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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Metz

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Metz (Schlachten und Belagerung 1870).

freien Reichsstadt, tritt aber als solche im Mittelalter wenig hervor. Trotz seiner gemischten Bevölkerung legte es auf seine Zugehörigkeit zum Deutschen Reich hohen Wert. Karl IV. verkündete hier auf dem Reichstag 1356 die Goldene Bulle, die zuvor zu Nürnberg zu stande gekommen war. 1444 ward die Stadt von den Franzosen belagert, jedoch nicht erobert. 1543 versuchte ein Teil der Bürgerschaft mit Hilfe Farels die Reformation in M. durchzuführen, scheiterte aber an dem Widerstand des Kardinals von Lothringen, und auch der Kaiser verbot die evangelische Predigt. Die katholische Partei im Rat und die hohe Geistlichkeit erleichterten 1552 die Besetzung der Stadt durch die Franzosen unter Montmorency, die im Einverständnis mit den protestantischen Reichsfürsten handelten; doch war die Mehrzahl der Bürger mit dem Wechsel der Herrschaft höchst unzufrieden, und viele Deutsche wanderten aus. Am 18. April 1552 hielt König Heinrich II. in M. seinen Einzug und beauftragte mit ihrer Verteidigung den Herzog Franz von Guise, der auch vom 19. Okt. 1552 bis 1. Jan. 1553 in einer denkwürdigen Belagerung gegen Karl V. tapfer standhielt. Die Stadt verlor zugleich ihre Selbstverwaltung, und der Bischof maßte sich das Recht an, die Behörden zu ernennen. Ludwig XIII. machte 1633 M. zum Sitz eines Parlaments. Im Westfälischen Frieden (1648) erhielt Frankreich die volle Souveränität über M., Toul und Verdun förmlich zugestanden; aber die alte Größe der Stadt war dahin, und während dieselbe vor 1552: 60,000 Einw. hatte, zählte sie deren 1698 nur noch 22,000, da sehr viele Hugenotten M. verließen und sich zum großen Teil in Frankfurt a. O. ansiedelten; erst im gegenwärtigen Jahrhundert gewann M. wieder eine besondere Wichtigkeit. Mehrere Belagerungen und Einschließungen, so auch 1814 und 1815, hielt M. aus, ohne zur Übergabe gezwungen zu werden, bis der deutsch-französische Krieg 1870 für M. folgenschwer eröffnet wurde. Die Stadt, 29. Okt. 1870 (s. unten) von den deutschen Truppen besetzt, ward im Frankfurter Frieden definitiv an Deutschland abgetreten. Von den französischen Einwohnern wanderten viele aus, dagegen viele Altdeutsche ein, so daß deren Zahl bald die altgesessene Bürgerschaft überwog und sie 1886 bei den Gemeinderatswahlen die Mehrheit (19 Stimmen von 32) erhielten. Vgl. Davilly, Antiquités Mediomatriciennes (Metz 1823); Coster, Geschichte der Stadt und Festung M. (Trier 1871); Westphal, Geschichte der Stadt M. (Metz 1875-77, 3 Bde.); Lokalführer von Lang (2. Aufl., das. 1884) und Fischer (das. 1885).

Schlachten um und Belagerung von Metz 1870.

(Vgl. beifolgende "Karte der Schlachtfelder um Metz")

