Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mitscherlich; Mitskal; Mittag; Mittagsblume; Mittagsfernrohr; Mittagskreis; Mittagslinie; Mittagspunkt; Mittel; Mittelalter

689

Mitscherlich - Mittelalter.

Mitscherlich, 1) Christoph Wilhelm, Philolog, geb. 20. Sept. 1760 zu Weißensee, studierte in Göttingen, ward hier 1785 außerordentlicher, 1794 ordentlicher Professor der Philosophie und Kustos der Universitätsbibliothek, 1809 an Heynes Stelle Professor der Beredsamkeit, trat 1833 in den Ruhestand und starb 6. Jan. 1854. Seine vorzüglichste Arbeit ist die Ausgabe der Oden und Epoden des Horaz (Leipz. 1800-1801, 2 Bde.). Außerdem gab er den Homerischen Hymnus auf Ceres (Leipz. 1787), die "Scriptores erotici graeci" (Zweibrück. 1792-94, 4 Bde.), Heliodors "Aethiopica" (das. 1799, 2 Bde.) und mit Tychsen und Heeren die "Bibliothek der alten Litteratur und Kunst" (Götting. 1786-91) heraus.

2) Eilhard, Chemiker, geb. 7. Jan. 1794 zu Neuende bei Jever, widmete sich seit 1811 in Heidelberg, Paris und Göttingen dem Studium der Geschichte, Philologie und der orientalischen Sprachen, daneben auch dem der Naturwissenschaften und der Medizin, seit 1818 aber zu Berlin ausschließlich dem der Chemie. Damals machte er die große und wichtige Entdeckung des Isomorphismus, welche für Chemie und Mineralogie gleich wichtig wurde. Von Berzelius veranlaßt, setzte er seine Studien zu Stockholm fort und beschäftigte sich hier besonders mit der künstlichen Darstellung von Mineralien. 1821 zum Professor der Chemie an der Universität in Berlin berufen, entdeckte er hier den Dimorphismus, und seine Verbesserungen an dem Reflexionsgoniometer setzten ihn in den Stand, die ungleiche Veränderung der Winkel an den Kristallen durch Wärme zu beobachten. Die Untersuchungen über die Verbindungen des Benzins und über die Ätherbildung führten ihn zur Aufstellung der Kontakttheorie. Er starb 28. Aug. 1863 in Berlin. Sein Hauptwerk ist das "Lehrbuch der Chemie" (Berl. 1829-35, 2 Bde.; 4. Aufl. 1840-1848). Nach seinem Tod erschien noch: "Die vulkanischen Erscheinungen in der Eifel und über die Metamorphie der Gesteine durch erhöhte Temperatur" (Berl. 1865). Vgl. Rose, Eilhard M. (Berl. 1864).

3) Karl Gustav, Pharmakolog, Bruder des vorigen, geb. 9. Nov. 1805 zu Jever, habilitierte sich 1834 an der Universität zu Berlin, wurde 1842 Professor der Arzneimittellehre und starb 16. März 1871 daselbst. Er schrieb: "Lehrbuch der Arzneimittellehre" (Berl. 1847-61, 3 Bde.).

Mitskal, Gewicht für Perlen, Goldfäden etc., in der Türkei = 4,804, in Ägypten = 4,633, in Persien (Miskal) = 4,536 g; in Marokko Rechnungsgeld, à 10 Uckien (Unzen) à 4 Musunen = 1,25 Mk.

