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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Näherrecht; Naheweine; Nahije; Nahl; Nähmaschine

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Näherrecht - Nähmaschine.

fes nach rückwärts bis zum letzten Stiche geht, dicht an demselben durchsticht und auf der Unterseite des Stoffes wieder einige Fäden vorwärts geht. Er gibt die festeste Naht und wird daher hauptsächlich beim Wäschenähen angewendet. Mit überwendlichen Stichen kann man nur entweder zwei Webekanten oder zwei gesäumte Schnittkanten verbinden. Man legt beide Kanten aufeinander und sticht, ein bis zwei Fäden tief, durch beide hindurch. Bei der Hohlstichnaht werden einige Längsfäden aus dem Stoff gezogen und die stehen bleibenden Querfäden in Gruppen von je zwei, drei oder mehr geteilt und durch Seitenstiche befestigt. Mit Stiel-, Fischgräten-, Hexen- und Kettenstich werden besonders Verschönerungs- oder Ziernähte ausgeführt. Aus Naht und Saum zusammengesetzt sind die französische und die Kappnaht. Bei beiden werden erst zwei Schnittkanten durch Steppstiche miteinander verbunden, dann beide Schnittkanten nach derselben Seite umgebogen, bei der französischen Naht eingebogen und mit Steppstichen, bei der Kappnaht fest eingerollt und mit Saumstichen auf den einen Stoffteil genäht. Vgl. Hillardt, Das N. (3. Aufl., Wien 1887).

Näherrecht (Retrakt, Einstand, Geltung, Losung, Nähergeltung, Zugrecht), das einer Person (dem Retrahenten oder Nähergelter) zustehende Recht, in den Vertrag, welchen ein Grundeigentümer mit einem Dritten über den Verkauf eines Grundstücks an den letztern abgeschlossen, dergestalt einzutreten, daß der Käufer dieses Grundstück an jene Person gegen Erstattung des Kaufpreises abzutreten verbunden ist. Der älteste Fall, in welchem das heutzutage fast gänzlich unpraktische N. zur Anwendung kam, ist die sogen. Erblosung (Retractus gentilitius), nämlich dasjenige N., welches den gesetzlichen Erben des Verkäufers in Ansehung eines sogen. Erbguts zustand, d. h. eines von den beiderseitigen Vorfahren ererbten Gutes. Diesem sind dann verschiedene Arten des Näherrechts nachgebildet worden, so die Mark- oder Landlosung (Territorialretrakt, Bürgerretrakt, Retractus ex jure incolatus), das N. der Gemeindeangehörigen für den Fall, daß ein in der Gemeindeflur gelegenes Grundstück an ein Nichtgemeindemitglied verkauft worden; ferner das dem Anlieger eines Grundstücks bei dessen Verkauf an einen andern gegebene Nachbarnrecht (Nachbarlosung, Retractus ex jure vicinitatis); das Gespilderecht (Teillosung, Jus congrui), d. h. das N. des Besitzers einer Liegenschaft in Ansehung von Grundstücken, welche früher mit der erstern zu einem Ganzen vereinigt waren; das Ganerbenrecht (Kondominalretrakt, Retractus ex jure condominii), welches den Miteigentümern eines Grundstücks in Ansehung ihrer Anteile daran wechselseitig zustand; endlich der dem Lehnsherrn und dessen Agnaten bei Veräußerungen des Lehnsguts durch den Vasallen eingeräumte Lehnsretrakt (Retractus feudalis). In allen diesen Fällen konnte aber das N. nur vermöge eignen Rechts geltend gemacht werden, eine Zession desselben war nicht zulässig; auch konnte das N. nur gegen Erstattung des Kaufpreises, der Kaufkosten und des etwanigen Aufwandes, welchen der Käufer bereits auf das Grundstück gemacht, ausgeübt werden. Die Verzichtleistung des Nähergelters auf das Retraktsrecht, als welche auch das Ausschlagen des zum Verkauf angebotenen Gutes oder die Einwilligung in dessen Veräußerung anzusehen war, hob dasselbe auf, und ebenso erlosch es nach gemeinem Recht, wenn der Retraktberechtigte, nachdem er die geschehene Veräußerung des Grundstücks erfahren, binnen Jahr und Tag, d. h. binnen einer Frist von 1 Jahr, 6 Wochen und 3 Tagen, sein N. nicht geltend machte. Die moderne Gesetzgebung hat das N., welches nur zu oft zu prozessualischen Verwickelungen Veranlassung gab, bis auf wenige Überreste beseitigt. Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen Privatrechts Walch, Das N. (3. Aufl., Jena 1795).

