Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Orendel; Orense; Oreodóxa; Oreotragus; Oreste; Oréstes

432

Orendel - Orestes.

schansk anschließt, besteht aus der eigentlichen Stadt am rechten hohen Ufer des Ural und dem festungsartig angelegten Tauschhof, welcher die Karawanen beherbergt, am andern Ufer. Sie hat breite, regelmäßige Straßen, einen großen Marktplatz, 12 griechisch-orthodoxe, eine lutherische und eine römisch-kath. Kirche, 4 Moscheen, ein Theater, einen Stadtgarten, ein Arsenal, Kasernen, Banken, Buchhandlungen, verschiedene Lehranstalten (darunter das Nikolajewsche Institut), ein klassisches, ein Militär-, ein Mädchengymnasium und ein Militärprogymnasium und (1882) 42,123 Einw. Nicht von Belang ist die Fabrikation, welche sich bisher hauptsächlich auf Talg, Juften und Gußeisen beschränkte, dagegen von großer Wichtigkeit der Handel. Jährlich kommen bis über 100 Karawanen aus Bochara, Chiwa, Chokand und Taschkent, welche die Produkte dieser Länder, besonders Baumwolle, Vieh, Seide, Felle etc., gegen gewebte Stoffe, Metallwaren, Zucker, Getreide etc. eintauschen. O. ist der Sitz eines Hetmans der Orenburgischen Kosaken, eines Lehrbezirks und eines mohammedan. Mufti. - O., ursprünglich 1735 auf der Stelle des jetzigen Orsk am Or (woher der Name) als Grenzfestung angelegt, wurde 1740 zuerst 190 km weiter nach den Roten Bergen zu (jetzt Krassnogorsk) und von da 1743, des ungesunden Klimas halber, auf den jetzigen Standpunkt verlegt. Nachdem sich die Stadt 1773 sechs Monate lang gegen die Belagerung durch Pugatschew tapfer verteidigt hatte, wurde sie zur Gouvernementsstadt erhoben, welche Bestimmung sie, nachdem sie von 1802 an Kreisstadt im Gouvernement gewesen, 1865 wieder erhielt. Mit der Erweiterung der russischen Grenzen nach Zentralasien hin (seit 1862) hat O. als Festung jede Bedeutung verloren.

Orendel, eine Spielmannsdichtung des 12. Jahrh., in welcher eine altgermanische Sage und eine christliche Legende verschmolzen sind. Die Einleitung des Gedichts erzählt die Geschichte des heiligen Rocks, der nach verschiedenen Abenteuern von einem Walfisch verschlungen wird. O. ist der Sohn des Königs Eigel von Trier und will um die schöne Brida, die Herrin des Heiligen Grabes, werben. Mit 22 Schiffen fährt er aus, leidet Schiffbruch, kommt zu dem Fischer Eise und fängt im Dienste desselben den Walfisch, der den heiligen Rock verschlungen hat. Derselbe macht seinen Träger unverwundbar; O. heißt von da an nur der "Graurock". Er besteht zahlreiche Abenteuer und erwirbt Bridas Hand. Eine Engelsbotschaft ruft ihn nach Trier, wo er neue Abenteuer besteht und den heiligen Rock in einen Steinsarg legt. Ihm und seiner Gemahlin wird durch einen Engel ihr baldiger Tod verkündigt, worauf sie der Welt entsagen. Das Gedicht ist nur in einer Handschrift des 15. Jahrh. und einem Druck von 1512 erhalten (hrsg. durch v. d. Hagen, Berl. 1844; von Ettmüller, Zürich 1858; von Berger, Bonn 1888; übersetzt von Simrock, Stuttg. 1845). Vgl. Harkensee, Das Spielmannsgedicht von O. (Berl. 1879).

