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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Neapel

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Neapel (Provinz, Stadt).

kultur benutzt. Von Bedeutung ist auch der Anbau von Baumwolle und Krapp, die Seiden- und Viehzucht; unter den Industriezweigen die Baumwollmanufaktur, die Fabrikation von Hanf- und Leinengeweben, Seiden- und Schafwollwaren, Teigwaren (Maccaroni) und Lakritzensaft, die Korallenfischerei (von Torre del Greco aus), die Gerberei, Papierfabrikation, der Maschinen- und Schiffbau. Der Handel konzentriert sich hauptsächlich in der Stadt N. und in Castellammare. Die zahlreichen Häfen u. die von N. auslaufenden Eisenbahnen unterstützen den lebhaften Verkehr. Die Provinz zerfällt in die vier Kreise: Casoria, Castellammare, N., Pozzuoli. Vgl. Bettocchi, Forze produttive della provinzia di Napoli (Neap. 1874).

Die Stadt Neapel.

(Hierzu der Stadtplan und Karte der Umgebung).

Die gleichnamige Hauptstadt der Provinz, ehemalige Haupt- und Residenzstadt des Königreichs beider Sizilien, die volkreichste Stadt Italiens, liegt am Golf von N. teils am Fuß, teils an den Abhängen einer sanft zum Meer abfallenden Hügelreihe. Kap Miseno, Procida und Ischia bilden von der einen Seite, die Landzunge von Sorrent, welche mit dem Vorgebirge Campanella endigt, und die Insel Capri auf der andern Seite die natürliche Mauer, welche den herrlichen Golf gegen die Stürme des offenen Meers schützt. Die Stadt lehnt sich westlich an die Hügel Posilipo und Vomero, nördlich an Capodimonte und Capo di Chino und breitet sich in ihrer größten Länge am Meer aus. Durch keine Mauern eingeschlossen, fließt N. mit den Hunderten von Landhäusern, welche außerhalb der Stadt zwischen Reben und Pinien liegen, und den umliegenden Ortschaften zusammen und bedeckt mit den Städten Portici, Resina, Torre del Greco, Torre dell' Annunziata und einigen Dörfern, die sich, den Fuß des Vesuvs entlang, in wenig unterbrochener Kette gegen O. zu anschließen, einen Küstenstrich von über 100 km. Die Lage der Stadt und ihre Umgebung, die üppige südliche Vegetation, endlich die gefährliche, immer drohende Hauptzierde der Gegend, der Vesuv, dessen Fuß 7 km von N. entfernt ist, vereinigen sich zu einem Gesamtbild von unnennbarem Zauber, mit welchem nur die Städtebilder von Lissabon und Konstantinopel verglichen werden können, und welches das stehende Wort: "Veder Napoli e poi morire" veranlaßt hat. Die mittlere Temperatur Neapels ist 16,6° C., die Mittel der vier Jahreszeiten liegen nicht weit auseinander, und das Klima könnte daher ein sehr gutes genannt werden, wenn nicht die Temperaturunterschiede des Morgens und Abends oft sehr bedeutend wären, weil der Nordwest und die Australwinde freien Zutritt an der Küste und bis ins Innere der Stadt haben. Die hygieinischen Verhältnisse von N. waren bis auf die Gegenwart infolge der herrschenden Unreinlichkeit, des schlechten Trinkwassers etc. ungünstige; seitdem aber im J. 1884 die Choleraepidemie in N. so viele Opfer forderte, ist mancher Schritt zu Verbesserung der Zustände gethan worden. Die Regierung hat einen Betrag von 100 Mill. Lire zur Assanierung der Stadt bestimmt. Bereits im J. 1885 wurde eine neue Trinkwasserleitung (aus der Hochebene des Serino) eröffnet. Von fließenden Gewässern berührt nur das wasserarme Flüßchen Sebeto das Gebiet der Stadt in ihrem östlichsten Teil.

