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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Mutterbänder - Mutterkuchen.

des Vaters. Erstere stehen nur zu der M., nicht, wie die ehelichen, zu ihrem Erzeuger und Vater in einem Familien- und Verwandtschaftsverhältnis. Vgl. Zmigrodzki, Die M. bei den Völkern des arischen Stammes (Münch. 1886), und Art. Mutterrecht. - M. ist außerdem s. v. w. Gebärmutter; in der Technik s. v. w. Schraubenmutter.

Mutterbänder, s. Gebärmutter.

Muttergottesbild, s. v. w. Madonnenbild.

Muttergut (Bona materna), die von der Mutter oder von den mütterlichen Verwandten erworbenen Gegenstände, deren Eigentum dem Hauskind, während die Nutznießung daran dem Hausvater zusteht. Der Unterschied zwischen väterlichem Vermögen (Bona paterna) und M. ist im deutschen Erbrecht von Wichtigkeit, indem nach manchen Partikularrechten ein sogen. Fallrecht (Jus recadentiae) eintritt, wenn es sich um das Erbrecht halbbürtiger Geschwister handelt. Dasselbe besteht darin, daß die Geschwister, welchen der Vater gemeinsam ist (Consanguinei), das Vatergut erwerben, während die durch die gemeinsame Mutter Verbundenen (Uterini) das M. erhalten. Auch kommt hier und da ein Fallrecht in der Weise vor, daß bei dem kinderlosen Ableben der Ehegatten das Vermögen der letztern sich zweit und in die Linien zurückgeht, aus denen es herstammt (paterna paternis, materna maternis).

Mutterhalter (Mutterkranz, Pessarium), mechanische Vorrichtung, deren man sich bedient, um die Gebärmutter in normaler Lage zu erhalten, besteht in einem rundlichen, ovalen oder cylindrischen, meist elastischen Körper, welcher in die Mutterscheide eingeführt wird (vgl. Gebärmutter). Sofern der M. den Muttermund verschließt, kann er auch dazu dienen, eine Befruchtung zu verhindern.

Mutterharz, s. Galbanum.

Mutterhefe, s. Kunsthefe.

Mutterhering, s. Alse.

Mutterkirche, die von einem Apostel gestiftete Gemeinde; dann s. v. w. älteste Landeskirche und s. v. w. Metropolitan- oder Kathedralkirche; auch die Hauptkirche eines Kirchspiels, im Gegensatz zu Filialkirchen (Tochterkirchen).

