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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mühlfeld; Mühlhausen

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Mühlfeld - Mühlhausen.

Sekretär beigegeben; damals gab er auch eine "Geschichte der evangelischen Kirchenverfassung in der Mark Brandenburg" (Weim. 1846) heraus. 1842 wurde er Regierungsrat, 1846 vortragender Rat im Kultusministerium, 1849 Mitglied des Oberkirchenrats. An der Begründung des Geschäftskreises und der Wirksamkeit dieser neuen Behörde nahm er eifrigen Anteil. Zugleich bildete sich aber in ihm unter dem Einfluß seiner ehrgeizigen, frömmelnden Gattin Adelheid, geborne v. Goßler, eine Hinneigung zum Pietismus aus, welche seine liebenswürdigen Eigenschaften, Geist, Gemüt und gesellige Talente, wie sie seine "Gedichte" (Berl. 1842; 2. Aufl., Jena 1879) bekunden, unterdrückte, ohne ihm Selbständigkeit u. energische Thatkraft zu verleihen. Als er daher 18. März 1862 im Ministerium Hohenlohe das Ministerium der geistlichen Unterrichts- u. Medizinalangelegenheiten übernahm, das er auch unter Bismarck (September 1862) behielt, zeigte er sich seiner Stellung nicht gewachsen. Zwar fehlte es ihm, als gewandtem Juristen, nicht an der Gabe, mit wohlgebildeten Phrasen über die Pflichten der von Gott eingesetzten Regierung den ebenfalls vagen Angriffen der Opposition entgegenzutreten; aber in der eigentlichen Verwaltung seines Amtes that er im wesentlichen nichts, ging der Entscheidung aller Prinzipienfragen aus dem Weg, kam den Anforderungen der kirchlichen Behörden in geradezu verderblicher Weise entgegen und gestattete seiner Frau in wichtigen Dingen entscheidenden Einfluß. So wirkte seine Amtsführung in vielen Beziehungen schädlich. Weder die evangelische Kirchenverfassung noch ein Unterrichtsgesetz wurden in den zehn Jahren seines Ministeriums zu stande gebracht. Immer größer wurde die Mißstimmung gegen ihn, die durch seine schwächlichen Versuche, nach dem Vatikanum der katholischen Hierarchie entgegenzutreten, nicht beschwichtigt wurde. Endlich (im Januar 1872) wurde seine Entlassung vom König genehmigt. Nachdem derselbe in der Zeit seiner Muße noch ein System seiner pietistischen Anschauungen zusammengestellt ("Grundlinien einer Philosophie der Staats- und Rechtslehre nach evangelischen Prinzipien", Berl. 1873) hatte, starb er plötzlich 2. April 1874 in Potsdam.

Mühlfeld, Eugen Megerle, Edler von, österreich. Staatsmann, geb. 1810 zu Wien, studierte in seiner Vaterstadt die Rechte, war sodann eine Zeitlang Supplent der Philologie an der Wiener Hochschule und wurde im Anfang der 40er Jahre Advokat. Als solcher erlangte er bald einen bedeutenden Ruf und wurde 1848 als Vertreter von Wien in die Frankfurter Nationalversammlung gesandt. Entschieden liberal gesinnt, stand er zu Giskra in einem besonders nahen Verhältnis. 1849 nach Wien zurückgekehrt, widmete er sich wieder der Advokatur und erwarb sich den Namen eines äußerst geschickten, erfolgreichen Verteidigers. 1861 von der innern Stadt Wien in den niederösterreichischen Landtag gewählt und von diesem in den Reichsrat deputiert, zählte er zu den hervorragendsten Führern des Liberalismus und der sogen. großösterreichischen Partei. Wie er schon 1861 bis 1862 als Referent des Ausschusses für konfessionelle Angelegenheiten Religionsfreiheit und Unabhängigkeit der staatlichen Rechte von dem religiösen Bekenntnis befürwortete, so wirkte er bis in die letzte Zeit mit aller Entschiedenheit für Aufhebung des Konkordats. Als politischer Parteiführer und Redner kamen M. die Klarheit und Folgerichtigkeit seines Geistes trefflich zu statten; leider ward indes seine öffentliche Wirksamkeit einigermaßen beeinträchtigt durch die zerrütteten Privatverhältnisse, in denen er lebte. Längere Zeit leidend, starb M. 24. Mai 1868 in Wien. An seinem Begräbnistag (26. Mai) wurden die freisinnigen konfessionellen Gesetze publiziert.

