Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Naumann

17

Naumann.

an, durch geschickte Manöver das feindliche Schiff seeunfähig zu machen, indem man ihm entweder den Schnabel des eignen Schiffs in den Leib trieb oder im Vorbeifahren die Ruder abbrach. Von den Römern wurden seit Cäsar (46 v. Chr.) Naumachien als Schauspiele dem Volk vorgeführt. Die Kämpfenden waren gewöhnlich Gefangene oder verurteilte Verbrecher. Während Cäsar und Augustus hierfür eigne Seen graben ließen, benutzte Claudius den Fucinosee und ließ hierbei 19,000 Mann auf 100 Kriegsschiffen kämpfen. Auch wurden die Amphitheater zu diesem Zweck verwandt, indem durch große, zum Teil noch erhaltene Wasserleitungen die Arena derselben unter Wasser gesetzt wurde.

Naumann, 1) Johann Gottlieb oder Amadeus, Komponist; geb. 17. April 1741 zu Blasewitz bei Dresden, ward von einem schwedischen Virtuosen von Dresden, wo er die Kreuzschule besuchte, mit nach Italien genommen und genoß in Padua drei Jahre lang den Unterricht Tartinis. Nachdem er sich in Neapel und Bologna, hier unter Martini, weiter ausgebildet, ließ er sich als Musiklehrer in Venedig nieder, wo er seine ersten Opern zur Aufführung brachte 1765 nach Dresden zurückgekehrt, ward er hier als kurfürstlicher Kirchenkomponist, bald darauf als Kammerkomponist angestellt, unternahm in der Folge (1766 und 1771) noch zwei Reisen nach Italien, wo in verschiedenen Städten mehrere seiner Opern, wie "Achilles auf Skiros", "Soliman", "Hypermnestra", "Armida" u. a., mit vielem Beifall über die Bühne gingen, und erhielt bei seiner Rückkehr einen Ruf Friedrichs d. Gr. als Kapellmeister nach Berlin, den er jedoch ablehnte, wofür er vom Kurfürsten von Sachsen zum Kapellmeister, später zum Oberkapellmeister ernannt wurde. 1780 begab er sich auf Einladung des Königs von Schweden nach Stockholm, wo er sein berühmtestes Werk, die Oper "Cora", komponierte, brachte 1785 zu Kopenhagen die Oper "Orpheus" auf die Bühne und veranstaltete auch am Berliner Hof mehrfache Aufführungen seiner Opern. Er starb 23. Okt. 1801 in Blasewitz. Noch sind von seinen Opern hervorzuheben: "Elisa", "Tutto per amore", "La dama soldato" und "Acis e. Galatea". Später wandte sich N. vorwiegend der Kirchenmusik zu und schrieb unter anderm für die von Fasch begründete und geleitete Berliner Singakademie allein 27 große Messen und 10 Oratorien. Bekannt ist sein "Vaterunser" (Text von Klopstock). Sein Leben beschrieb A. G. Meißner (Prag 1803-1808, 2 Bde.) und ein Ungenannter (Dresd. 1841).

2) Johann Friedrich, Ornitholog, geb. 14. Febr. 1780 zu Ziebigk bei Köthen, Sohn des ebenfalls als Ornitholog bekannten Johann Andreas N. (geb. 1747, gest. 1826), erlernte bei seinem Vater die Landwirtschaft, widmete aber seine Muße naturgeschichtlichen, bald fast ausschließlich ornithologischen Studien, ward später Professor und Inspektor des ornithologischen Museums des Herzogs von Anhalt-Köthen und starb 15. Aug. 1857 in Ziebigk. Sein Hauptwerk ist die an eignen Beobachtungen ungemein reiche, höchst gründliche und zuverlässig "Naturgeschichte der Vögel Deutschlands" (2. Aufl., Leipz. 1822-44, 12 Bde.; Nachträge hierzu von Blasius, Baldamus und Sturm, 1851-60). N. fertigte nicht nur selbst die Zeichnungen zu derselben, sondern stach auch gegen 500 Platten in Kupfer. Außerdem beteiligte er sich an Buhles Schriften und schrieb: "Taxidermie" (Halle 1815, 2. Aufl. 1848) und "Über den Haushalt der nördlichen Seevögel Europas" (Leipz. 1824). Beiden N., Vater und Sohn, zu Ehren hat die Deutsche Ornithologengesellschaft ihr Organ "Naumannia" (1850 ff.) benannt.

