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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Münzwesen

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Münzwesen (Allgemeines, Herstellung).

besorgt den Ankauf des Metalls und zahlt an die Münzstätten, welche Landesanstalten sind, für das Pfund Feingold bei den 20-Markstücken 3 Mk., 10-Markstücken 6 Mk., 5-Markstücken 8 Mk. Dann zahlt es in Prozenten vom Wert bei Silbermünzen: 5 Markstücken 0,75, 2-Markstücken 1,5, 1-Markstücken 1,75, 50-Pfennigstücken 2,5, 20-Pfennigstücken 4 Proz.; bei Nickelmünzen: 20-Pfennigstücken 1,5, 10 Pfennigstücken 3, 5-Pfennigstücken 6 Proz.; bei Kupfermünzen: 2-Pfennigstücken 15, 1-Pfennigstücken 30 Proz. Das Format der Münzen ist nicht nur durch die Rücksichten auf den Gebrauch, sondern auch durch die Abnutzung, welche mit der Oberfläche wächst, bedingt. Die Abnutzung beträgt im Jahr bei deutschen Doppelthalern (Feingehalt 0,900) 0,0107 Proz., bei preußischen Thalern vor 1857 (Feingehalt 0,750) 0,0242 Proz., bei englischen Sovereigns (Feingehalt 0,916 Gold) 0,0325 Proz. Nach neuern Wägungen kann man bei ältern, frei geprägten großen Silbermünzen pro 100 Jahre Umlaufszeit eine Abnutzung von 1 Proz. annehmen, während dieselbe bei im Ringe geprägten Münzen größer ist und bei kleiner Scheidemünze das Zehn- und Zwanzigfache erreicht. Untersuchungen von Soetbeer lassen es wahrscheinlich erscheinen, daß sich unsre Doppelkronen jährlich 0,0904, die Kronen 0,2026 pro Mille abnutzen und demnach 50 und 25 Jahre Umlaufszeit gebrauchen, um unter das Passiergewicht (5 Tausendstel unter dem Normalgewicht) zu sinken. Das Gepräge der Münze soll die Garantie eines bestimmten Feingehalts ausdrücken, den Nennwert bezeichnen und die Oberfläche vor betrügerischem Wegnehmen von Metall schützen. Man unterscheidet Avers (Vorder-, Kopf-, Bild-, Hauptseite) und Revers (Rück-, Kehr-, Wappen-, Schriftseite); erstere zeigt in der Regel das Bild des Landesherrn, letztere das Wappen, und eine oder beide Seiten zeigen eine Umschrift, die Legende. Außerdem findet sich auf einer Seite der Münzbuchstabe, durch welchen die Münzstätte bezeichnet wird, z. B. auf deutschen Münzen A = Berlin, B = Hannover, C = Frankfurt, D = München, E = Dresden, F = Stuttgart, G = Karlsruhe, H = Darmstadt, J = Hamburg. Der Rand der Münzen, bei den neuern, im Ringe geprägten Stücken mit rein ausgebildeten Kanten, besitzt einen beim Prägen aufgeworfenen schmalen Reif, das Stäbchen, über welches kein Teil des Gepräges hinausragen darf, und wird, wenn irgend thunlich, mit einer Rändelung versehen, d. h. mit einem Gepräge (Schrift oder figürlicher Verzierung) im Relief (hoher Rand) oder gewöhnlicher einwärts gehend (vertiefter Rand), welches die Münzen am besten vor Abfeilen etc. schützt. In den meisten neuern Münzgesetzen ist der Feingehalt (Korn) der Münzen in Tausendsteln des Bruttogewichts ausgedrückt und beträgt meist 900 Tausendstel, so daß also das Zusatzmetall 100 Tausendstel beträgt. Bei den brasilischen, englischen, portugiesischen, russischen, türkischen und den vor 1834 geprägten nordamerikanischen Goldmünzen ist der gesetzliche Feingehalt 11/12 oder 916 2/3 Tausendstel des Bruttogewichts.

Herstellung der Münzen.