Mühlhausen, 1) M. in Thüringen, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Erfurt, ehemals freie Reichsstadt, an der Unstrut und der Linie Gotha-Leinefelde der Preußischen Staatsbahn, 206 m ü. M., hat 5 Vorstädte, 7 Thore, 4 evang. Kirchen (darunter die fünfschiffige Marien- oder Frauenkirche aus dem 14. Jahrh. und die Blasiuskirche aus dem 12. Jahrh., mit alten Glasmalereien), eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein altertümliches Rathaus, ein Theater, ein Waisenhaus etc. und 1885 mit der Garnison (3 Eskadrons Ulanen Nr. 6) 25,141 meist evang. Einwohner, welche Fabrikation von wollenen, halb- und baumwollenen Stoffen, von Strumpfwaren, Näh- und Stickmaschinen, Holzwaren und Möbeln, Leder, Leim, Kesseln und Bierapparaten, Wollgarnspinnerei, Färberei, Bierbrauerei etc. betreiben. Der Handel, besonders lebhaft in Getreide, Handelsfrüchten (Anis, Koriander etc.), Gartenerzeugnissen, Vieh, Wolle etc., wird durch eine Handelskammer, eine Reichsbanknebenstelle und 3 andre Bankinstitute unterstützt. M. ist Sitz eines Amtsgerichts und hat ein Gymnasium, ein Realprogymnasium und eine Musikschule. - M., ursprünglich ein königliches Kammergut, erhielt zu Anfang des 13. Jahrh. Stadtrecht und dann Münz- und Zollrecht. Gegen die Burg, auf der ein königlicher Burggraf waltete, schloß sich die Stadt um die Mitte des 13. Jahrh. durch Mauern ab. 1251 erhielt sie das Recht, den Schultheißen zu ernennen, und wurde dadurch freie Reichsstadt, wenn auch jenes Amt noch im 14. Jahrh. eine Zeitlang an den Fürsten von Henneberg verpfändet war. Inzwischen hatte auch die Burggrafschaft ihr Ende erreicht, und ihre Befugnisse wurden von der Stadt erworben. Unter Karl IV. erhielten die Zünfte Vertretung im Rat. Aus den Stürmen des Bauernkriegs, während dessen Thomas Münzer M. zum Schauplatz seiner Agitation machte, rettete die Stadt ihre damals sehr bedrohte Freiheit und nahm erst 1556 die Reformation an. Durch den Ankauf der Liegenschaften des Deutschen Ritterordens (1599) erwarb die Stadt einen großen Grundbesitz (im ganzen 220 qkm). Auf dem Fürstentag zu M. (März 1620) gab der Kurfürst von Sachsen die Sache der Union preis und erklärte sich mit den rheinischen Erzbischöfen für den Kaiser. 1802 kam M. an Preußen, 1807 an Westfalen und 1815 abermals an Preußen. Vgl. Herquet, Urkundenbuch der ehemaligen freien Reichsstadt M. (Halle 1874); Pfaff, Chronik der Stadt M. in Thüringen (Nordhaus. 1874); Stephan, Verfassungsgeschichte der Reichsstadt M. (Sondersh. 1886 ff.). - 2) M. in Ostpreußen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, Kreis Preußisch-Holland, an der Linie Dirschau-Seepothen der Preußischen Staatsbahn, 45 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, Bierbrauerei, Töpferei, Gerberei, eine Dampfschneidemühle, Holzhandel und (1885) 2439 meist evang. Einwohner. - 3) M. (tschechisch Milevsko), Stadt im südlichen Böhmen, an der Staatsbahnlinie Tabor-Pisek, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine Dekaneikirche, Bierbrauerei, Spiritusfabri-^[folgende Seite]

^[Abb.: Wappen von Mühlhausen i. Th.]