3) Karl Friedrich, Mineralog und Geognost, Sohn von N. 1), geb. 30. Mai 1797 zu Dresden, studierte seit 1816 in Freiberg, Leipzig und Jena Naturwissenschaft, bereiste 1821-22 Norwegen, ward 1823 Privatdozent für Mineralogie in Jena, 1824 Professor in Leipzig und 1826 Professor der Kristallographie und Geognosie in Freiberg. 1842 ging er als Professor der Mineralogie und Geognosie nach Leipzig, trat 1872 in den Ruhestand und siedelte nach Dresden über, wo er 26. Nov. 1873 starb. Er schrieb "Beiträge zur Kenntnis Norwegens" (Leipz. 1824, 2 Bde.); "Lehrbuch der Kristallographie" (das. 1830, 2 Bde.); "Anfangsgründe der Kristallographie" (Dresd. 1841; 2. Aufl., Leipz. 1854); "Elemente der theoretischen Kristallographie" (das. 1856); "Elemente der Mineralogie" (das. 1846; 12. Aufl. von Zirkel, 1885); "Lehrbuch der Geognosie" (das. 1850-1854, 2 Bde.; 2. Aufl. 1857-72, Bd. 1-3, letzterer unvollendet); "Über den Quincunx als Grundgesetz der Blattstellung" (Dresd. und Leipz. 1845). Mit Cotta gab er die geognostische Karte des Königreichs Sachsen in zwölf Sektionen heraus; später lieferte er eine geognostische Spezialkarte des Kohlenbassins von Flöha und schrieb dazu: "Geognostische Beschreibung des Kohlenbassins Flöha" (Leipz. 1865); endlich: "Geognostische Karte des erzgebirgischen Bassins im Königreich Sachsen" (das. 1866). - Sein jüngerer Bruder, Konstantin August, geb. 9. März 1800 zu Dresden, seit 1827 Professor an der Bergakademie zu Freiberg, gest. 21. Nov. 1852, war ein gründlicher Forscher auf dem Gebiet der höhern Mathematik und Astronomie.

4) Moritz Ernst Adolf, Mediziner, Bruder des vorigen, geb. 7. Okt. 1798 zu Dresden, studierte seit 1816 in Leipzig, promovierte daselbst 1820, habilitierte sich 1824 ebenda als Privatdozent, ward 1825 als außerordentlicher Professor nach Berlin berufen, erhielt 1828 eine ordentliche Professur in Bonn, wurde 1851 Direktor des gesamten klinischen Instituts und bald darauf Geheimer Medizinalrat, legte 1864 die Leitung der Klinik nieder und starb 19. Okt. 1871 in Bonn. Er schrieb: "Handbuch der medizinischen Klinik" (Berl. 1829-39, 8 Bde.; 2. Aufl., 1. Bd., das. 1848); "Die Pathogenie" (das. 1840-45, 3 Bde.); "Vermischt Schriften" (Bonn 1850); "Allgemeine Pathologie und Therapie" (Berl. 1851); "Ergebnisse und Studien aus der medizinischen Klinik zu Bonn" (Leipz. 1858-60, 2 Bde.).

5) Emil, Komponist und Musikschriftsteller, Enkel von N. 1), geb. 8. Sept. 1827 zu Berlin, erhielt seine musikalische Ausbildung am Leipziger Konservatorium durch Mendelsohn und Hauptmann und trat 1848 mit dem Oratorium "Christus der Friedensbote" zu Dresden in die Öffentlichkeit. Nachdem er in den folgenden Jahren noch eine große Zahl von Kompositionen aller Gattungen hatte nachfolgen lassen, wurde er 1856 auf Grund einer Schrift: "über Einführung des Psalmengesanges in die evangelische Kirche", zum Hof-Kirchenmusikdirektor in Berlin ernannt und schrieb als solcher ein umfangreiches Werk: "Psalmen auf alle Sonn- und Feiertage des evangelischen Kirchenjahrs" (Berl.). Später bethätigte sich N., da seine Kompositionen nur geringen Anklang fanden, vorwiegend als Schriftsteller und veröffentlichte: "Die Tonkunst in der Kulturgeschichte" (Bd. 1, Berl. 1869-70); "Deutsche Tondichter" (das. 1871, 5. Ausg. 1882); "Italienische Tondichter" (das. 1876, 2. Aufl. 1883); "Illustrierte Musikgeschichte"