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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Montmorency

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Montmorency (Adelsgeschlecht).

Montmorency (spr. mong-morangssi), altes Adelsgeschlecht in Frankreich und den Niederlanden, das seinen Namen von dem Ort M. bei Paris hat, und dessen Glieder seit 1327 den Titel "erste Barone von Frankreich" führten. Als Stammvater wird Lesbius genannt, welcher von dem heil. Dionysios bekehrt und mit ihm den Märtyrertod gestorben sein soll. Bouchard I. von M., gestorben um 980, war der älteste nachweisbare Besitzer der Baronie M. Matthieu II., mit dem Beinamen "der große Connétable", zeichnete sich unter Philipp II. August schon bei der Eroberung der Normandie 1203, dann in dem Kriege gegen England und Deutschland und vorzüglich in der Schlacht bei Bovines 1214 aus, zwang die Albigenser 1226 zur Unterwerfung und beschützte den unmündigen Sohn König Ludwigs VIII., Ludwig IX. gegen die aufrührerischen Großen im Land. Er starb 24. Nov. 1230. Nach seinem Tod spaltete sich das Haus in zwei Hauptäste, einen ältern der Barone von M. und einen jüngern der M.-Laval. Zu Anfang des 15. Jahrh. ward Jean II. (geb. 1402, gest. 6. Juli 1477) aus ersterm Hauptast wieder Stammvater von drei Linien, indem er seinen Sohn Guillaume (gest. 24. Mai 1531) aus einer zweiten Ehe zum Haupterben einsetzte, während seine beiden Söhne erster Ehe, Jean und Louis, mit den Gütern ihrer Mutter, der Erbin von Nivelle und Fosseux in Brabant, ausgestattet, die Linien Nivelle und Fosseux begründeten. Die Linie Nivelle verpflanzte sich nach den Niederlanden und nahm mit der Hinrichtung des Grafen von Hoorn 1568 durch Alba und der seines Bruders Floris 1570 ein blutiges Ende. Die von Guillaume gegründete Linie der Barone von M. erhielt 1551 durch dessen Sohn Anne de M., einen der größten Feldherren des 16. Jahrh., Pair, Marschall u. Connétable von Frankreich, den Herzogstitel.

Anne de M., geb. 15. März 1492, wurde mit Franz I. erzogen, focht 1515 mit bei Marignano und verteidigte 1521 mit Bayard die Stadt Mézières. In der Schlacht von Bicocca 1522 gewann er den Marschallsstab, ward aber bei Pavia 1525 mit Franz I. gefangen. Früher als dieser frei geworden, bot er in Frankreich alles zur Befreiung des Königs auf und ward dafür von diesem mit dem Gouvernement von Languedoc und dem Titel Grand maître de France belohnt. Bei der Wiederaufnahme des Kampfes 1536 eilte er Karl V. mit 60,000 Mann entgegen und erfocht den glänzenden Sieg bei Susa. Mit gleichem Glücke kommandierte er in der Picardie und in Piemont und wurde 1538 zum Connétable erhoben. Durch seine nahen Beziehungen zu dem Dauphin Heinrich dem König verdächtig geworden, mußte er seit 1541 bis zur Thronbesteigung Heinrichs II. (1547) den Hof meiden, ward aber von diesem sogleich zurückgerufen und in seine frühern Würden wieder eingesetzt. Bei seinem Versuch (1557), das von den Spaniern belagerte St.-Quentin zu entsetzen, verlor er die nach diesem Ort genannte Schlacht, fiel selbst in die Hände der Feinde und setzte, um seine Befreiung zu beschleunigen, den unvorteilhaften Frieden von Câteau-Cambresis durch, der ihn um das Vertrauen Franz' II. brachte; dagegen genoß er wieder die Gunst Karls IX. Nach dem berüchtigten Triumvirat, das er mit dem Herzog von Guise und dem Marschall Saint-André geschlossen hatte, lieferte er dem Prinzen Condé das Treffen von Dreux (1562), worin er gefangen wurde. Schon 1563 wieder freigelassen, vertrieb er die Engländer von Havre und schlug Condé 1567 bei St.-Denis. Er starb an den in dieser Schlacht erhaltenen Wunden 11. Nov. 1567 in Paris. Vgl. Decrue, Anne de M., grand-maître et connétable de France (Par. 1885).

