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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Merkurblende - Merlin.

grenzte schwarze Scheibe ohne eine Spur von Atmosphäre gezeigt. Der genannte Beobachter will auch Berge von etwa 18,000 m Höhe auf dem Planeten wahrgenommen haben, welche Beobachtung aber keine Bestätigung gefunden hat. Die Neigung der Achse oder des Äquators desselben zur Ebene seiner Bahn ist nicht sicher bekannt; doch glaubt Schröter, eine Neigung des Äquators des M. von 20° gegen die Bahn annehmen zu können. Merkwürdig sind die sogen. Durchgänge des M. durch die Sonnenscheibe, d. h. seine Vorübergänge vor der Sonne, bei denen er wegen seiner Kleinheit im Fernrohr bloß als schwarzer Punkt erscheint. Läge die Bahn des M. mit der der Erde in derselben Ebene, so müßten diese Durchgänge sich bei jeder Konjunktion ereignen. Da aber beide Bahnen in einem Winkel von 7° 0' 4,5'' gegeneinander geneigt sind, so können sie nur dann eintreten, wenn der M. bei seiner untern Konjunktion in einem seiner Knoten oder wenigstens nicht über 3° 28' von demselben entfernt steht, was in 100 Jahren etwa 13mal der Fall ist. Bei der dermaligen Lage der Knoten können diese Durchgänge nur im Mai und November erfolgen; ihre Dauer kann höchstens fünf Stunden betragen, was dann der Fall ist, wenn der M. durch die Mitte der Sonnenscheibe geht. Die nächsten finden 10. Mai 1891 und 10. Nov. 1897 statt. S. Tafel "Planetensystem".

Merkūrblende, s. v. w. Zinnober.

Merkurialismus, s. Quecksilbervergiftung.

Merkuriālkraut, s. Mercurialis.

Merkuriālmittel, s. v. w. Quecksilberpräparate.

Merkurĭusberg (Großer Staufen), Berg bei Baden-Baden, 672 m hoch, mit schöner Fernsicht auf den nördlichen Teil des Schwarzwaldes sowie in das Murgthal und auf den Rhein.

Merkūrlebererz, s. Zinnober.

Merkūrsilber, s. Amalgamsilber.

Merkūrstab, s. Caduceus.

Merlan, s. Schellfisch.

Merle, s. Drossel.

Merle d'Aubigné (spr. merl dobinjē), Jean Henri, franz. Theolog, geb. 16. Aug. 1794 zu Genf, wurde 1818 Prediger der französischen Gemeinde zu Hamburg, 1823 Prediger an der dem französisch-reformierten Kultus eröffneten Hofkapelle zu Brüssel; 1830 kehrte er nach Genf zurück und wirkte seit 1831 als Professor der historischen Theologie an der von der "Evangelischen Gesellschaft" gestifteten Lehranstalt. Er starb 21. Okt. 1872. Von seinen Werken sind hervorzuheben: "Histoire de la réformation du XVI. siècle" (Par. 1835-53, 5 Bde.; neue Ausg. 1877-78; deutsch, 2. Aufl., Stuttg. 1861-62, 5 Bde.); "Histoire de la réformation en Europe aux temps de Calvin" (Par. 1862-78, 8 Bde.; deutsch, Elberf. 1864-66, Bd. 1-4); "Le protecteur, ou la république d'Angleterre aux jours de Cromwell" (1848; deutsch, Weimar 1858) und "Trois siècles de luttes en Écosse" (1849; deutsch, Leipz. 1850). Vgl. J. ^[Jules] Bonnet, Notice sur la vie et les écrits de M. (Par. 1874).

Merlet (spr. -lä), Gustave, franz. Gelehrter und Schriftsteller, geb. 7. Okt. 1829 zu Paris, erhielt, nachdem er verschiedene Professuren bekleidet hatte, den Lehrstuhl der Beredsamkeit am Lycée Louis le Grand. Von seinen geistvollen kritisch-litterarischen Schriften verdienen Erwähnung: "Les réalistes et les fantaisistes" (1861); "Les portraits d'hier et d'aujourd'hui" (1863); "Causeries sur les femmes et les livres" (1865); "Extraits des classiques français" (1868-74, 6 Bde.); "Hommes et livres" (1869); "Saint-Évremond" (1870); "Origines de la littérature française" (1873, 2 Bde.); "Études littéraires sur les classiques français" (4. Aufl. 1880, 2 Bde.); "Tableau de la littérature française de 1800 à 1815" (1878, 3 Bde.) u. a.

