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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Montalbān; Montalcino; Montalembert; Montalivet

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Montalban - Montalivet.

Montalbān, Bezirksstadt in der span. Provinz Teruel, am Rio Martin, hat ein festes Schloß, eine Großkomturei des Ordens von Santiago und (1878) 1940 Einw. Dabei Steinkohlengruben, Alaunwerke, Marmorbrüche und Mineralquellen.

Montalcino (spr. -tschīno), Stadt in der ital. Provinz Siena, auf einem isolierten, 590 m hohen Kalkberg, mit alten Mauern umgeben, Sitz eines Bischofs, hat ein Stadthaus, eine Kirche mit Fresken und Relief von Robbia, Weinbau (vorzüglichen Muskateller), Mineralquellen und (1881) 2353 Einw.

Montalembert (spr. mongtalangbär), 1) Marc René, Marquis de, franz. Ingenieur, geb. 15. Juli 1714 zu Angoulême, wohnte von 1736 bis 1741 verschiedenen Feldzügen in Italien, Flandern und Deutschland (Belagerungen von Kehl und Philippsburg) bei, schrieb während der folgenden Friedensjahre zahlreiche Abhandlungen für die Akademie, deren Mitglied er 1747 wurde. Auch legte er aus eignen Mitteln Munitionsgießereien in Périgord und Angoumois an, aus denen er die französische Flotte mit eisernen Kanonen und Geschossen versorgte. Während des Siebenjährigen Kriegs war er zwei Jahre französischer Kommissar beiden russischen und schwedischen Truppen, leitete die Befestigung von Anklam und die Verstärkung von Stralsund, wurde später nach den Inseln Aix und Oléron gesandt und befestigte die letztere nach dem von ihm erfundenen System (s. Festung, S. 182). Um das Artilleriewesen machte er sich durch Erfindung der niedrigen Rahmenlafetten verdient. Trotz seines alten Adels war er ein entschiedener Anhänger der Revolution. Er starb 26. März 1800 in Paris. Sein Hauptwerk ist: "La fortification perpendiculaire" (Par. 1776 ff.; neue Aufl., das. 1796, 11 Bde.; teilweise deutsch von Hoyer: "Die Verteidigung stärker als der Angriff", Berl. 1819, 2 Bde.).

2) Charles Forbes de Tryon, Graf von, Vorkämpfer der streng katholischen Interessen, Sohn des französischen Gesandten in Stockholm, Grafen Marc René Anne Marie von M., geb. 29. Mai 1810 zu London, wo sein Vater im Exil lebte, war zuerst Mitarbeiter Lamennais' (s. d.), von dem er sich erst nach den "Worten eines Gläubigen" trennte. Seit 1831 Pair von Frankreich, gab er 1843 durch eine Broschüre über "Die Pflichten der Katholiken" das Signal zum Ausbruch des Kampfes um die Unterrichtsfreiheit, verteidigte 1845 den Jesuitenorden und gründete 1847 den "Ausschuß für Religionsfreiheit". Auch für die Katholiken in Polen, Syrien, Griechenland und der Schweiz erhob er seine beredte Stimme. Am 28. Febr. 1848 erklärte er sich für die Republik Frankreich, nahm in der Nationalversammlung auf der äußersten Rechten Platz und ward nach dem Staatsstreich auch in den Gesetzgebenden Körper gewählt. Seit 1852 Mitglied der Akademie, ist M. einer der Begründer derjenigen Partei, welche, gleichgültig gegen politische Prinzipien, mit den Mitteln der modernen Freiheit in Presse und Vereinsorganisation einzig und allein für die Rechte und die Macht der katholischen Kirche kämpft. Mit um so größerm Schmerz erfüllte es ihn, daß dieselbe, von den von ihm verteidigten Jesuiten verleitet, sich selbst mit Proklamation der päpstlichen Unfehlbarkeit einen "tödlichen Schlag" versetzte. Vergeblich protestierte er gegen die Pläne der Jesuiten und das Dogma in einem Briefe vom 7. März 1870. Er starb 13. März d. J. Unter seinen Schriften nennen wir: "Histoire de sainte Élisabeth de Hongrie" (17. Aufl. 1880; deutsch von Städtler, neue Ausg., Einsiedeln 1880); "Du vandalisme et du catholicisme dans les arts" (1840); "Des intérêts catholiques au XIX. siècle" (1852; deutsch von Reiching, Tübing. 1853); "Les moines d'occident" (4. Aufl. 1874-77, 7 Bde.; deutsch von Brandes, Regensb. 1860-78, 7 Bde.); "Le père Lacordaire" (1861); "Le Pape et la Pologne" (1864). Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien 1861-68 in 9 Bänden. Vgl. Craven, Le comte de M. (Par. 1873); Fridolin Hoffmann, M., der französische O'Connell (Mannh. 1876).

