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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Modāl; Modalität; Modane; Mode

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Modal - Mode.

Modāl (lat.), durch Verhältnisse bedingt.

Modalität (v. lat. modus), die Art und Weise, wie etwas existiert oder geschieht oder gedacht wird; im allgemeinen alles, was man unter zufälliger, veränderlicher Bestimmung eines Dinges zu begreifen pflegt; in der philosophischen Terminologie Kants diejenige Bestimmung des Urteils, wodurch das Verhältnis des letztern zu dem urteilenden Subjekt bezeichnet wird. Dieses Verhältnis kann dreifacher Art sein, je nachdem ein Urteil entweder als bloß möglich, oder als wirklich gültig, oder als notwendig gedacht wird, also für den Urteilenden entweder problematisch, oder assertorisch, oder apodiktisch ist. Hieraus ergeben sich die sogen. Modalitätsbegriffe der Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit. Vgl. Urteil.

Modane, Flecken im franz. Departement Savoyen, Arrondissement St.-Jean, am Arc, in neuester Zeit als nördlicher Eingangspunkt des Mont Cenis-Tunnels wichtig geworden, mit (1881) 1651 Einw.

Mode (franz., v. lat. modus, engl. Fashion), die Lebensformen, sofern sie weder durch nationale Tradition noch durch zwingende Erwägungen, sondern durch wechselnde Tageslaunen bestimmt werden. Das Gebiet, auf welchem die M. am unbestrittensten herrscht, ist die Kleidung; doch gibt es kein Gebiet des menschlichen Gemeinlebens, welches sich dem Einfluß der M. ganz zu entziehen vermöchte. Die Zubereitung und Aufeinanderfolge der Speisen, die Ausstattung der Wohnungen mit Hausrat, die Anordnungen von Festlichkeiten, die Form von Briefen: alles ist der M. unterworfen (vgl. Chic). Man spricht sogar von Modephilosophen und Modedichtern. Doch hat jede Anwendung des Begriffs der M. auf das Gebiet von Wissenschaft und Kunst etwas Tadelndes, denn hier soll die richtende Vernunft und das ästhetische Gesetz ausschließlich herrschen; dagegen gibt es Gebiete, in denen die Willkür ihr Spiel treiben darf, weil die Vernunft sich jedes Rechts der Einsprache begibt. Ein solches Gebiet ist vor allen die Kleidung. Ohne Rücksicht auf die Gebote des Anstandes, der Gesundheit und der Bequemlichkeit herrscht hier ein beständiger Wechsel in Stoffen, Formen und Farben. Was gegen die Gebote des Anstandes und der Gesundheitspflege verstößt, geißelt man als Ausartungen der M., als Modethorheiten. Von diesen abgesehen, haben die Launen der M. einen weiten Spielraum, innerhalb dessen sie berechtigt sind und volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Bei Völkern mit gering entwickelter Kultur äußert sich die M. meist nur in dem Putz der Frauen. Auch hat die M. nur wenig Einfluß auf diejenigen Gesellschaftsklassen, die an eine streng begrenzte Sitte oder Lebensvorschrift gefesselt sind. Nationaltrachten sind nicht der M. unterworfen. Doch dringt die M. immer weiter vor, so daß die Nationaltrachten mehr und mehr verschwinden oder von ihrem Charakter verlieren. Die Launen der M. gingen ursprünglich aus dem Streben nach Fortschritt hervor. Jedes einzelne Kleidungsstück, jeder einzelne Kleidungsteil, der Hut, der Strumpf, die Halsbinde, der Hosenträger, der Knopf, ist fortdauernd der Vervollkommnung fähig; aber wie sich der Fortschritt des Menschengeschlechts nirgends in gerader Linie bewegt, sondern Schlangenwindungen beschreibt, so ist dies auf dem Gebiet der Kleidertrachten in besonders hohem Grade der Fall. Nicht selten bricht sich die Lust am Kostbaren, am Bizarren, ja am Unnatürlichen Bahn und verweist uns aus den Wegen des Fortschritts in die des Rückschritts. Der Rückblick auf eine lange Entwickelung pflegt indessen zu lehren, daß das Üble schnell wieder abgelegt wird, während das Gute die Gewähr der Dauer in sich hat. Die M. ist einer derjenigen Faktoren, welche auf die Nachfrage und dadurch auf den Preis in hohem Grad bestimmend einwirken. Ein Wechsel der M. entwertet bedeutende Vorräte; er drückt die Preise von Waren herab, deren Brauchbarkeit für denjenigen, der sich der M. nicht unterwirft, unverändert bleibt. Unter diesem Gesichtspunkt hat man die M. als ein wirtschaftsschädliches Element bezeichnet; anderseits aber hebt sie die Produktion und befördert die Konkurrenz, so daß der durch den Wechsel herbeigeführte Schade wieder ausgeglichen wird. "Die M., seitdem sie sich über so zahlreiche Abteilungen der Bevölkerung verbreitet, hat der Produktion eine ganz neue Richtung gegeben. Der Konsument verlangt bei dem raschen Wechsel der M. nächst Zweckmäßigkeit Wohlfeilheit, und gerade bei der tausendfachen Erweiterung des Absatzes, welche die M. möglich macht, bringt es Vorteil, die Güter in großen Massen zu produzieren, bei denen es erst einträglich wird, recht wirksame technische Verbesserungen aufzusuchen und durchzuführen. Die M. hat wesentlich zur Kostenersparnis Anlaß gegeben." (v. Hermann, Staatswirtschaftliche Untersuchungen, Münch. 1870, S. 99.) Früher legte man größern Wert auf die Kostbarkeit von Kleidern und Geräten; die M. hat für eine Gleichstellung der Stände gewirkt. Alles in allem gerechnet, nimmt trotz des Wechsels der M. das Kleidungsbedürfnis einen geringern Teil des Jahreseinkommens in Anspruch als in frühern Zeiten.