Mutterkorn (Secale cornutum), Pflanzenkrankheit, wird durch einen zwischen den Spelzen von Roggen, Gerste, Weizen und zahlreichen Gräsern wachsenden, walzenförmigen, etwas gekrümmten, schwarzvioletten, inwendig weißen Körper, das Sklerotium eines Schmarotzerpilzes, Claviceps purpurea Tul., hervorgerufen (s. Tafel "Pflanzenkrankheiten", Fig. 18 bis 23). Sein Mycelium findet sich nur im Fruchtknoten der jungen Blüte, welcher dadurch frühzeitig zerstört wird, so daß an seiner Stelle zunächst ein schmutzig weißer, weicher, an der Oberfläche durch ganz unregelmäßig gewundene Furchen unebener Pilzkörper (Fig. 19 a) entsteht, dessen peripherische Fäden ovale, farblose Sporen (Konidien) abschnüren, welche in einer von dem Pilz abgeschiedenen, süß schmeckenden, milchartig getrübten Flüssigkeit in sehr großer Menge enthalten sind und mit derselben weiter verbreitet werden; denn dieselbe dringt zwischen den Spelzen hervor, tropft ab und stellt den sogen. Honigtau im Getreide dar, welcher hiernach der Vorläufer des Mutterkorns ist. Dieser Pilz bildet die erste Generation der C. purpurea; er wurde früher für einen selbständigen Pilz, Sphacella segetum Lév. (Fig. 20), gehalten. Im Grunde der Sphacelia entwickelt sich aus besondern Myceliumästen desselben das eigentliche M., welches durch Umbildung neuer Myceliumfäden zu immer größerer Länge auswächst und endlich, wenn es zwischen den Spelzen hervortritt, die alsdann vergehende Sphacelia als ein helles Mützchen auf seiner Spitze trägt. Es besteht aus einem Pseudoparenchym, dessen unregelmäßig polygonale Zellen fest miteinander verwachsen sind und an der Peripherie des Körpers dunkelviolette, übrigens farblose Membranen besitzen. Das M. ist ein Ruhezustand des Myceliums (Sklerotium), für den Pilz ungefähr dasselbe wie die Knollen für die Kartoffelpflanze. Gerät das Sklerotium auf oder in feuchten Boden, so läßt es Ende Mai und Anfang Juni des folgenden Jahrs kugelige, rote, gestielte Köpfchen (Fig. 21 und 21 a im Längsschnitt) hervorwachsen, in deren Peripherie die zahlreichen Perithecien (Fig. 22) mit ihren Sporenschläuchen eingesenkt sind. Aus den frei stehenden Mündungen (Fig. 23 A) derselben werden die fadenförmigen Sporen (Fig. 23 B) ausgestoßen, sobald sie ihre Reife erlangt haben. Durch Infektion gesunder Roggenblüten mit den Sporen des Schmarotzers entsteht M., indem dieselben daselbst keimen und zu dem Mycelium sich entwickeln, und zwar bringen die im Frühjahr von den auf der Erde liegenden fruktifizierenden Mutterkörnern stammenden Sporen die ersten Anfänge der Krankheit hervor, während die ungemein rasch keimenden Konidien der Sphacella, wenn sie durch Regen oder Insekten auf gesunde Ähren gelangen, die unmittelbare Verbreitung des Übels auf demselben Feld bewirken. Man kann der Krankheit nur vorbeugen, wenn man kein mit M. verunreinigtes Saatgut verwendet, durch zeitiges Abmähen an M. reicher Felder oder durch Absammeln der Mutterkörner das Ausfallen derselben in den Boden verhindert, durch Sorge für ein gleichmäßiges Aufgehen und Entwickeln der Saat die Zeit der Ansteckbarkeit durch die Konidien möglichst abkürzt und solche wild wachsende Gräser, welche häufig von M. heimgesucht sind, aus der Nähe der Felder, besonders von den Rainen, fern hält. Das M. wirkt in größern Dosen scharf narkotisch. Der fortgesetzte Genuß von Brot, welches mit M. verunreinigt ist, hat in Gegenden, wo der Roggen stark daran leidet, zu allgemeinen eigentümlichen Krankheiten der Bevölkerung (s. Kriebelkrankheit und Antoniusfeuer) Veranlassung gegeben. Man entdeckt das M. im Mehl durch alkalisches Wasser, welches dadurch violett, bei Säurezusatz rot gefärbt wird, oder an dem Geruch nach Heringen beim Erwärmen des Mehls oder Brots mit Kalilauge. Man benutzt M. auch als Arzneimittel, namentlich wegen seiner kräftig zusammenziehenden Wirkung auf die Gebärmutter. Der wirksame Bestandteil sind zwei Alkaloide, Ergotin und Ekbolin; außerdem enthält es ca. 25 Proz. fettes Öl und eine eigentümliche Zuckerart (Mykose). Über die Entwickelung des Mutterkorns vgl. Tulasne, L'ergot des glumacées ("Ann. des sc. nat.", Ser. 3, Bd. 20); Kühn, Die Entwickelung etc. des Mutterkorns (Halle 1863); Kobert, Bestandteile und Wirkungen des Mutterkorns (Leipz. 1884).

Mutterkrankheit, s. Hysterie.

Mutterkranz, s. Mutterhalter.

Mutterkraut, s. Artemisia, Glaux, Melissa, Pyrethrum.

Mutterkuchen (Placenta, Fruchtkuchen), dasjenige Organ, durch welches der Embryo im Mutterleib mit dem Uterus (Gebärmutter) in Zusammenhang steht. Bei den lebendiggebärenden Haifischen bilden sich auf dem blutgefäßreichen Dottersack (s. d.) zottige Vorsprünge, welche in die Schleimhaut der Gebärmutter eingreifen und so eine Verbindung mit dem Muttertier bewirken. Bei den Säugetieren ist