M., geb. 16. Nov. 1794, Professor an der Universität Bonn, gest. 24. Aug. 1874 in Horchheim bei Koblenz, schrieb außerdem: "Das germanische Europa" (Berl. 1836) und "Die ständische Institution im monarchischen Staat" (Bonn 1846). Vgl. S. Hensel, Die Familie M. 1729-1847 (5. Aufl., Berl. 1886).

Mendelssohn-Bartholdy, 1) Felix, Komponist, geb. 3. Febr. 1809 zu Hamburg als Sohn des Bankiers Abraham Mendelssohn und Enkel des Philosophen Moses Mendelssohn, verriet schon in frühster Jugend seine eminente musikalische Begabung. In Berlin, wohin die Familie einige Jahre nach seiner Geburt übersiedelte, erhielt er Unterricht von Louis Berger im Klavierspiel und von Zelter in der Komposition und machte so schnelle Fortschritte, daß er bereits im neunten Jahr als Virtuose auftrat und ihn drei Jahre später Zelter für seinen besten Schüler erklären konnte. Als solchen stellte er ihn seinem Freund Goethe in Weimar vor, dessen Interesse die Leistungen des Wunderknaben mächtig erregten (vgl. Karl M. [sein Sohn], Goethe und Felix M., Leipz. 1871). Auch zu I. ^[Ignaz] Moscheles (s. d.) trat die Familie in enge Beziehung, als derselbe 1824 in Berlin konzertierte und während seines dortigen Aufenthalts M. unterrichtete. Nachdem endlich auch Cherubini in Paris, dem M. 1825 zur Prüfung vorgeführt ward, in befriedigendster Weise sein Urteil über ihn abgegeben, stellte der Vater dem Vorhaben des Sohns, die Musik als Beruf zu wählen, kein Hindernis mehr entgegen. M. widmete sich demselben nun mit regstem Eifer, ohne dabei die schon früher betriebenen wissenschaftlichen Studien zu vernachlässigen. Mit den alten Sprachen machte er sich so vertraut, daß er beispielsweise eine deutsche Bearbeitung der "Andria" des Terenz veröffentlichen konnte, welche die Anerkennung selbst der Gelehrten fand. Desgleichen eignete er sich eine bedeutende Fertigkeit in den neuern Sprachen an. Mit dem Zeugnis der Reife bezog er 1827 die Berliner Universität, wo er zwei Jahre hindurch eifrig Philosophie studierte. Nach dieser Zeit, von 1829 an, trat aber die Neigung zum Komponieren derart in den Vordergrund, daß er beschloß, nun öffentlich als Fachmusiker aufzutreten. Bis 1829 hatte er schon vier Opern geschrieben, von welchen die "Hochzeit des Gamacho" 1827 in Berlin nicht ohne Erfolg zur Aufführung gelangte; ferner drei Quartette für Klavier und Streichinstrumente, ein Streichquartett, Symphonien und Sonaten, Lieder, kürzere Klavierstücke sowie die beiden Ouvertüren zum "Sommernachtstraum" und "Meeresstille und glückliche Fahrt", ohne der vielen Arbeiten aus jener Zeit zu gedenken, welche erst in spätern Jahren durch den Druck an die Öffentlichkeit gelangten. Anfang 1829 vollbrachte er in Berlin noch ein verdienstvolles Werk, indem er die "Matthäuspassion" von Seb. Bach, welche fast 70 Jahre im Staub der Vergessenheit geschlummert hatte, trotz des Abratens seines Lehrers Zelter zur Aufführung brachte und dadurch die Teilnahme aller Musikkreise Deutschlands dem Altmeister wieder zuwendete. Dann begab er sich nach London, wo ihn Moscheles sogleich in die Philharmonische Gesellschaft einführte und die 8. Mai 1829 erfolgte Aufführung der Sommernachtstraum-Ouvertüre vorbereitete. Der Erfolg war sehr groß und steigerte sich bei der Wiederholung des Werkes in einem Konzert der Sängerin Henriette Sontag 13. Juli 1829 zu einem wahren Triumph für den Komponisten. Auf einer danach unternommenen Reise durch Schottland konzipierte M. die "Hebriden-Ouvertüre", nachdem er bereits drei Phantasien oder Kapricen für Klavier (Op. 16), die Phantasie über The last rose (Op. 15), die schottische Sonate oder Phantasie (Op. 28) und das reizvolle Singspiel "Die Heimkehr aus der Fremde" teilweise komponiert hatte.

