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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Nabopolassar - Nachbarrecht.

den Thron erhoben, vollendete die Flußmauern in Babylon, wurde 538 von Kyros besiegt und bei der Einnahme von Babylon getötet.

Nabopolassar, König von Babylonien, machte sich nach dem Tode des assyrischen Königs Assurbanipal (626 v. Chr.) zum unabhängigen Herrscher des Landes, verbündete sich, um das assyrische Reich zu stürzen, mit Kyaxares von Medien, dessen Krieg mit Lydien er 610 durch friedliche Vermittelung beendete, und begann 609 den Kampf, der 606 mit der Einnahme Ninives und dem Untergang der Assyrer endete. Mesopotamien fiel dem neuen babylonischen Reich zu, das N. begründete. Er starb 605 und hinterließ das Reich seinem größern Sohne, Nebukadnezar I.

Nabothseier, s. Gebärmutter.

Nabŭlus (Nablus), Hauptort eines Liwa im asiatisch-türk. Wilajet Scham oder Surija (Syrien), liegt in einem baum- und gartenreichen Thal, zwischen Ebal und Garizim, 570 m ü. M., hat 5 Moscheen (darunter die große Dschâmi el Kebir, ursprünglich Kreuzfahrerkirche), sehr enge und krumme Straßen, Handel in Wolle und Baumwolle (mit dem Ostjordanland), zahlreiche Seifenfabriken und etwa 13,000 Einw. (worunter 130 Samaritaner, einige Juden und 600 Christen). N. ist das alte Sichem (s. d.) und hieß zur Römerzeit nach seinem Wiederhersteller Titus Flavius Vespasianus Flavia Neapolis (woraus korrumpiert N.).

Nabwondreb-Ebene, Einsenkung zwischen dem nordwestlichsten Teil des Böhmerwaldes und dem Fichtelgebirge, im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, deren nördlichen Teil die Wondreb (zur Eger) und deren südlichen Teil die Waldnab durchfließt.

Nacahuita, s. v. w. Anacahuitholz.

Nachahmung (Imitation), in der Musik wie in den andern Künsten der wesentlichste Form gebende Faktor. Wie in der Architektur ein Säulenkapitäl, eine Rosette und letzten Endes der ganze Kunstbau eines Doms sich aus der Verarbeitung einer beschränkten Anzahl von Motiven ergibt, so läßt sich auch in der Musik ein prägnantes Thema, ein ganzer Satz in der Regel aus der Wiederholung weniger kleiner Motive erklären. Diese Wiederholung ist freilich nicht nur eine schlichte Reproduktion, wie sie es in der Architektur häufig ist, wo ein Achtel oder Viertel der Rosette oder des Kapitals den andern völlig kongruent ist, oder wo Dutzende von Säulen, Türmchen, Fenstern etc. die gleichen Dimensionen aufweisen; vielmehr tritt an Stelle der Gleichheit eine mehr oder minder hervortretende Ähnlichkeit, an Stelle der Wiederholung die N. Da eine größere Anzahl ästhetischer Gesetze gleichzeitig die musikalische Bildung bestimmt, so erscheint auch die eigentliche N. in sehr verschiedenartiger Gestalt. Das melodisch-rhythmische Motiv kann ganz getreu wiederholt werden, aber durch die begleitende Harmonie jedesmal einen andern Sinn erhalten, oder das Motiv wiederholt sich genau, aber mit verschiedener dynamischer Ausstattung, besonders wenn es sich nicht mit dem Takte deckt, oder es wiederholt sich von andrer Tonstufe aus etc. Die Wiederkehr eines Motivs auf andrer Tonstufe ist bei weitem die häufigste Form der N.; ihr entspringen ebensowohl die kunstvollen Formen des Kanons und der Fuge (s. d.) wie die als dilettantisch oder handwerksmäßig verurteilten sogen. Schusterflecke (s. d.). Die wichtigsten Arten der N. sind außerdem: 1) die N. in paralleler Bewegung, 2) die N. in Gegenbewegung (Umkehrung), 3) die N. in der Verlängerung (Augmentation), 4) die N. in der Verkürzung (Diminution); jede der beiden letztgenannten kann mit jeder der beiden ersten kombiniert werden. Die Kontrapunktiker des 15.-16. Jahrh., welche die Kunst der N. zu einer übertriebenen Künstelei entwickelten, benutzten außerdem noch die umgekehrte Notenfolge (Krebskanon) und ersannen sonst noch allerlei Spielereien (Überspringen der Pausen etc.).