(Vgl. beifolgende Tafel "Münzwesen")

Zur Herstellung der Münzen schmelzt man das Metall in Graphit-, Silber bei großem Betrieb auch wohl in guß- oder schmiedeeisernen Tiegeln und hält es mit Kohlenpulver bedeckt, um einer Oxydation des Kupfers und dadurch einer Veränderung des Korns vorzubeugen. Ist nach 3-12 Stunden die Schmelzung erreicht, so rührt man mit einem Eisenstab um, nimmt eine Schöpfprobe zur Prüfung des Gehalts und gießt das Metall in Sand- oder besser in eiserne Formen zu Stäben (Zainen) von 40-60 cm Länge, 4-8 mm Dicke und dem Durchmesser der verlangten Münzsorte entsprechender Breite. Man schöpft das Metall in die Formen, wendet aber auch Gießmaschinen an, bei denen der Tiegel durch einen Kran aus dem Ofen geholt und durch ein Räderwerk entsprechend geneigt wird, während die auf einer rotierenden kreisförmigen Scheibe angebrachten Formen sich nach dem Erstarren des Metalls automatisch öffnen, den Zain fallen lassen und sich wieder schließen, sobald sie von neuem unter den Tiegel gelangen. Die erhaltenen Zaine werden nun zwischen den glatten Walzen des Zainwalzwerks aus Hartguß oder Stahl gestreckt, um ihnen die genaue Dicke der Münzen zu geben. Das Walzen geschieht kalt, doch muß immer nach ein- oder zweimaliger Streckung ein Ausglühen unter Abschluß der Luft vorgenommen werden, da das Metall durch das Strecken hart wird. Das zur Vollendung der Streifen benutzte Walzwerk muß mit großer Genauigkeit arbeiten, da die endgültige Dicke für die Platten gleichzeitig das Gewicht bestimmt. Bei einem solchen Fertigwalzwerk (s. Taf., Fig. 3) liegen die Lager der Oberwalze a fest, während die der Unterwalze b auf zwei schlanken Stahlkeilen e ruhen, welche gleichmäßig durch Umdrehung zweier Schrauben f angezogen werden, die durch Schraubenräder von einer einzigen Welle g aus bewegt werden. Die Zaine zu Goldmünzen pflegt man neuerdings ohne alles Glühen zu strecken.

Die Herstellung der Münzplatten aus den fertigen und nochmals ausgeglühten Zainen erfolgt nunmehr auf einem gewöhnlichen Durchstoß, in welchem sich ein Stempel auf und ab bewegt. Derselbe trifft gegen Ende seiner Abwärtsbewegung auf den Metallstreifen und drückt ein seinem Querschnitt entsprechendes Stück durch die darunter befindliche gleichgroße Lochscheibe. Das Vorwärtsschieben der Zaine erfolgt nach jedem Schnitte durch die Hand des Arbeiters; doch ist eine Einrichtung getroffen, daß der Vorschub ein genau begrenzter wird, damit einerseits dem Entstehen unvollständiger Münzen durch zu kurzen, anderseits dem Entstehen zu großer Zwischenräume durch zu langen Vorschub vorgebeugt werde. Der Abfall (die Schroten) beträgt ohnehin mindestens ¼ des ganzen Gewichts und wird wieder eingeschmolzen. Die erhaltenen Münzplatten zeigen das verlangte Gewicht selten mit vollkommener Schärfe und werden deshalb justiert. Der wichtigste Teil dieser Arbeit besteht in der Prüfung des Gewichts der Münzplatten mittels freier Wagen (Justierwagen), welche durch gute Arretiervorrichtungen ein ziemlich rasches Arbeiten gestatten. Die Platten, deren Gewicht sich als zu leicht herausstellt, werden wieder eingeschmolzen; die innerhalb der Toleranzgrenzen liegenden zu leichten oder zu schweren bleiben unbearbeitet, während die zu schweren durch Befeilen oder Beschaben nachträglich berichtigt werden. Große Übung ermöglicht es den Justierern, gleich das erste Mal genau die richtige Menge Material wegzunehmen, so daß ein mehrmaliges Wägen erspart bleibt. Immerhin ist aber das Justieren eine sehr zeitraubende u. viele Menschenkräfte in Anspruch nehmende Arbeit. Deshalb benutzt man jetzt gewöhnlich automatische Justierwagen (s. Tafel, Fig. 6). Die zu wägenden Münzen werden in den Kocher B gelegt und fallen durch ihr eignes Gewicht eine nach der andern auf ein Tischchen, um von diesem durch einen Schieber C auf die Platte A der Wage geschoben zu werden, welche bei P das Münz-^[folgende Seite]