Montalivet (spr. mongtaliwä), 1) Jean Pierre Bachasson, Graf, franz. Staatsmann, geb. 5. Juli 1766 zu Neukirch bei Saargemünd, trat früh in den Militärdienst, studierte dann noch die Rechte und erhielt bereits mit 19 Jahren die Stelle eines Rats am Parlament zu Grenoble. Infolge der Zerwürfnisse der Parlamente mit dem Minister Loménie de Brienne zog er sich nach Valence ins Privatleben zurück. Während der Revolution trat er 1794 in die Armee von Italien. Nach Einsetzung des Direktoriums ward er Maire zu Valence, unter dem Konsulat Präfekt im Departement La Manche, dann des Departements Seine-et-Oise, 1804 Staatsrat, 1806 Direktor der Brücken und Chausseen und 1. Okt. 1809 Minister des Innern. Er führte die großartigen Bauten Napoleons I. aus, unter andern die Siegesbrücke von Jena sowie mehrere Triumphbogen und Kais. Während der Hundert Tage führte er die Verwaltung der Krongüter; nach der zweiten Restauration zog er sich aus dem öffentlichen Leben auf sein Landgut Duberri zurück, trat 1819 in die Pairskammer und zeigte sich in derselben als entschiedenen Verteidiger der konstitutionellen Freiheit. Er starb 23. Jan. 1823 auf dem Landgut Lagrange (Nièvre).

2) Marthe Camille Bachasson, Graf, franz. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 25. April 1801 zu Valence, besuchte die polytechnische Schule und ward 1822 bei der Verwaltung der Brücken und Chausseen angestellt. 1823 gelangte er durch den Tod seines Vaters und seines ältern Bruders zur Pairswürde, die er aber erst von 1826 ab ausüben konnte. Als Mitglied und Sekretär der Gesellschaft Aide-toi, le ciel t'aidera mit den Häuptern der liberalen Partei bekannt geworden, erhielt er nach der Julirevolution im Ministerium Laffitte 3. Nov. 1830 das Portefeuille des Innern. Seine Entschlossenheit rettete die angeklagten Minister Karls X. vor den Wutausbrüchen des Volkes. Am 13. März 1831 erhielt er das Ministerium des Unterrichts, trat aber nach Périers Tod (1832) wieder in seine frühere Stellung zurück. Die blutige Unterdrückung der bei Lamarques Leichenbegängnis ausgebrochenen Unruhen (Juni 1832) und die Erklärung der Hauptstadt in Belagerungszustand machten seine Verwaltung so verhaßt, daß er 11. Okt. 1832 zurücktrat. Der König ernannte ihn darauf zum Intendanten der Zivilliste. Vom Februar bis September 1836 verwaltete er abermals und vom März 1837-39 zum drittenmal das Ministerium des Innern, hierauf wiederum die Intendanz der Zivilliste; er gründete nun das Museum zu Versailles, vergrößerte das Louvre und restaurierte die Schlösser von Fontainebleau, Pau und St.-Cloud. In das Ministerium trat er nicht wieder ein, weil er als aufrichtig Liberaler die Regierung der Doktrinäre für falsch und verderblich hielt. Nach der Februarrevolution 1848 zog er sich ins Privatleben zurück, trat nur hervor, um Ludwig Philipp gegen die gehässigen Angriffe der Bonapartisten zu verteidigen, und starb 4. Jan. 1885 auf seinem Schloß Lagrange (Nièvre), nachdem er 1879 zum Senator gewählt worden war. Er schrieb: "Le roi Louis-Philippe et sa liste civile"