[Stadtteile, Straßen, Plätze.] N. wird durch den Bergrücken, auf dessen Höhe das Kastell Sant' Elmo liegt, und der in der Felseninsel des Kastells dell' Ovo ins Meer ausläuft, mittendurch in zwei große Quartiere geteilt. Östlich liegt der ältere und größere Teil, mit dem Hafen und der Bucht, gegen den Vesuv; westlich dehnt sich der neuere, elegantere, mit dem herrlichen Spaziergang am Meer, nach der kleinern Bucht der Mergellina hin. Administrativ zerfällt die Stadt in zwölf Bezirke. Das eigentliche Zentrum, das alte N., ist eng gebaut und finster, von geradlinigen, gut gepflasterten, aber unreinlichen Straßen durchschnitten. Seit 1884 ist die Assanierung der ungesunden engen Stadtteile, der Durchbruch breiter Straßenzüge sowie die Anlage neuer Stadtteile (insbesondere auf der Anhöhe des Vomero) in Angriff genommen worden. Die größte und belebteste Straße ist die Strada di Roma (ehemals Toledostraße), 2¼ km lang, die Pulsader Neapels, welche mit der Piazza Cavour und dem Corso Garibaldi das eigentliche alte N. umschließt und weiter nördlich in die Strada nuova di Capodimonte ausläuft. Sie zeichnet sich durch ansehnliche Gebäude, besuchte Kaufläden und Kaffeehäuser und einen fortwährenden lebhaften und lärmenden Verkehr von Fuhrwerken und Fußgängern aus. Zu den schönsten und beliebtesten Straßen gehören ferner die in neuer Zeit erweiterte, mit der Via di Roma parallel laufende Strada del Duomo, die Strada dei Tribunali, Santa Trinità, Medina, dann die neuen, breit angelegten Straßen Corso Garibaldi, Strada Foria und Carbonara. Die prächtigste Straße ist die an der Südseite des Quartiers Chiaja gelegene Riviera di Chiaja mit einer Reihe von Palästen nach dem Meer zu, der eigentliche Korso der Neapolitaner. Zwischen dieser Straße und dem Meer liegt der öffentliche Lustgarten Neapels, die Villa nazionale, mit herrlichen Anlagen und Statuen und dem Aquarium. Gegen das Meer ist ein prächtiger Kai angelegt, welcher beim Kastell dell' Ovo vorüber zur volksbelebten Straße Santa Lucia fortgeführt ist. Im Gegensatz dazu ist die Küste der östlich gelegenen alten Stadt der Tummelplatz der Marinari, meist charakteristische Figuren mit ausdrucksvollen braunen Gesichtern, in malerischem Kostüm. Doch ist auch hier in neuerer Zeit eine breite Kaistraße und eine Anlage, Villa del Popolo, hergestellt worden. Zu den schönsten Straßen gehört endlich noch der Corso Vittorio Emmanuele, welcher sich an den vom Kastell Sant' Elmo gegen die Stadt abfallenden Hügeln über 4 km weit hinzieht. Zu den ansehnlichsten Plätzen gehören: die Piazza del Plebiscito mit dem königlichen Schloß, der Kirche San Francesco di Paola und den Reiterstatuen Karls III. (von Canova) und Ferdinands I. (von Cali); die Piazza del Municipio, ein hauptsächliches Verkehrszentrum, seit 1886 beträchtlich erweitert und reguliert, mit dem Munizipalpalast, der Börse und mehreren Theatern; die Piazza del Mercato, wo Konradin von Schwaben und Friedrich von Baden 1268 hingerichtet wurden, mit der Markthalle und drei Brunnen. Noch sind zu erwähnen: die Piazza de' Martiri mit der an die vier freiheitlichen Staatsumwälzungen von 1799, 1820, 1848 und 1860 erinnernden Denksäule und der Largo del Vasto, beide im Quartier Chiaja; die Piazza Montoliveto mit der gleichnamigen Kirche und einer Marmorfontäne mit der Bronzestatue Karls II.; die Piazza Dante, eine Erweiterung der Strada di Roma, mit der Statue Dantes und dem königlichen Gymnasium; die Piazza Cavour mit hübschen Anlagen und dem Nationalmuseum.

^[Abb.: Wappen von Neapel.]