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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Menschwerdung; Mensdorff-Pouilly; Mense; Mensel; Menselinsk; Menses; Mensŏla; Mens sana in corpŏre sano; Menstrŭation

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Menschwerdung - Menstruation.

zurück und beschäftigte sich daneben mit der Organisation der Ostseeflotte und der Verstärkung der russischen Seefestungen im Finnischen Meerbusen. Im März 1853 sandte ihn Kaiser Nikolaus als außerordentlichen Botschafter nach Konstantinopel; hier forderte er die ablehnende Antwort der Pforte durch seine Verletzung aller Formen des Hofs heraus, indem er im Paletot vor dem Sultan erschien. Am 22. Mai verließ er diese Stadt wieder und übernahm den Befehl über die Streitkräfte zu Land, lieferte den Alliierten im September 1854 die Schlacht an der Alma sowie 5. Nov. die unglückliche Schlacht bei Inkerman und leitete dann die Verteidigung von Sebastopol, erkrankte aber im Februar so ernstlich, daß er Anfang März von seinem Kommando abtreten mußte. Am 20. Dez. 1855 ward er zum Gouverneur von Kronstadt ernannt, im April 1856 aber von diesem Posten wieder abberufen. Als witzig und zu beißendem Spott geneigt, spielte M. in den höhern Kreisen der russischen Gesellschaft eine große Rolle. Es wird eine Unzahl von anekdotischen Zügen von ihm erzählt. Er starb 2. Mai 1869.

Menschwerdung, eine in der Geschichte des religiösen Geistes bedeutsame Idee, sofern schon der Begriff der Religion an sich eine Wechselbeziehung des unendlichen und des endlichen Geistes in sich schließt. Dieser Prozeß der gegenseitigen Beziehung Gottes auf den Menschen und des Menschen auf Gott wird da auf dem Gipfel stehen, wo entweder Gott Mensch oder der Mensch Gott wird. Der zwischen der asiatischen und europäischen Menschheit stattfindende Gegensatz der Denkweise bringt es mit sich, daß dort mehr von M. Gottes, hier mehr von Gottwerdung des Menschen die Rede ist (s. Apotheose). Die klassische Heimat der Idee einer Inkarnation (Fleischwerdung) oder Inkorporation (Verkörperung) Gottes ist das alte Indien, wo die höchste Weisheit und Liebe in Buddha (s. d.) Menschengestalt annimmt und den Menschen zu Hilfe kommt. Erst seither fand der Begriff auch Eingang in der brahmanischen Religion, wo übrigens nicht Brahma (s. d.), sondern Wischnu das Subjekt der Inkarnationen ist. Auf ganz neue Weise vereinigt das Christentum, in allem eine eigentümliche Synthese orientalischer und occidentalischer Denkweise, M. und Gottwerdung in dem griechischen Kirchenlehrern geläufigen Satz: Gott sei Mensch geworden (in Christus nach Joh. 1, 14), damit die Menschen vergottet, göttlicher Natur teilhaftig würden. Die Kirchenlehre hat vorzugsweise die erste Hälfte dieses Wechselverhältnisses kultiviert, ohne darüber die andre ganz vernachlässigt zu haben (die sogen. unio mystica cum Deo). In der Geschichte der neuern Theologie ist das Dogma von der M. besonders durch die an Schelling und Hegel sich anschließende spekulative Schule kultiviert worden, indem man dabei über die historische Frage, ob die Realisation der Idee sich ohne weiteres mit dem christlichen Dogma decke, so lange ziemlich leichtfertig hinwegsah, bis Strauß die Frage entschieden verneinte und eine M. Gottes nicht in dem Individuum, sondern in der Gattung behauptete. S. Christologie.

