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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Palermo

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Palermo (Stadt).

stantia, ihres Gemahls, des Kaisers Heinrich VI., und seines Sohns Friedrich II., dann den silbernen Sarg der heil. Rosalia. In der Unterkirche befinden sich die Grabmäler der Erzbischöfe von P. Mit der Kathedrale durch zwei Bogen verbunden ist der schöne Glockenturm und der anschließende erzbischöfliche Palast. Von Kirchen sind ferner merkwürdig: San Domenico, die weitläufigste Kirche der Stadt, jetzt die sizilische Ruhmeshalle; die Kirche des heil. Joseph, ein Säulenbau (1612-45) mit reicher Marmordekoration und Unterkirche; die Kirche Olivella und das dazu gehörige schöne Oratorium; die Kirche der Casa prosessa im Jesuitenstil; die kleine Kirche Santa Maria della Catena, mit schönem Portikus aus dem 16. Jahrh.; die Kirche Martorana (1143), ein Musterbild normännischen Stils, mit interessante Mosaiken aus der Zeit König Rogers; die Kirche San Giovanni degli Eremiti, ein merkwürdiger altnormännischer Bau aus dem J. 1132 mit fünf Kuppeln. Unter den übrigen öffentlichen Gebäuden steht der Palazzo reale obenan, ein Konglomerat verschiedener Stilarten mit der vom alten Normannenbau erhaltenen Torre Pisana (auch Santa Ninfa, 1787 als astronomisches Observatorium von Piazzi eingerichtet, welcher hier den Planeten Ceres entdeckte), der herrlichen, von Roger I. um 1140 erbauten palatinischen Kapelle mit prachtvollen Wandmosaiken auf Goldgrund und dem mit normännischen Ornamenten und Mosaiken geschmückten Saal Rogers. Andre öffentliche Gebäude, wie der Palazzo de' Tribunali (1307 erbaut), das Rathaus, das Universitätsgebäude und der erzbischöfliche Palast, zeichnen sich hauptsächlich nur durch ihre Größe aus. Unter den Privatpalästen, deren Fassaden meist in prunkvollem Rokokostil ausgeführt sind, häufig aber den Kontrast von Pracht und Verfall darbieten, sind die ausgezeichneten die Paläste Abbatelli, San Cataldo, Forcella, Ajutamicristo, Geraci und Riso. Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf (1881) 242,079, so daß P. an Einwohnerzahl unter den italienischen Städten nur Neapel, Mailand und Rom nachsteht. Die Industrie ist nicht von großer Bedeutung und hauptsächlich durch eine Eisengießerei, Fabrikation von Maschinen, Messingketten, Essenzen und Teigwaren, Sumachmühlen, Kunsttischlerei, Herstellung von Tischplatten aus verschiedenartigem Marmor, Handschuhen und Schuhwaren vertreten. Hauptgegenstände des Handels sind in der Ausfuhr: Agrumen, Mandeln und Nüsse, Sumach, Schwefel, Weizen, Manna, Wein und Essenzen; in der Einfuhr: Steinkohlen, Petroleum, Getreide, Reis, Kaffee, Zucker, Eisen, Kurzwaren, Häute und Gewebe. Der Warenverkehr erreichte 1886 eine Menge von 500,000 Ton. Der alte Hafen von P., La Cala, ist nur für kleinere Schiffe zugänglich; dagegen ist im N. der Stadt am Fuß des Monte Pellegrino ein neuer durch einen großen Molo (mit Leuchtturm) geschützter Hafen hergestellt worden, welcher jedoch bisher an Magazinen Mangel leidet. In demselben waren 1886 handelsthätig 3611 Schiffe mit 1,203,269 T. ein- und 3585 Schiffe mit 1,192,642 T. ausgelaufen. Vom gesamten Schiffsverkehr (7196 Schiffe mit 2,395,911 T.) kamen auf die internationale Schiffahrt 1397 Schiffe und 834,388 T., auf die Kabotage 5799 Fahrzeuge und 1,561,523 T.; Dampfer verkehrten 3095 mit 2,170,870 T., Segelschiffe 4101 mit 225,041 T.; die italien. Flagge war durch 5948 Schiffe mit 1,295,958 T., andre Flaggen (vorwiegend die englische, dann die französische und deutsche) durch 1248 Schiffe mit 1,099,953 T. vertreten. Der Hafen von P. steht in regelmäßiger Verbindung mit dem italienischen Kontinent und den Inseln, mit Marseille, den Küstenplätzen des Adriatischen Meers, der Levante, dem Schwarzen Meer, mit Spanien, Holland, England, Hamburg und Nordamerika. Seiner Bedeutung nach ist der Hafen der fünfte in Italien und steht hinsichtlich des Tonnengehalts der ein- und ausgelaufenen Schiffe nur den Häfen von Genua, Neapel, Livorno und Messina nach. Die Handelsmarine des Seebezirks von P. hatte 1886 einen Stand von 402 Schiffen mit 67,301 T.; mit dem Besitzstand an Dampfern (71 mit 52,073 T.) nimmt P. nach Genua den höchsten Rang in Italien ein. Zu Lande stellt das von P. auslaufende Eisenbahnnetz die Verbindung mit den wichtigsten Hafenplätzen der Insel her. Für den Lokalverkehr sorgt eine Pferdebahn. Förderungsmittel des Handels sind außerdem eine Börse, zwei größere Banken und mehrere kleine Kreditinstitute.

An Unterrichtsanstalten besitzt die Stadt eine im J. 1447 gegründete Universität mit vier Fakultäten (für Jurisprudenz, Medizin, Naturwissenschaften und Mathematik, Philosophie und Litteratur) und (1882) 72 Lehrkräften und 593 Studierenden. Mit ihr sind eine Notariats- und Ingenieurschule, ein Kollegium der schönen Künste, ein pharmazeutischer und ein Hebammenkurs vereinigt. Die Lehrmittel und Institute sind außer dem botanischen Garten und der naturhistorischen Sammlung höchst dürftig. Außerdem hat P. ein Lyceum, 2 Gymnasien, ein Gewerbeinstitut, 2 technische Schulen, ein Institut für die Handelsmarine, eine Ackerbauschule, ein erzbischöfliches Seminar, ein königliches Kollegium für Musik, ein Nationalkonvikt, eine königliche Erziehungsanstalt für Mädchen, ein Taubstummeninstitut, mehrere Akademien u. dgl. Eine sehr wertvolle Kunstsammlung ist das Nationalmuseum, welches sich namentlich durch seine antiken Skulpturen (Metopen von Selinunt) auszeichnet. Von Bibliotheken sind zu nennen: die städtische Bibliothek mit 130,000 Bänden und 2600 Manuskripten, die Nationalbibliothek, ehemals dem Jesuitenkollegium gehörig, mit 110,000 Bänden und 1300 Manuskripten. Andre gemeinnützige Anstalten sind: ein großes Hospital, ein Militärspital, mehrere Waisen- und Versorgungshäuser, eine Kinderbewahranstalt, ein Armenhaus,

^[Abb.: Umgebung von Palermo.]