Mittag (Süden), diejenige der vier Weltgegenden, wo die Sonne und die meisten übrigen Gestirne, von der nördlichen Halbkugel der Erde aus betrachtet, ihre größte Höhe erreichen. M. oder Mittagszeit nennt man denjenigen Moment, in welchem der Mittelpunkt der Sonne in den Meridian eines Ortes eintritt und also die Sonne für diesen Ort kulminiert (s. Kulmination). Man nennt diesen M. bestimmter den wahren M. Da aber die Sonne nicht ganz gleichförmig unter den Fixsternen nach O. rückt, so ist die Zwischenzeit zwischen zwei wahren Mittagen oder der wahre Sonnentag nicht beständig gleich groß. Man denkt sich daher eine sogen. mittlere Sonne, die in derselben Zeit wie die wahre ihren (scheinbaren) Umlauf unter den Fixsternen vollendet, sich aber gleichförmig und auf dem Äquator bewegt, und nennt mittlern M. die Kulminationszeit dieser mittlern Sonne. Die Zwischenzeit zwischen zwei mittlern Mittagen heißt der mittlere Sonnentag und bildet die Grundlage der mittlern oder bürgerlichen Zeit (vgl. Zeit). Der Unterschied zwischen wahrem und mittlerm M. heißt Zeitgleichung (s. d.). Mittagsfläche heißt die Ebene des Meridians, Mittagshöhe die Höhe eines Sterns im Meridian, Mittagslinie die Durchschnittslinie der Mittagsfläche mit der Ebene des Horizonts, Mittagspunkt oder Südpunkt der Durchschnittspunkt des Meridians mit dem Horizont, über welchem die Sonne im M. steht.

Mittagsblume, s. Mesembryanthemum.

Mittagsfernrohr, s. Passageinstrument.

Mittagskreis, s. Himmel, Meridian u. Mittag.

Mittagslinie, s. Himmel, Meridian u. Mittag.

Mittagspunkt, -zeit, s. Mittag.

Mittel, in der Arithmetik ein Wert, der zwischen andern Werten liegt. Man unterscheidet das arithmetische M. beliebig vieler Zahlen, d. h. die Summe dieser Zahlen, dividiert durch ihre Anzahl; das geometrische M. oder die mittlere Proportionale zweier Zahlen, d. h. die Quadratwurzel aus dem Produkt derselben; das harmonische M. zweier Zahlen, d. h. das doppelte Produkt derselben, dividiert durch ihre Summe. Das geometrische M. zweier Zahlen ist wieder das geometrische M. aus dem harmonischen und dem arithmetischen M. derselben; denn es ist 2ab/(a+b) das harmonische, (a+b)/2 das arithmetische und √(ab) das geometrische M. aus a und b, und die Quadratwurzel aus den beiden ersten Zahlen gibt wieder √(ab). Das harmonische M. ist der kleinste, das arithmetische der größte der drei Mittelwerte zwischen zwei Zahlen. - M. im philosophischen Sinn, s. Zweck.

Mittel, in der Buchdruckerkunst Bezeichnung einer Schriftgattung von 14 typographischen Punkten Kegelstärke; die doppelt so große Schriftgattung heißt Doppelmittel. Vgl. Schriftarten.

Mittelalter (lat. Medium aevum, franz. Moyen-âge, engl. Middle-age), der große Zeitraum der Geschichte, welcher zwischen dem klassischen Altertum und der neuern Zeit liegt, und dessen Dauer vom Untergang des weströmischen Reichs (476) oder schon vom Beginn der Völkerwanderung (375) an bis zur Entdeckung von Amerika (1492), wohl auch bis zum Beginn der deutschen Reformation (1517) angenommen wird. Der Name M. ist als die Bezeichnung einer Übergangsperiode von der antiken Welt mit ihrer großartigen geistigen Kultur und der Schöpfung des römischen Weltreichs zu der modernen Kultur und dem jetzigen Staatensystem aufzufassen. Als allgemeines geschichtliches Merkmal des Mittelalters tritt uns zunächst die beginnende Entwickelung der Germanen und Slawen in Europa und der morgenländischen Völkerstämme in Asien und Afrika auf den Trümmern der römischen Macht vor Augen, dort unter dem Geleit des Christentums, hier des Islam, die an die Stelle des untergehenden Heidentums treten. Die Geschichte der Menschheit erweitert ihren Schauplatz nach Norden und Osten, verlegt aber zugleich ihren Schwerpunkt, indem nach wechselvollen Kämpfen schließlich der Orient dem religiös-kriegerischen Despotismus der Osmanen erlag, welcher alles geistige und materielle Leben ertötete, während im Westen, im Abendland, unter dem Einfluß des Christentums und der erwachenden antiken Kultur aus der romanisierten alten Bevölkerung und den frischen Kernvölkern der Germanen neue Nationen sich bildeten und eine neue Bildung erwuchs. Dies Eintreten der Germanen in die Geschichte und die Verschmelzung ihres Volkstums mit den vorgefundenen Formen des Lebens zu neuen