Anne de M. hinterließ fünf Söhne, von denen sich namentlich zwei bekannt machten: François von M., geb. 17. Juli 1530, der Günstling der Maria Stuart, unter Heinrich III. Marschall von Frankreich, gest. 15. Mai 1579 (vgl. Ruble, François de M., Par. 1880), und Henri I., geb. 15. Juni 1544, Connétable von Frankreich, bekämpfte erst tapfer die Hugenotten, trat, von den Guisen gehaßt und verfolgt, an die Spitze der Partei der Politiker und wurde treuer Anhänger Heinrichs IV., der ihn 1595 zum Connétable erhob; starb 2. April 1614. Der Sohn des letztgenannten, Henri II., Herzog von M., geb. 30. April 1595 zu Chantilly, ward von Ludwig XIII. schon im 17. Jahr zum Admiral ernannt, entriß 1625 den Verteidigern von La Rochelle die Inseln Ré und Oléron, focht glücklich in Piemont und nahm den General Doria 1630 gefangen. Er erhielt für diesen Sieg den Marschallsstab, schloß sich aber dann an den Herzog Gaston von Orléans an und erhob für ihn in Languedoc die Waffen. Richelieu erklärte ihn darauf für einen Majestätsverbrecher, und der Marschall Schomberg lieferte den Aufrührern 1. Sept. 1632 bei Castelnaudary ein Treffen, in dem M. verwundet und gefangen wurde. Das Parlament zu Toulouse sprach das Todesurteil über ihn aus, welches 30. Okt. d. J. in dieser Stadt vollzogen ward. Mit ihm erlosch die direkte Linie der M. Seine Güter erbte, da er kinderlos war, seine Schwester, die Gemahlin Heinrichs II. von Bourbon-Condé. Die Linie M.-Fosseux erlosch im direkten Mannesstamm 18. Aug. 1862 mit Anne Louis Raoul Victor, Herzog von M., geb. 14. Dez. 1790.

Der namhafteste unter den zahlreichen, jetzt aber sämtlich ausgestorbenen Nebenzweigen der Marquis von M.-Fosseux ist der der Herzöge von Luxembourg, welchem der berühmte Marschall von Luxembourg (s. d.) angehört; letzterer Zweig starb erst 5. März 1861 mit Charles Emanuel Siegmund von M., Herzog von Luxembourg, ehemaligem französischen Generalleutnant, aus. Die Nebenlinie Beaumont-Luxembourg erlosch 15. Jan. 1878 mit Edouard, Herzog von Beaumont, Fürst von Luxemburg. Dem 1230 von Gui von M. gestifteten Haus M.-Laval, das 1822 die herzogliche Würde erhielt und sich wiederum mehrfach spaltete, gehörten an: Matthieu Jean Félicité, Herzog von Laval-M., geb. 10. Juli 1766 zu Paris, kämpfte in dem nordamerikanischen Freiheitskrieg und stieg bis zum General empor. Beim Ausbruch der Revolution vertrat er in der Assemblée constituante als Abgeordneter des Adels von Montfort l'Amaury die Idee des Fortschritts, beantragte 4. Aug. 1789 die Abschaffung der Adelsprivilegien und diente, als die fremden Mächte Frankreich angriffen, unter dem Marschall Luckner. Die Ereignisse von 1793 bewogen ihn jedoch, in die Schweiz zu fliehen. Nach dem Sturz der Schreckensherrschaft kehrte er nach Frankreich zurück, nahm aber weder unter dem Direktorium noch unter Napoleon ein öffentliches Amt an. 1814 wurde er Adjutant des Grafen von Artois, geleitete 1815 die Herzogin von Angoulême nach Bordeaux und London und begab sich zu Ludwig XVIII. nach Gent. Am 17. Aug. 1815 erfolgte seine Erhebung zum Pair, 24. Dez. 1821 zum Minister des Auswärtigen und bald darauf zum Präsidenten des Kabinetts. Als Gesandter wohnte er 1822 dem Kongreß in Verona bei und betrieb 1823 die Intervention in Spanien. Doch