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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Operatismus - Opfer.

Taktik. Jede O. ist auf ein bestimmtes Ziel (Operationsobjekt), meist die feindliche Armee selbst, gerichtet, da ihre Vernichtung den Feldzug entscheidet, das aber auch sonst ein für beide Teile wichtiger Punkt sein kann. Das Terrain, auf welchem eine O. ausgeführt wird, nennt man das Operationsfeld. Die Ausgangspunkte der O., von denen die Truppen ihre Nachschübe etc. beziehen, auf die sie nötigen Falls zurückgehen, womöglich durch einen leicht zu verteidigenden Abschnitt im Terrain verbunden, bilden die Operationsbasis, die Eisenbahnen und Straßen von dort nach dem Punkt, wo man den Gegner sucht, die Operationslinien.

Operatismus (lat.), das Streben, das göttliche Wohlgefallen durch sogen. Opera operata (s. Opus operatum) zu erringen.

Operatīv (neulat.), auf praktisches Handeln, im engern Sinn: auf chirurgische Operationen bezüglich; operative Heilkunde, s. v. w. Chirurgie; Operateur (franz., spr. -tör), s. v. w. Wundarzt.

Operātum (lat.), etwas Ausgearbeitetes.

Opercŭlum, s. Samendeckel.

Operette (ital.), eine Oper von kurzer Dauer, auch eine im kleinen Genre, also s. v. w. Singspiel, in welchem Gesang und gesprochener Dialog wechseln, und endlich in neuester Zeit s. v. w. Karikaturoper, Persiflageoper, in welcher die Handlung nicht nur scherzhaft, sondern niedrig komisch oder parodistisch ist und auch die Musik jeden ernsthaften Affekt vermeidet (Offenbach, Lecocq, Strauß u. a.).

Operieren (lat.), eine Operation ausführen.

Operis novi nuntiatio (lat.), die Ankündigung, daß man sich der Fortsetzung einer begonnenen Bauthätigkeit widersetze; ein dem römischen Recht eigentümliches Rechtsmittel. Heutzutage kann derjenige, welcher sich durch einen Neubau geschädigt glaubt, den Antrag auf Sistierung des Baues bei der zuständigen Gerichtsbehörde stellen.

Opermént, s. v. w. Auripigment, s. Arsensulfide.

Operngucker, s. Fernrohr, S. 150.

Operntext (Libretto), s. Oper, S. 397.

