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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Morelly; Morēlos; Morelschiki; Mören

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Morelly - Mören.

1778 zum Bibliothekar an der St. Markuskirche ernannt. In dieser Stellung bekundete er seinen kritischen Scharfsinn und sein umfassendes Wissen namentlich durch seine "Bibliotheca manuscripta graeca et latina" (Bassano 1802, Bd. 1). Seine letzte Schrift waren die "Epistolae septem variae eruditionis" (Pad. 1819). Er starb 5. Mai 1819. Seine "Operette" erschienen gesammelt in 3 Bänden (Vened. 1820).

2) Giovanni, ital. Kunstforscher und Staatsmann, geb. 25. Febr. 1816 zu Verona, wurde anfangs in Bergamo, dann in Aarau (Schweiz) unterrichtet, wo er deutsche Bildung genoß und für die Universitätsstudien vorbereitet wurde. In München widmete er sich sodann zunächst den Naturwissenschaften, der Physiologie und der Anatomie, wurde zugleich aber durch die Bekanntschaft mit dem Maler Genelli für die Kunst interessiert. Nach einem halbjährigen Aufenthalt in Erlangen und einem Besuch in Berlin, wo er Waagen kennen lernte, ging er 1838 zu Agassiz nach Neuchâtel, an dessen Untersuchungen über Bau und Bewegung der Gletscher er teilnahm. Seine weitere Ausbildung erhielt er in Paris und Siena und durch häufige Reisen in seinem Vaterland, welche ihn zu Manzoni, Gino Capponi und andern hervorragenden Männern Italiens in Beziehung brachten. Durch seine Reisen wurde aber auch sein Kunstinteresse lebhaft gefördert. Das Jahr 1848 veranlaßte ihn auch zu einer politischen Thätigkeit, die jedoch einen schnellen Abschluß fand, und die er erst wieder aufnahm, als er 1859 von der piemontesischen Regierung zum Kommandanten der Nationalgarde in Magenta ernannt wurde. 1860-1870 war er Deputierter für Bergamo, und 1873 wurde er Senator des Königreichs Italien. Die reichen kunstkritischen Kenntnisse, welche sich M. auf seinen Reisen erworben, hat er zuerst in Aufsätzen niedergelegt, die 1874-76 in der "Zeitschr. für bildende Kunst" unter dem Pseudonym Iwan Lermolieff erschienen. Sein neues kritisches, auf empirischen Grundsätzen ruhendes Verfahren, das man als "Kennzeichenlehre" bezeichnet, faßte er zusammen in dem grundlegenden Buch "Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden u. Berlin" (Lpz. 1880).

Morelly, N., franz. Publizist des 18. Jahrh., geboren zu Vitry le François, im übrigen seinen Lebensverhältnissen nach ganz unbekannt. Er war der Verfasser mehrerer Schriften moralphilosophischen und sozialpolitischen Inhalts, die großes Aufsehen erregten und ihm heftige Angriffe zuzogen. Die hauptsächlichsten sind: "Le prince; les delices du cœur, ou traité des qualités d'un grand roi etc." (Amsterd. 1751, 2 Bde.), die Schilderung eines Fürsten, der sein Volk durch Verwirklichung philosophischer Ideen glücklich macht, und "Naufrage des îles flottantes, ou la Basiliade" (angeblich Messina 1753, 3 Bde.), ein Heldengedicht in 14 Gesängen (Prosa), welches das Glück eines nicht durch politische, sondern durch die Gesetze der Natur regierten Volkes verherrlicht, wobei die Vorurteile, welche dem Glück der Menschheit hindernd entgegenstehen, als die "îles flottantes" bezeichnet werden. Als drittes kommt "Le code de la nature" (Amsterd. 1755; neue Ausg. von Villegardelle, Par. 1841) hinzu, ein früher irrtümlich Diderot beigelegtes Werk, das den vollendeten Kommunismus predigt. Andre Schriften, wie "Essai sur l'esprit humain" (1743), "Essai sur le cœur humain" (1745), "Physique de la beauté" (1748), die gleichfalls große Anfechtungen erlitten, werden von einigen dem Vater des Autors zugeschrieben.

Morēlos, Binnenstaat der Republik Mexiko, südlich von Mexiko, liegt am Abhang des Plateaus von Anahuac und hat ein Areal von 4274 qkm (77,6 QM.) mit (1882) 141,565 Bewohnern. Im nordöstlichen Winkel des Staats erhebt sich der Popocatepetl (5420 m). Die Thäler sind fruchtbar, mit tropischem Klima. Angebaut werden vornehmlich: Mais, Zuckerrohr, Reis und Kaffee, und sämtliche landwirtschaftliche Produkte hatten 1878 einen Wert von 4,838,825 Pesos. Bergbau wird fast gar nicht betrieben, obgleich Silber und andre Metalle vorkommen und der Staat auch reich an Marmor, Alabaster und Jaspis ist. Hauptstadt ist Cuernavaca.

Morelschiki, s. Raskolniken.

Mören (griech. Moirai, bekannter unter dem lat. Namen Parcae, Parzen), in der alten Mythologie die Schicksalsgöttinnen, die jedem sein Geschick zuteilen. Bei Homer ist Moira das personifizierte Verhängnis, welches dem Menschen von seiner Geburt an nach dem Ratschluß der Götter beschieden ist. Hesiod kennt der M. drei: Klotho (Spinnerin), welche den Lebensfaden spinnt, Lachesis (Erlosung), welche seine Länge bestimmt, Atropos (die Unabwendbare), welche ihn abschneidet. Ihre Abstammung ist eine doppelte, insofern sie mit den Keren Töchter der Nacht sind, dunkle, unerforschliche Schicksalsmächte, die den Menschen Gutes und Böses geben, und dann Töchter des Zeus und der Themis, als welche sie teil an der Bestimmung der menschlichen Schicksale haben. Im übrigen ist ihre Auffassung bei den verschiedenen Dichtern eine verschiedene und schwankende. Besonders ihr Machtverhältnis

^[Abb.: Die Mören (Parzen). Relief in Tegel.]