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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Metz

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Metz (Beschreibung und Geschichte der Stadt).

S., das Theobalds-, Mazellen- und Deutsche Thor im O. und das Diedenhofener und Französische Thor im W. Von den Plätzen sind bemerkenswert: der Königsplatz am Bahnhofsthor, neben demselben die mit Blumenanlagen geschmückte Esplanade mit dem Denkmal des Marschalls Ney und prächtiger Aussicht auf das Moselthal; der Paradeplatz zwischen der Kathedrale und dem Stadthaus, mit dem Standbild des Marschalls Fabert; der Ludwigsplatz mit mittelalterlicher Arkadenreihe; der Theaterplatz mit schönem Brunnen und dem Jardin d'Amour; der große bedeckte Markt zwischen Dom- und Kammerplatz dient als Gemüse-, Obst-, Blumen-, Fisch- und Fleischmarkt. M. hat 2 evang. Kirchen (darunter die gotische Garnisonkirche mit 97 in hohem Turm), 8 kath. Kirchen, von denen die im 13. Jahrh. begonnene, im Anfang des 16. Jahrh. vollendete, im Innern imposante Kathedrale und die St.-Vincentkirche mit schönen gotischen Türmen das meiste Interesse in Anspruch nehmen, und eine Synagoge. Von den weltlichen Gebäuden sind hervorzuheben: der Justizpalast an der Esplanade, das Gebäude des Bezirkspräsidiums, das Stadthaus, der Hauptbahnhof, das Theater, der bischöfliche Palast, mehrere Kasernen, das Arsenal etc. Die Mosel fließt in mehreren Armen an M. vorüber, von denen der westliche der Hauptarm ist. 14 Brücken führen über diese und die Seille. Auf der Insel Chambière ist ein Friedhof mit einem Denkmal für die 1870 hier begrabenen 8400 Franzosen. M. hat Gas- und Wasserleitung, Kanalisation und auf den Hauptplätzen wie in den Hauptstraßen elektrische Beleuchtung. Die Zahl der Bewohner beläuft sich 1885 mit der Garnison (Infanterieregimenter Nr. 67, 98, 130 und 131 sowie Nr. 4 und 8 von der bayrischen Armee, 2 Dragonerregimenter Nr. 9 u. 13, eine Abteilung Feldartillerie Nr. 31, ein sächsisches Fußartillerieregiment Nr. 12, ein Bataillon bayr. Fußartillerie Nr. 2 u. ein Pionierbat. Nr. 16) auf 54,072 Seelen, darunter (1880) 13,898 Evangelische, 37,573 Katholiken u. 1592 Juden. Industrie und Handel haben seit der deutschen Besitznahme wegen der starken Auswanderung französischen Kapitals an Wichtigkeit verloren. Einen Ruf haben die Fabriken in Lederwaren, die Gerbereien, Sattlereien und die Schuhfabrikation. Ferner sind zu nennen Fabriken für Waffen, Nadeln, grobe Tuche, Hüte, künstliche Blumen etc. Große Eisenwerke befinden sich in mehreren Orten des Landkreises M. Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle und eine Filiale der Luxemburger Bank, erstreckt sich vorwiegend auf Wein, Branntwein, Likör, Bier, eingemachte Früchte, Leder, kurze Waren, Bauholz, Möbel, Steine, Kalk etc. Den Verkehr in der Stadt und mit den wichtigsten Punkten der nächsten Umgegend vermittelt eine Pferdebahn. An Bildungsanstalten besitzt M. ein Lyceum (Gymnasium mit Realgymnasialabteilung), eine Domschule, eine Lateinschule, eine Realschule, ein Schullehrer- und ein Priesterseminar, eine Taubstummenanstalt, eine Kriegsschule, eine Musik- und eine Zeichenschule, ein Museum mit Bibliothek, Gemäldegalerie, Altertümersammlung und naturhistorisches Kabinett, mehrere gelehrte Gesellschaften und Vereine etc. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus einem Bürgermeister, 3 Beigeordneten und 32 Gemeinderatsmitgliedern. Sonst ist die Stadt Sitz des Bezirkspräsidiums, der Kreisdirektion für den Landkreis M., eines Landgerichts, einer Steuerdirektion, eines Hauptzollamtes, einer Oberpostdirektion, einer Forstdirektion, einer Oberförsterei, eines Bergreviers, eines katholischen Bischofs, eines reformierten Konsistoriums, eines israelitischen Konsistoriums etc., ferner des Kommandos der 30. Division, der 59. und 60. Infanteriebrigade, der königlich bayrischen Besatzungsbrigade, der 15. Kavalleriedivision, der 30. Kavalleriebrigade, der 4. Fußartillerieinspektion und der 6. Festungsinspektion. In der Umgegend interessieren vorzugsweise die ausgedehnten Befestigungen.