Trotz seiner bedeutenden alten Festungswerke vor einer Beschießung durch die neuern Geschütze nicht gesichert, war M. seit 1867 in aller Eile mit großen detachierten Forts auf den dominierenden Höhen auf beiden Seiten der Mosel versehen worden. Obwohl nur in Erde aufgeführt, machten die Forts von St.-Julien, Queuleu, St.-Quentin und Plappeville die Beschießung der eigentlichen Festung unmöglich; doch waren die zur Verbindung beider Ufer nördlich und südlich im Thal begonnenen Forts St.-Eloi und St.-Privat 1870 noch nicht vollendet, auch die übrigen nicht völlig armiert. M. wurde wegen seiner günstigen Lage und der großen Ausdehnung des Platzes bei Beginn des Kriegs zum großen Hauptquartier und Depot der Rheinarmee ausersehen, und Ende Juli 1870 begab sich auch Kaiser Napoleon III. dahin. Als dann die Siege der Deutschen 6. Aug. jede Aussicht auf offensive Kriegführung zerstörten, wurde die ganze Rheinarmee (Garde, 2., 3., 4. und 6. Korps) auf dem rechten Moselufer bei M. zusammengezogen, da man daran dachte, an der Französischen Nied eine Schlacht anzunehmen. Doch gab Bazaine, der 12. Aug. den Oberbefehl übernahm, diese Absicht wieder auf und beschloß, über Verdun nach Châlons abzumarschieren, um dort die ganze französische Armee zu der Entscheidungsschlacht zu vereinigen. Am 13. Aug. wurde dies befohlen, am 14. begann das Defilieren der Armee durch die beengende Festung und über die Moselbrücken. Der von den Unterbefehlshabern des 1. und 7. preußischen Korps improvisierte Angriff auf die abziehenden Franzosen 14. Aug., welcher zu der Schlacht von Colombey-Nouilly (s. d.) führte, sowie mangelhafte Veranstaltungen und fehlende Leitung verzögerten jedoch das Debouchieren der Rheinarmee aus M. auf die beiden nach Verdun führenden Straßen so sehr, daß selbst am 15. nur geringe Entfernungen zurückgelegt wurden und die Spitzen bereits bei Conflans mit der deutschen Reiterei zusammentrafen. Napoleon selbst erreichte am 16. noch Verdun, aber bereits am Vormittag wurde der Vortrab des linken Flügels, das 2. Korps, aus seinem Lager bei Vionville durch preußische Granaten aufgeschreckt, und es entspann sich die Schlacht von Vionville-Mars la Tour (s. d.). Bazaine beging in derselben zunächst den Fehler, daß er die Schwäche des Gegners nicht erkannte und ihm nicht mit seiner großen Übermacht eine entscheidende Niederlage beibrachte. Dann aber ließ er sich von der falschen Anschauung bestimmen, daß der Feind ihn von M. abdrängen wolle, und daß er vor allem die Verbindung mit diesem Platz festhalten müsse. Nachdem er durch sein unruhiges Ablösungssystem in der Schlacht alle seine Korps geschwächt, seine Munition verbraucht und doch den Abmarsch nach Châlons nicht erzwungen hatte, ging er am 17. unter die Wälle von M. zurück und gab den festen Entschluß, sich mit Mac Mahon zu vereinigen, auf, so daß die Trennung der französischen Armee schon damals entschieden war. Er faßte jetzt den Plan, gestützt auf die Festung und durch die in ihr aufgestapelten Vorräte für lange Zeit gegen Mangel gesichert, in seiner beinahe unangreifbaren Stellung auszuharren u. hierdurch überlegene Kräfte der deutschen Armee vor M. festzuhalten, bis ein Friede oder eine sonstige Wendung ihn aus seiner Isolierung erlösen und er an der Spitze einer unbesiegten Armee entscheidend in die Geschicke Frankreichs würde eingreifen können. Die Schlacht bei Gravelotte (s. d.) war daher wesentlich eine Verteidigungsschlacht und fiel für ihn deswegen nicht ungünstig aus; einen Versuch, nach Westen durchzubrechen, machte er gar nicht. Die Aufgabe der deutschen Heeresleitung war nun, die erkämpfte Trennung der beiden französischen Heere aufrecht zu erhalten und zu einer bleibenden zu machen. Zu diesem Zweck versuchte man keine strenge Umschließung von M., sondern begnügte sich, im Westen und Norden, wo man einen Angriff Bazaines zum Zweck seiner Befreiung gewärtigen mußte, genügende Streitkräfte bereit zu stellen und im Süden und Osten bloß einen dünnen, teilweise aus Kavallerie gebildeten Kordon zu ziehen. Die Unthätigkeit Bazaines rechtfertigte die Kühnheit der deutschen Heeresleitung. Die ersten Tage nach der Schlacht bei Gravelotte war er nur mit dem Retablissement der Armee beschäftigt und that nichts, um die Widerstandskraft des einschließenden Ringes zu prüfen. Erst als er am 29. und 30. zwei Depeschen Mac Mahons empfing, welche dessen Marsch nach der Maas zur Vereinigung mit der Rheinarmee meldeten, befahl Bazaine am 30. die Konzentra-^[folgende Seite]