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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Modĕna

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Modena (Herzogtum) - Modena (Stadt).

ziegeln bilden Erwerbsquellen der Bevölkerung. Hauptverkehrsmittel ist die Eisenbahn Alessandria-Bologna. Die Provinz zerfällt in die drei Kreise: Mirandola, M. und Pavullo nel Frignano.

Die Geschichte Modenas als eines Fürstentums beginnt 1336 mit der Gründung der Herrschaft des Hauses Este (s. d.) in M. und Reggio. Borso von Este ward 1452 von Kaiser Friedrich III. zum ersten Herzog von M. und Reggio erhoben und erhielt 1471 vom Papst auch Ferrara, das nun Hauptland der Este wurde. Als 1597 die Hauptlinie ausstarb, behielt Cesare von Este, der Sohn eines unebenbürtigen Sohns Alfons' I. von Ferrara, nur M. und Reggio, während Ferrara vom Papst eingezogen ward, und wurde so der Stammvater der Herzöge von M. Sein Sohn Alfons III. (1628-44) erhielt für seine Teilnahme am mantuanischen Erbfolgekrieg zu gunsten Spaniens vom Kaiser Ferdinand 1633 das Fürstentum Correggio. Rinaldo (1694-1737) kaufte 1710 das vom Kaiser konfiszierte Herzogtum Mirandola und wurde 1737 von demselben mit dem Herzogtum Novellara belehnt. Der letzte Herzog von M. aus dem Haus Este, Herkules III. Rinaldo (seit 1780), verlor im Oktober 1796 sein Land an die Franzosen und erhielt im Lüneviller Frieden 1801 den Breisgau zur Entschädigung, den er seinem Schwiegersohn Ferdinand, Erzherzog von Österreich und Sohn Maria Theresias, der seit 1771 mit der Tochter Herkules' III., Maria Beatrix von Este, vermählt war, überließ; er starb 1803 in Treviso. Erzherzog Ferdinand, der sich nun Herzog von M.-Breisgau nannte, verlor durch den Preßburger Frieden 1805 auch den Breisgau und starb 24. Dez. 1806. Sein Sohn, Herzog Franz IV., gelangte erst 1814 wieder zum Besitz der großväterlichen Staaten und wurde durch den Wiener Kongreß darin bestätigt. Er nahm den Namen Este an und ward dadurch der Stifter eines neuen Stammes dieses Hauses, des Hauses Österreich-Este. Auch seine Mutter Maria Beatrix trat 1814 die Regierung ihres schon 1790 von ihrer Mutter ererbten Herzogtums Massa-Carrara wieder an, wozu der Kongreß noch die kaiserlichen Lehen in der Lunigiana fügte, die nebst dem Herzogtum bei ihrem Tod 14. Nov. 1829 an ihren Sohn fielen. Die Reaktion, die sofort nach der Rückkehr Franz' IV. mit Hilfe der Jesuiten eintrat, konnte demselben unmöglich die Liebe des Volkes erwerben. Die französische Julirevolution brachte die öffentliche Mißstimmung 3. Febr. 1831 zum Ausbruch. Der Herzog mußte flüchten und ging nach Wien, ward aber durch österreichische Truppen 9. März nach M. zurückgeführt und ließ nun über die Anstifter des Aufstandes strenges Gericht ergehen. Fortan zeichnete sich die Regierung des Herzogs noch mehr als zuvor durch grausame Verfolgung jeder Spur von Liberalismus aus. Nach dem Tod Franz' IV. (21. Jan. 1846) folgte ihm sein Sohn Franz V. Ferdinand Geminian, geb. 1. Juni 1819, der dem Regierungssystem seines Vaters treu blieb. Infolge früherer Verträge fiel nach der Abdankung des Herzogs von Lucca (4. Okt. 1847) dieses Land an Toscana, dagegen mußte dieses Fivizzano an M. abtreten (4. Dez. 1847). Nach dem Ableben der Herzogin von Parma (18. Dez. 1847) fiel infolge des Pariser Vertrags von 1817 Guastalla 8. Jan. 1848 an M., wodurch dieses eine Gebietsvergrößerung von 320 qkm (5¾ QM.) mit 50,000 Einw. erhielt. Tumultuarische Auftritte in mehreren Städten hatten ein Schutz- und Trutzbündnis zwischen den Herzögen von Parma und M. und Österreich (Februar 1848) zur Folge, welches dieses berechtigte, in drohenden Zeiten die Herzogtümer zu besetzen. Dennoch legte sich die Aufregung nicht, und im März sah sich der Herzog zur Flucht genötigt. Hierauf wurde eine provisorische Regierung ernannt, Franz V. des Throns verlustig erklärt, Beschlag auf seine Güter gelegt und 29. Mai der Anschluß an Sardinien proklamiert. Aber nach den Erfolgen Radetzkys in der Lombardei und der Räumung Mailands durch die Piemontesen 6. Aug. 1848 kehrte Franz V. unter dem Geleit österreichischer Truppen schon am 10. d. M. in seine Hauptstadt zurück, nachdem er unterm 8. Aug. von Mantua aus das Versprechen zeitgemäßer Staatseinrichtungen proklamiert hatte. Nach seiner Rückkehr erließ er zwar eine Amnestie, die aber so viele Ausnahmen machte, daß sie nur wenigen zu gute kam. Die Unruhen dauerten daher fort, und 18. Nov. versuchte sogar ein Gutsbesitzer, Rizzali, ein Attentat auf den Herzog. Als beim Wiederausbruch des Kriegs zwischen Sardinien und Österreich im März 1849 die Österreicher ihre Truppen aus M. zogen, verließ der Herzog 14. März abermals die Residenz und begab sich nach Brescello, während das Ministerium die Geschäfte in M. unter dem Schutz eines Bataillons Österreicher fortführte. Im Mai kehrte der Herzog nach M. zurück und stützte sich wie früher auf eine starke Militärmacht. Im Juli 1850 wurden durch ein herzogliches Dekret auch die Jesuiten in ihre Besitzungen und Gerechtsame wieder eingesetzt. Die italienische Bewegung im Frühjahr und Sommer 1859 veranlaßten den Herzog, an der Spitze seiner Truppen sich dem österreichischen Heer anzuschließen, worauf sich eine provisorische Regierung bildete und die berufene Landesversammlung die Entsetzung des Hauses Este und den Anschluß an Sardinien aussprach, der offiziell 18. März 1860 erfolgte. Der Herzog begab sich nach Österreich. Mit seinem Tod 20. Nov. 1875 erlosch auch das Haus Österreich-Este im Mannesstamm. Vgl. Muratori, Delle antichità Estensi ed italiane (Modena 1717-40, 2 Bde.); Tiraboschi, Memorie storiche Modenesi (das. 1811, 9 Bde.); Roncaglia, Statistica generale degli stati Estensi (das. 1849, 2 Bde.); Scharfenberg, Geschichte des Herzogtums M. und des Herzogtums Ferrara (Mainz 1859); Bianchi, Cronaca Modenese (Parma, bis 1876, 9 Bde.); "Documenti risguardanti il governo degli Austro-Estensi in M." (Modena 1860, 3 Bde.).