Die Reformbewegung auf dem Gebiet der Kunstindustrie ist zum Teil ein Kampf gegen die M., deren Willkür an den Stilgesetzen feste Schranken finden soll, ohne daß diese die Phantasie der erfindenden Künstler in der freien Bewegung hemmen. Durch ihren Einfluß auf die Fabrikation des Schmuckes, auf Muster und Farbenzusammenstellung der Gewebe etc. greift die stilistische Richtung auch auf die eigentlichste Domäne der M., die Tracht, hinüber, und es ist zu hoffen, daß die allgemeinere Verbreitung des Kunstsinnes und Kunstverständnisses endlich Moden unmöglich machen wird, welche den Körper entstellen, indem sie die so weise abgewogenen Verhältnisse desselben verrücken, und daß der einzelne von der herrschenden M. nur dasjenige annehmen wird, was seinem Körperbau, seiner Haut- und Haarfarbe etc. angemessen ist. Seit Ludwig XIV. gab Frankreich den Ton für die Kleidermode an, nicht ohne gelegentliche Opposition gegen diese Diktatur hervorzurufen oder sich selbst von außen her beeinflussen zu lassen, wie vor der Revolution durch die Quäkertracht Franklins und die englischen Moden. Seit dem Sturz des zweiten französischen Kaiserreichs ist man in Deutschland redlich bemüht, sich von der Herrschaft der französischen M. zu befreien. Doch haben diese Bemühungen bisher nur in Bezug auf die männliche Tracht Erfolg gehabt. So werden z. B. die Hutmoden alljährlich von Leipzig aus bestimmt. Die Bemühungen, eine Nationaltracht zu schaffen oder wieder zu beleben (Gustav III. von Schweden, die deutschen Burschenschaften, die Magyaren u. a.), hatten stets nur vorübergehenden Erfolg; dagegen besteht seit 1848 fast völlige Zwanglosigkeit in der Tracht der Männer, innerhalb deren sich nur der Frack als allgemein anerkanntes Staatskleid behauptet. Die Geschichte der M. im ganzen bildet einen nicht unwesentlichen Teil der Kultur- und Sittengeschichte, namentlich der des modernen Europa, indem sich die ganze Sinnes- und Denkweise eines Zeitalters oft sehr charakteristisch in