Orense, span. Provinz in der Landschaft Galicien, grenzt im N. an die Provinz Lugo, im Osten an Leon und Zamora, im S. an Portugal, im W. an Pontevedra und hat einen Flächenraum von 6979 qkm (126,7 QM.). Die Provinz ist gebirgig und wird vom Kantabrischen Gebirge, das sich hier gegen Portugal und gegen das Meer zu fortsetzt, erfüllt. Hervorragende Berge und Berggruppen sind: Cabeza de Manzaneda (1778 m), La Picoña (1315 m), Sierra de San Mamede (1617 m), Peña Nofre (1292 m) u. a. Hauptflüsse sind: der Minho und dessen Zuflüsse Arnoya und Sil mit Bibey, dann der in Portugal mündende Küstenfluß Limia und der dem Duero zufließende Tamega. Die Bevölkerung beträgt (1878) 388,835 Einw. (1885 auf 397,000 geschätzt) und ist mit 55 auf das QKilometer sehr dicht. Die wichtigsten Produkte der Landwirtschaft sind: Getreide, Gemüse, Wein, Flachs, Hanf, Öl, Gartenfrüchte, Mandeln, Kastanien. Der Bergbau liefert Zinn und Eisen; auch wird Goldwäscherei betrieben. Im übrigen enthält die Provinz zahlreiche Mineralquellen, bedeutende Waldungen und große Schafherden. Die Industrie befaßt sich insbesondere mit Papierfabrikation und Schafwollweberei. Die galicische Eisenbahn durchzieht im Minhothal das Land. Die Provinz umfaßt elf Gerichtsbezirke (darunter Ribadavia). - Die gleichnamige Hauptstadt, am Minho (mit hoch gewölbter Brücke) und an der Eisenbahn Monforte-Vigo hat eine gotische Kathedrale, ein großes Priesterseminar, Wollzeugweberei, Schokoladenfabrikation, Flachsspinnerei, Gerberei, Zinngießerei, heiße Schwefelquellen und (1885) 13,291 Einw. O. ist Sitz eines Gouverneurs und eines Bischofs.

Oreodóxa Willd. (Kohlpalme), Gattung aus der Familie der Palmen, schöne hohe Bäume in Westindien und Südamerika, mit geringeltem Stamm, langen, endständigen, gefiederten Blättern, einhäusigen, gelblichen Blüten und ovaler Steinbeere mit faseriger Außenschicht. O. regia H. B. K. (Königspalme von Havana, s. Tafel "Palmen II"), eine der häufigsten Palmen Cubas, auch auf Teneriffa, wird 20-25 m hoch; der Stamm ist unten am dicksten, verdünnt sich dann etwa bis zur Hälfte seiner Höhe etwas, wird hierauf wieder stärker und treibt schließlich einen grasgrünen, glatten, dünnen Schaft, aus welchem die Blätter entspringen. Die Rinde ist grünlichweiß; unter ihr liegt eine 5-8 cm starke holzartige Schicht von außerordentlicher Härte, welche dauerhaftes Gebälk und Sparrenwerk für Häuser gibt. Mit den Blättern deckt man Dächer, die Blütenscheiden dienen zu Wasserbehältern und zum Verpacken, die Früchte benutzt man als Schweinefutter. O. oleracea Mart., auf den Antillen, besonders auf Cuba, auch in Guayana und Venezuela, wird über 50 m hoch, hat ebenfalls sehr hartes, aber dünnes Holz; die Epidermis der frisch abgehauenen Blätter benutzt man als Papier, das Herz wird in Essig eingemacht oder als Gemüse gekocht, das Mark gibt Sago, die abgekochten Nüsse liefern Öl.

Oreotragus, Klippspringer, s. Antilopen, S. 639.

Oreste, Monte, s. Soracte.

Oréstes, 1) im griech. Mythus der Sohn des Agamemnon und der Klytämnestra, Bruder der Chrysothemis, Elektra (Laodike) und Iphigenia (Iphianassa), sollte, als Agamemnon gegen Troja gezogen war und dessen Gemahlin von Ägisthos (s. d.) verführt ward, das Schicksal seines Vaters teilen, ward aber von Elektra (s. d. 2) zu dem Phokeerkönig Strophios gebracht, wo er bis zu seinem 20. Jahr blieb und mit dessen Sohn Pylades innige Freundschaft schloß. Beide kamen dann nach Mykenä, und O. rächte die Ermordung seines Vaters an der Mutter und ihrem Buhlen, indem er beiden den Tod gab. Von den Eumeniden deshalb verfolgt, irrte er lange umher und wurde von ihrer Rache endlich dadurch befreit, daß Athene auf dem Areopag ein Gericht über ihn niedersetzte und bei der Abstimmung einen weißen Stein in die Stimmurne warf, der die Freisprechung entschied, nach andrer Sage dadurch, daß er das Bild der Artemis von den Tauriern nach Griechenland brachte. Dort war seine Schwester Iphigeneia (s. d.) Priesterin und sollte den O. als