Merlin (walisisch Merddin, Myrdhin), der Zauberer, eine der hervorragendsten Gestalten in dem altbritischen Sagenkreis. Die ältesten Nachrichten über ihn, dessen Geburt und Leben in mystisches Dunkel gehüllt sind, finden sich in Nennius' "Historia Britonum" (9. Jahrh.). Hiernach stammte M., mit dem Zunamen Ambrosius (Merddin Embrys), aus Caermarthen in Wales (dem Maridunum des Ptolemäos) und besaß schon als Knabe prophetische Gabe. Er wurde um 480 vor den Britenkönig Vortigern als das endlich gefundene "Kind ohne Vater" gebracht, das derselbe auf Geheiß seiner Zauberer suchen ließ, damit auf dem mit seinem Blut getränkten Boden der bisher vergeblich versuchte Bau einer Burg gelänge, worauf ihm M. die Geheimnisse des Bodens enthüllte und daraus den Sieg der Briten über die Sachsen prophezeite. In gleicher Weise, aber schon romantisch ausgesponnen, berichtet über ihn die Chronik ("Historia regum Britanniae", um 1135) des Gottfried von Monmouth, der M. aus der Vermischung eines Inkubus mit einer Nonne aus königlichem Geblüt hervorgehen läßt. Der Knabe ergeht sich in einer ausführlichen Weissagung, wird zugleich als Zauberer eingeführt, indem er das Stonehenge aus Irland durch seine übernatürliche Kraft in die Ebene von Salisbury versetzt, und tritt weiter als Sterndeuter und Berater in den Schlachten auf. Nachdem König Uter-Pendragon zur Herrschaft gelangt ist, benutzt er seine magische Kunst zur Begünstigung eines verbotenen Umgangs desselben mit der schönen Iguerne, welchem Artus seine Entstehung verdankt, an dessen Hof M. in der Folge eine gleich wichtige Rolle spielt (s. Artus). Mit diesem M. verschmolzen oder wahrscheinlich identisch erscheint ein zweiter M. mit dem Zunamen Silvester oder Caledonius, von dem Giraldus Cambrensis (um 1180) zuerst berichtet: der Barde Merddin ab Morvryn, der unter König Artus gegen die Sachsen focht, aber nach der Schlacht beim Wald von Celidon, von Wahnsinn ergriffen, in diesen floh und daselbst prophezeiend bis an seinen Tod verweilte. Ihm werden einige Gedichte, namentlich "Avallenau" ("Der Apfelgarten") und "Hoianau" ("Die Horchenden"), zugeschrieben, die sich auf jene Kämpfe beziehen sollen und in der "Myvyrian archaiology of Wales" (Lond. 1801) abgedruckt sind; indessen sind dieselben, nach neuern Untersuchungen, untergeschoben und als politisch-tendenziöse Dichtungen des 12. Jahrh. zu betrachten. Die volkstümliche Bedeutung Merlins und sein europäischer Ruf, den er durch fünf Jahrhunderte behauptete, datiert überhaupt erst vom 12. Jahrh., und hieran hatten vorzugsweise drei Werke Anteil: 1) die "Prophetia Merlini" des Gottfried von Monmouth (hrsg. mit dem Kommentar des Alanus ab Insulis, Frankf. 1603 u. öfter), eine um 1132 in lateinischer Sprache verfaßte, später seiner Chronik einverleibte Bearbeitung der zahlreich umlaufenden wundersamen Weissagungen des Zauberers über die Geschicke Englands, die das ganze Mittelalter hindurch in kanonischem Ansehen stand; 2) die früher ebenfalls Gottfried von Monmouth beigelegte, doch erst um 1220 abgefaßte "Vita Merlini" in lateinischen Hexametern (hrsg. von Michel und Wright, Par. 1837), die im wesentlichen der Tradition vom kaledonischen M. folgt, aber den Stoff etwas frei behandelt; 3) der weitschichtige, in französischer Sprache