M. ist immer eine bedeutende Festung gewesen. An die Stelle der Mauerbefestigung trat 1550 die Wallbefestigung, welcher 1562 die Citadelle hinzugefügt wurde. Vauban baute nach 1674 die Werke vollständig um; 1728-31 entstanden das Moselfort auf der West- und das Fort Bellecroix auf der Ostseite. Aus der Abtragung eines Teils der Citadelle ward 1791 die Esplanade geschaffen. Nach 1815 gerieten die Werke in Verfall, wurden aber 1830-45 wiederhergestellt. Napoleon III. begann 1867 mit dem Bau der vier detachierten Forts: Fort St.-Quentin, nicht groß, aber wichtig durch seine die ganze Umgegend beherrschende Lage auf einem 360 m hohen, das Moselthal um fast 200 m überragenden Berg, und Fort Plappeville auf der linken, Fort Queuleu und Fort St.-Julien auf der rechten Moselseite. Seit der deutschen Besitznahme sind diese Werke außerordentlich verstärkt und vermehrt worden, so daß M. gegenwärtig zu den stärksten Festungen Europas zählt. Sämtliche Werke tragen deutsche Namen: Feste Prinz Friedrich Karl (früher Fort St.-Quentin), Fort Manstein (Westfort St.-Quentin), Fort K. Alvensleben (Plappeville), Fort Kameke im W. von der Mosel, Fort Prinz August von Württemberg (St.-Privat) im S. zwischen Mosel und Seille, Fort Goeben (Queuleu) im SO., Fort Zastrow (Les Bordes) im O., Fort Manteuffel (St.-Julien) im NO., in der Moselebene Fort Hindersin, endlich, unmittelbar mit der Stadtbefestigung zusammenhängend, Fort Steinmetz (Bellecroix) auf der Ostseite und Fort Voigts-Rhetz (Moselfort) auf der Westseite der Stadt. Die äußern neuen Forts, unter denen Fort Goeben das größte ist, liegen in einer Entfernung von 3300-5000 m von der Kathedrale. Die Umgegend von M. (le pays Messin) ist sehr fruchtbar, baut schönes Obst (besonders Mirabellen), vorzügliche Gemüse und auf beiden Moselufern, vornehmlich am Fuß des Mont St.-Quentin, ziemlich viel Wein. Zum Landgerichtsbezirk M. gehören die zehn Amtsgerichte zu Ars a. M., Bolchen, Busendorf, Château-Salins, Delme, Diedenhofen, Dieuze, M., Sierck und Vic.

[Geschichte.] M. ist das alte Divodurum (d. h. "Götterburg") der Gallier im Gebiet der Mediomatriker, weshalb es auch Mediomatrica hieß, woraus durch Abkürzung Metä, Metis, Mattä und M. entstanden ist. Nachdem es in der Mitte des 5. Jahrh. durch die Hunnen unter Attila zerstört worden, kam es zum fränkischen Reich und ward bald die Hauptstadt von Austrasien. Ludwig der Fromme fand in der Abtei St. Arnold seine Grabstätte. 843 kam es an Lothar I. und nach dem Tod von dessen Sohn Lothar II. mit dem größten Teil Lothringens im Vertrag zu Mersen 870 an das ostfränkische (Deutsche) Reich. Es stand zunächst unter der Herrschaft des Bischofs, dem wohl auch die Ernennung des Burggrafen zustand. Nachdem dies Amt zu Anfang des 13. Jahrh. erloschen, erwarb M. die Rechte einer

^[Abb.: Wappen von Metz.]