Opfer (v. lat. offerre, "darbringen"), im allgemeinen Gaben, welche man der Gottheit darbringt, entweder um ihr Liebe und Dankbarkeit zu erweisen, oder um ihren Zorn zu versöhnen und sie günstig für sich zu stimmen, oder auch um drohendes Unheil abzuwenden und ihren Beistand auf sich herabzuziehen. Der Opferdienst beruht somit auf dem Abhängigkeitsgefühl des Menschen der Gottheit gegenüber und ist so alt wie die Religion überhaupt. Die Vorstellung, daß die Götter sinnliche Bedürfnisse hätten wie die Menschen, die Bildungsstufe, auf welcher die Opfernden standen, ihre Beschäftigung und Lebensweise und die Beschaffenheit der Produkte, welche ihr Boden hervorbrachte, bestimmten in alten Zeiten die Art der O. Hirten und Jäger brachten Tiere, ackerbauende Völker Früchte und Brot dar, ein jeder das Beste, was er besaß; aber auch Menschenopfer waren ursprünglich bei den meisten Völkern im Gebrauch, und da man in dem Feuer ein sichtbares Symbol der Götter, gleichsam einen Boten derselben erkannte, so ward bald dieses als Mittel ausersehen, die für die Gottheit bestimmten O. in Empfang zu nehmen, sie zu verzehren und als Rauch zum Göttersitz emporzutragen. So entwickelte sich das Brandopfer. Jene materielle Seite trat aber allmählich in den Hintergrund, das O. wurde immer mehr ein symbolisches, und schließlich kam die Auswahl der edelsten Erstlingsfrüchte, der reinsten und makellosesten Tiere nur noch den Priestern zu gute, sofern man nur die unbrauchbaren Teile der Tiere (Fettteile, Knochen etc.) mit Salz, Mehl, Honig und Weinspenden opferte, die genießbaren und wohlschmeckenden dagegen selbst verzehrte. Darauf bezieht sich die griechische Sage vom Prometheus, der den Zeus bei der Opfermahlzeit um die besten Teile betrogen haben sollte. An die Brandopfer schloß sich das noch mehr symbolische Rauchopfer (s. d.), bei welchem an die Stelle der Speisen Spezereien traten, wie es noch jetzt in der katholischen Kirche gebräuchlich ist. Nur langsam verschwanden die Menschenopfer, zu denen man in der Regel gefangene Feinde und Fremde bestimmte. Juden, Griechen und Römer kehrten, wenn sie den Zorn der Gottheit sühnen wollten, immer von neuem zu dem grausamen Brauch der Vorzeit zurück, worauf die O. Abrahams, Jephthas, Agamemnons u. a. hindeuten. Am längsten hielten sich dieselben im Sonnendienst der semitischen Völker (Assyrer, Phöniker, Moabiter, Kanaaniter etc.), die ihrem Baal oder Moloch Kinder und Jünglinge, insbesondere die Erstgeburt, darbrachten. Witwenopfer fanden in Indien bekanntlich bis in die neueste Zeit statt. Mit der steigenden Kultur und dem zunehmenden Reichtum der Völker nahmen auch die O. an Zahl und Kostbarkeit zu. So schlachteten Griechen und Römer oft Tausende von Opfertieren (vgl. Hekatombe), die überdies ganz untadelhaft sein mußten. Eine eigentümliche Art der O. bildeten die Weihgeschenke und die Keuschheitsopfer. Jene bestanden in Waffen, in einem Teil der Kriegsbeute, in Kleidern, in Werkzeugen; Jünglinge und Jungfrauen gaben ihre Haare, Dichter und Philosophen die Werke ihres Geistes etc. Die Keuschheitsopfer bestanden darin, daß das weibliche Geschlecht, besonders Jungfrauen, seine Keuschheit preisgab in dem Glauben, eine der Gottheit wohlgefällige Handlung zu verrichten. Dies geschah in Babylon im Dienste der Mylitta, in Persien in dem der Anaitis, auf Cypern in dem Tempel der Venus, in Phönikien im Dienste der Astarte. Als Opferplätze dienten die Tempel und zwar in der Regel bestimmte Abteilungen derselben, ferner besondere Altäre, Bäume, Haine, bestimmte Steine (Opfer- oder Altarsteine), Schluchten etc., je nach Herkommen und Gebrauch eines Volkes.

Hinsichtlich der einzelnen Völker ist folgendes hervorzuheben: Moses bestimmte in seinem Opfergesetz für das israelitische Volk reine, makellose Haustiere (Stiere, Widder, Ziegenböcke, Turteltauben etc.) und Früchte als Sinnbilder der Hingebung und Buße seines Volkes vor Jehovah. Das mosaische Gesetz hatte als Opferstätte allein den Tempelvorhof bestimmt; doch wurde vielfach auch auf Höhen geopfert, und im Reich Israel kannte man gar keine gesetzliche Opferstätte. Die Kosten mußte der Privatmann bestreiten, für die öffentlichen O. aber sorgte entweder der König oder der Tempelschatz. Brandopfer fanden als Morgen- und Abendopfer beim täglichen Gottesdienst statt, außerdem bei den großen Nationalfesten, aber auch bei wichtigen Ereignissen des privaten Lebens. Mit ihnen regelmäßig verbunden waren Speise- und Trankopfer, aus Ölkuchen und Wein bestehend. Im übrigen waren die O. der Israeliten rücksichtlich ihres Sinnes und Zweckes teils Dank- und Freudenopfer, bestehend in Rind- und Kleinvieh, wovon die Fettstücke verbrannt wurden, Brust- und Schulterstücke den Priestern gehörten; teils gingen sie aus frommer, freiwilliger Entschließung oder aus einem Gelübde hervor und waren dann gewöhnlich mit Opfermahlzeiten verbunden, oder sie waren Sühn- und Schuldopfer, zu denen nur