Nachahmungstrieb, die bei begabtern Tieren und auch beim Menschen bestehende Neigung, öfters vernommene Klänge und Wörter, wahrgenommene Bewegungen und Gebärden sowie schließlich Handlungen und Gewohnheiten, deren Vorstellung auf irgend eine Weise erweckt wird, zu wiederholen. Unter den Tieren sind es nur geistig besonders begabte Wesen, die zugleich scharfe Beobachter sind, wie gewisse Sing-, Raub- und Krähenvögel, Papageien und Affen, welche sich dadurch auszeichnen; beim Menschen ist der N. namentlich in früher Kindheit und bei mangelnder Erziehung ungemein stark entwickelt; es ist bekannt, daß kleine Kinder alles nachmachen müssen, was sie sehen, und von Naturvölkern haben viele Reisende berichtet, daß sie lange Sätze in der ihnen fremden Sprache der Neuangekommenen fehlerfrei wiederholen sowie auch letztere außerdem in allen ihren Bewegungen und zufälligen Äußerungen (Husten, Niesen, Stottern etc.) überraschend getreu nachahmen konnten. Aber auch im erwachsenen Kulturmenschen, bei welchem die Erziehung auf möglichste Unterdrückung dieses leicht lästig werdenden Triebes hingewirkt hat, tritt die elementare und unwiderstehliche Macht desselben bei gewissen Gelegenheiten immer von neuem hervor, und die "ansteckende Kraft" des Lachens, Weinens, der Begeisterung, des Gähnens, gewisser Nervenzufälle und Krankheiten (wie Veitstanz, Lach- und Weinkrampf, Konvulsionen in Kinderschulen etc.) beruht darauf. Natürlich sind nerven- und willensschwache Personen dem N. am meisten unterworfen, aber die Erfahrungen des Hypnotismus (s. d.) haben gezeigt, daß auch kräftige und gesunde Menschen demselben sofort im höchsten Grad verfallen und jede beliebige Handlung, deren Vorstellung in ihnen erweckt wird, nachahmen müssen, sobald in ihnen das Selbstbewußtsein und damit das Vermögen, dem N. entgegenzuwirken, eingeschläfert wird. Es handelt sich somit im N. um eine Grunderscheinung des Intellekts, deren Bedeutung für alles Lernen und für die Entwickelungsgeschichte des Geistes erheblich ist. Vgl. C. Sterne, Die Krone der Schöpfung, Essays über die Stellung des Menschen in der Natur (Teschen 1884).

Nachbargeld, s. Einzugsgeld.

Nachbarlosung, s. Näherrecht.

Nachbarrecht, die Mitgliedschaft einer Dorfgemeinde sowie der Inbegriff der aus derselben herfließenden Rechte und Pflichten des Ortsbürgers oder Nachbars. An vielen Orten gibt es ein engeres und ein weiteres N., d. h. ein solches, welches nur gewissen Klassen der Dorfbewohner zukommt, und ein solches, in dessen Besitz alle Klassen der in den Gemeindeverband aufgenommenen Mitglieder sind, eine Einteilung, welche sich namentlich auf die sogen. Allmande (s. d.) bezieht. Auch das aus dem Nebeneinanderliegen der Grundstücke abfließende Näherrecht (s. d.) bezeichnet man als N. Endlich versteht man unter N. diejenigen Rechtssatzungen, welche sich auf die Verhältnisse der benachbarten Grundeigentümer unter- und zu einander beziehen, und wohin namentlich die sogen. Legalservituten (s. d.) gehören. Vgl. Hesse, Rechtsverhältnisse zwischen Grundstücksnachbarn (2. Aufl., Jena 1880).