Naheweine, die im Nahegebiet, in den Kreisen Kreuznach und Meisenheim und im Fürstentum Birkenfeld, auf Kalkboden oder fettem Thonschiefer, im ganzen auf etwa 2400 Hektar erzeugten Weine, kommen aus den bessern Lagen als rheinhessische, aus den geringern als Moselverschnittweine in den Handel. Der Rebsatz ist Riesling mit Österreicher und Elbling, ferner Traminer und Ruländer. Bei Kreuznach wird auch aus Spätburgundern etwas roter Wein erzogen. Die Weine verdanken der Sorgfalt und Intelligenz, mit welcher man allgemein verfährt, ihren guten Ruf und erzielen Preise wie die des Rheingaus. Die Produktion beträgt etwa 60,000 hl. Vorzüglichste Gewächse: Kreuznach (Schloß Kautzenberg, Belz, Kalenberg, Brückes), Münster am Stein, Norheim, Sarmsheim, Bretzenheim, Langenlonsheim, Heddesheim, Münster bei Bingen, Weiler bei Bingen, Winzenheim, Monzingen, Laubenheim (sehr oft verwechselt mit dem rheinhessischen Laubenheim).

Nahije (türk.), in der Türkei s. v. w. Gemeinde, an deren Spitze ein von den Eingebornen gewählter Mudir und dessen Beigeordneter (Muavin) stehen.

Nahl, s. Narwal.

Nähmaschine (hierzu Tafel "Nähmaschinen"), eine Maschine zur Herstellung von Nähten auf mechanischem Weg zum Zusammennähen von Stoffen wie auch zur Hervorbringung von Verzierungen auf der Stoffoberfläche. Bei allen in Gebrauch befindlichen Nähmaschinen erfolgt die Stichbildung durch eine kräftige Nadel mit nahe an der Spitze befindlichem Öhr, indem diese den zu nähenden Stoff von oben nach unten durchsticht, nach Erreichung einer gewissen tiefsten Stellung sich wieder hebt und dadurch, daß der Faden in dem Stichloch eine Reibung erleidet und zurückgehalten wird, die Bildung einer Schleife oder Schlinge veranlaßt (Textfig. 1), welche, durch eine Spitze oder einen Haken erfaßt, zu weitern, je nach der zu erzeugenden Stichart und dem Maschinensystem verschiedenen Operationen zurückgehalten wird. Die Auf- u. Abwärtsbewegung der Nadel vermittelt ein vertikaler Schieber, der über der Nähstelle in einem Arm, gewöhnlich durch eine Schlitzkurbel, die gesetzmäßige Bewegung erhält. Drei Sticharten haben sich für Maschinennähte allein praktisch erwiesen: der Doppelsteppstich, der Ketten- oder Tamburierstich und der Knotenstich. Die Anwendung andrer, meist weniger einfacher Stiche ist entweder auf den Versuch beschränkt geblieben, oder hat nur für gewisse Spezialzwecke Benutzung erfahren. Letzteres gilt in gewissem Sinn selbst von dem Knotenstich, welcher jetzt fast ausschließlich zu Ziernähten gebraucht wird.

Der Doppelsteppstich (Textfig. 2) ist nach dem gleichartigen Aussehen der Naht benannt, welche auf beiden Seiten des Stoffes als eine schöne Steppnaht

^[Abb.: Fig. 1. Schlingenbildung.]