Nach Berlin zurückgekehrt, beendigte er die begonnenen Arbeiten und schickte sich dann zu einer Reise nach Italien an, welche er im Mai 1830 über Weimar und München antrat. Am längsten verweilte er in Rom, wo er nicht nur die Kunstschätze mit regstem Interesse studierte, sondern auch die "Walpurgisnacht", das erste Heft der "Lieder ohne Worte", drei Motetten für die Nonnen auf Trinità de' Monti und den 115. Psalm entwarf. Zugleich fand er in Giuseppe Baini (s. d.), dem Kapellmeister der Sixtinischen Kapelle, einen äußerst unterrichteten und gefälligen Kollegen, welcher ebenso wie Abbate Santini dem jungen Meister die Schätze altitalienischer Musik in den reichen Bibliotheken zum Studium überließ. Nachdem M. noch Neapel besucht hatte, trat er die Rückreise an, welche ihn wiederum nach München führte, wo er sein Klavierkonzert in G moll bei Hof spielte und den Auftrag erhielt, eine Oper für München zu schreiben. Infolgedessen ging er nach Düsseldorf, um dort mit Immermann wegen eines Textes zu konferieren. Doch blieben diese Verhandlungen erfolglos, ebenso wie seine spätern Versuche in Paris, wo er vom Dezember 1831 bis April 1832 verweilte, einen passenden Text zu finden, obgleich er mit den französischen Dichtercelebritäten viel verkehrte. Im Mai 1832, nachdem er kurz vorher in London mit seiner Hebriden-Ouvertüre und seinem G moll-Konzert wieder die größten Triumphe gefeiert hatte, bewarb er sich in Berlin um die durch Zelters Tod erledigte Dirigentenstelle der Singakademie, sah sich aber durch Rungenhagen verdrängt. Mißmutig kehrte er Berlin den Rücken, unternahm 1833 seine dritte Reise nach London und dirigierte hier seine A dur-Symphonie. Zur Direktion des Düsseldorfer Musikfestes eingeladen (1833), leitete er die Aufführungen desselben und nahm dann, nachdem er zum viertenmal in einem philharmonischen Konzert zu London mit eignen Werken aufgetreten war, ein dreijähriges Engagement als städtischer Musikdirektor zu Düsseldorf an, wo er den Gesangverein und die Kirchenmusiken in den katholischen Kirchen zu dirigieren hatte. Mit Immermann im engen Bündnis, veranstaltete er mit diesem im dortigen Theater Musteraufführungen der Opern "Don Juan", "Wasserträger" etc.; auch komponierte er die Musik zu Calderons "Standhaftem Prinzen". Dennoch gingen die Theatergeschäfte schlecht und veranlaßten M., von der ihm übertragenen Intendantur für die Oper abzusehen und die Theaterdirigentenstelle seinem Freund J. ^[Julius] Rietz zu übertragen. Er vollendete hierauf den größten Teil seines "Paulus", schrieb zahlreiche "Lieder ohne Worte" und die Musik zu den drei Heineschen Volksliedern (für gemischten Chor). Im Frühjahr 1835 dirigierte er noch das Musikfest in Köln, folgte jedoch dann einer Einladung nach Leipzig zur Leitung der Gewandhauskonzerte. Seine Aufnahme im ersten derselben 4. Okt. 1835 war eine enthusiastische, und sein ferneres Wirken in Leipzig darf als