Mensdorff-Pouilly (spr. -pulji), Alexander, Graf, österreich. Staatsmann, geb. 4. Aug. 1813 zu Koburg aus einem ursprünglich lothringischen, 1818 in den österreichischen Grafenstand erhobenen Geschlecht, das ursprünglich nur Pouilly von einer gleichnamigen Besitzung an der Saône hieß, während der Revolution emigrierte und den Namen M. annahm, Sohn des Generals Grafen Emanuel (1777-1852) und der Herzogin Sophie von Sachsen-Koburg (gest. 1835); trat 1829 in die Armee, ward 1836 Rittmeister, 1844 Major, focht 1848-49 in Italien und Ungarn mit Auszeichnung, wurde 1849 Oberst und 1850 Generalmajor. Anfang 1851 ging er als österreichischer Kommissar nach Schleswig-Holstein und 1852 als österreichischer Gesandter nach Petersburg. Schon 1853 von dort wieder abberufen, lebte er eine Zeitlang in England und ward hierauf zum Brigadier des 7. Armeekorps, 1858 zum Feldmarschallleutnant ernannt. Während des polnischen Aufstandes (1863) Generalgouverneur von Galizien, zeichnete er sich durch Energie und Humanität in gleichem Maß aus. Am 27. Okt. 1864 ward er an Graf Rechbergs Stelle zum Minister des Auswärtigen berufen. Er war der treugehorsame Diener seines Kaisers und machte alle Wandlungen der österreichischen Politik bis zur Sistierung der Verfassung durch Belcredi und dem Krieg mit Preußen 1866 mit, ohne je einen eignen Willen geltend zu machen. Im November 1866 legte er sein Amt nieder und wurde 1870 zum kommandierenden General in Agram, dann in Prag ernannt. Als Gemahl der Gräfin Alexandrine von Dietrichstein (geb. 29. Febr. 1824), der Erbin des Fürsten Joseph von Dietrichstein, erhielt M. nach dessen Tode durch kaiserliches Diplom vom 20. März 1869 den Titel eines Fürsten Dietrichstein zu Nikolsburg übertragen. Er starb 14. März 1871. Sein Erbe war Fürst Hugo Dietrichstein zu Nikolsburg, geb. 19. Dez. 1858.

Mense, s. Hohe Mense.

Mensel, s. v. w. Meßtisch.

Menselinsk, Kreisstadt im russ. Gouvernement Ufa, an der Mensela, unfern ihrer Mündung in den Ik (Nebenfluß der Kama), mit 3 Kirchen und (1884) 6103 Einw., ist besonders bemerkenswert durch den hier stattfindenden, für den Warenaustausch zwischen Rußland und Asien wichtigen Jahrmarkt vom 26. Dez. bis 12. Jan., dessen Hauptartikel Baumwollwaren (für 2-3 Mill. Rubel), Seide, Felle und Leder, Thee, Zucker und Drogueriewaren, namentlich Indigo, außerdem Wollenstoffe u. Pferde sind. - M. wurde 1584 als Grenzfestung angelegt und berühmt durch die im 17. und 18. Jahrh. wiederholt tapfer zurückgeschlagenen Belagerungen der Nogaier, Kalmücken, Baschkiren, Kirgisen und zuletzt Pugatschews.

Menses (lat.), Monate; Menstruation. M. apostolici oder papales, die apostolischen oder päpstlichen Monate, das vom Kaiser Friedrich III. dem Papst zugestandene Recht, die in bestimmten Monaten (Januar, März, Mai, Juli, September und November) zur Erledigung gekommenen geistlichen Pfründen in Deutschland zu vergeben; M. capitulares oder episcopales, Kapitel- oder Bischofsmonate, die übrigen sechs Monate, in welchen die Besetzung der vakanten Stellen den Bischöfen oder weltlichen Fürsten zukam.

Mensŏla (ital.), Kragstein, Sparrkopf.

Mens sana in corpŏre sano (lat.), "in einem gesunden Körper (wohnt) eine gesunde Seele", Citat aus Juvenal (Sat. 10, 357).

Menstrŭation (lat., monatliche Reinigung, Regel, Periode, griech. Katamenien), der mit regelmäßiger Periodizität stattfindende Abgang von Blut aus den weiblichen Genitalien, steht zu dem Geschlechtsleben des Weibes in der innigsten Beziehung. Sie tritt in unsern Klimaten durchschnittlich mit dem 14. Lebensjahr ein und dauert, wenn nicht besondere Verhältnisse dazwischentreten, bis etwa zum 45. Jahr an. Der Eintritt der M. signalisiert die geschlechtliche Reife und die Fortpflanzungsfähigkeit des weiblichen Organismus, ihr Erlöschen kenn-^[folgende Seite]