Modĕna, Hauptstadt der Provinz und des ehemaligen Herzogtums M., liegt in der Mitte einer weiten, schönen Ebene, zwischen den Flüssen Panaro und Secchia, ist gut gebaut und mit Wällen umgeben, welche meistens in Promenaden umgewandelt sind, und enthält breite, wohlgepflasterte und großenteils mit weiten Bogengängen zu beiden Seiten versehene Straßen. Die schönste derselben ist die Via Emilia, welche die Stadt von W. nach O. in zwei fast gleiche Hälften teilt. Unter den 27 Kirchen der Stadt ist die bemerkenswerteste die 1099 begonnene und 1184 eingeweihte Domkirche San Geminiano, ein romanisches Bauwerk mit edler Fassade und einem berühmten, 96 m hohen Glockenturm (Ghirlandina) aus dem 13. Jahrh. Sehenswerte Kirchen sind außerdem: San Pietro, San Francesco und Sant' Agostino (alle drei mit Skulpturen von Begarelli, letztere auch mit den Grabmälern des Humanisten Sigonius und des Geschichtschreibers Muratori). Der große königliche (früher herzogliche) Palast wurde 1634 erbaut; in der benachbarten Kunstakademie eine vorzügliche Gemäldesammlung mit Werken von Guido Reni, Guercino, den Carracci, Garo-^[folgende Seite]