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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Palmenfarne - Palmer.

nur selten in größern, reinen Beständen; meist einzeln oder in kleinen Gruppen unterbrechen sie die niedere Vegetation der Ebenen, Flußufer und Küsten oder stehen gemischt mit andern Bäumen in den Wäldern. Die meisten vegetieren in der Ebene bei einer mittlern Temperatur von 22-24° R.; doch steigen in den feuchtwarmen Thälern der östlichen Andes zwei Palmenarten: die niedrigwüchsige Oreodoxa und die 50 m hohe Wachspalme (Ceroxylon andicola), bis zu der Grenze des Hochwaldes bei 2700 m empor. In der vorweltlichen Vegetation finden wir die P. mit etwa 80 Arten vom Kohlengebirge an bis in die Tertiärzeit, in letzterer jedoch am häufigsten; es sind vorzüglich die Gattungen Flabellaria Sternb., welche in großen, fächerförmigen Blättern, Phoenicites Brong., welche in gefiederten Blättern, Fasciculites Cotta, welche in Stammstücken mit zerstreuten Gefäßbündeln, und Palmacites Brong., welche in Stämmen erhalten ist, deren Oberfläche mit den stehen bleibenden Blattbasen bedeckt ist. Diesen schließen sich Arten der noch lebenden Gattungen Sabal Ad. und Chamaerops L., mit fächerförmigen Blättern, an.

Die P. liefern Brot, Wein, Öl und Holz. Die baumartigen enthalten ein an nährendem Stärkemehl reiches Mark (Sago); die jungen Wedel und Knospen sind ein wohlschmeckendes Gemüse (Palmenkohl); das Fruchtfleisch der Steinbeeren mehrerer Arten ist reif eßbar; die Samenkerne, welche anfangs fast ganz aus süßem, flüssigem Endosperm (Kokosmilch) bestehen, später hart und ölig werden, dienen zur Nahrung und zur Darstellung der Palmbutter oder des Palmöls, bei dessen Bereitung als Rückstand das Palmenmehl gewonnen wird. Auch aus der Fruchthülle mancher Arten wird Speise- und Brennöl gewonnen. Mehrere lassen aus ihren Stämmen einen zuckerreichen Saft ausfließen, den man auf Palmwein oder Palmzucker verarbeitet. Palmzweige (Blätter) dienten schon im hohen Altertum als ein Symbol der Siegesfreude, so bei den Festen des Osiris in Ägypten und den feierlichen Einzügen der Könige und Kriegshelden in Jerusalem, bei den Olympischen Spielen und auf dem Kleid römischer Imperatoren, und in der Folge nahm sie auch die christliche Kirche in dem gleichen Sinn in ihre Bildersprache auf (s. Palmsonntag). Die Stämme einiger Palmenarten schwitzen ein Wachs aus. Die Fasern am Grunde der Blattstiele oder auf den Früchten dienen zu starken, dauerhaften Geweben, die Stämme der P. zu Bauholz, die dünnern Stämme und Wedelstiele zum Bedachen der Wohnungen, zu Körben, Hüten, Stöcken, Spießen, Pfeilen, Matten u. dgl., und die harten Fruchtschalen verwendet man zu allerhand Drechslerarbeiten. Als Zierpflanzen spielen die P. eine große Rolle; abgesehen von Chamaerops humilis und Phoenix dactylifera, halten einige harte P. im südlichen Europa im Freien aus; für die zartern baut man Palmenhäuser, welche wegen des hohen Wuchses vieler P. eine bedeutende Höhe erfordern, während man sie verhältnismäßig nicht sehr stark zu heizen braucht. Die P. nehmen vielmehr mit niederer Temperatur vorlieb und sind überhaupt viel härter, als man bis vor nicht langer Zeit allgemein glaubte. Viele eignen sich auch vortrefflich zur Zimmerkultur, und einige Arten sind Marktpflanzen geworden, welche in manchen Gärtnereien zu vielen Tausenden herangezogen werden. Vgl. Martius, Historia naturalis palmarum (Münch. 1831-50); Griffith, Palms of British East India (Kalkutta 1850); Seemann, Die P. (2. Aufl., Leipz. 1863); de Kerchove de Denterghem, Les palmiers (Par. 1878); Drude, Die P., in Martius' "Flora brasiliensis" (Münch. 1878); Derselbe, Über Verbreitung der P. (in "Petermanns Mitteilungen" 1878); Semler, Die tropische Agrikultur, Bd. 1-3 (Wismar 1885-88); Brinckmeier, Anleitung zur Kenntnis, Anzucht und Kultur der P. (Ilmenau 1886); Salomon, Die P. etc. für Gewächshaus- und Zimmerkultur (Berl. 1887).

Palmenfarne, s. Cykadeen.

Palmenfest, s. v. w. Palmsonntag (s. d.).

Palmenholz (Palmyraholz, Zebraholz), das Holz mehrerer Palmen, welches in den europäischen Handel kommt. Je nach den hellern oder dunklern, in den Bastbündelsträngen mitunter fast schwarzen Nüancen von Braun unterscheidet man weißes P. von der Dattelpalme und der Kokospalme und schwarzes von der Tobagopalme (Bactris), der Palmyrapalme (Borassus flabelliformis), der Popunhapalme (Guilielma) und der Gomutipalme (Arenga saccharifera). Das P. wird in der Stock- und Knopffabrikation, zu Rauchrequisiten u. dgl. benutzt.

Palmenhonig, s. Jubaea.

Palmenkohl, in den Tropen beliebtes Gemüse, welches aus den jungen, noch unentwickelten Blättern verschiedener Palmen besteht. Von den bekanntern Palmen liefern P. namentlich Arenga saccharifera, Chamaerops Ritchiana, Cocos nucifera, Lodoicea, Maximiliana regia, Euterpe oleracea. Den wohlschmeckendsten Kohl liefert vielleicht Areca Catechu; doch wird derselbe bei dem hohen Werte dieser Palme selten benutzt, da das Ausschneiden der Herzblätter den Baum unfehlbar tötet.

Palmenlilie, s. Yucca.

Palmenmehl, s. Sago.

Palmenorden, s. Fruchtbringende Gesellschaft.

Palmenpapier. Die Blätter von Borassus flabelliformis werden in Indien neben denen der Kokospalme und der Talipot (Corypha umbraculifera) statt des Papiers benutzt. Die für den Eindruck des Griffels vorbereiteten Blätter heißen Ollahs. Die Buchstaben werden lesbarer gemacht, indem man sie mit Öl und einer schwarzen Substanz, z. B. einem angebrannten Lappen, einreibt. Die "Palmyrabücher" sind selten länger als 60 cm und 5 cm breit; man rollt sie zusammen, verklebt sie mit etwas Gummi und versendet solche Briefe bisweilen mit der Post. Diese Manuskripte sind sehr dauerhaft, und manche Autoren nehmen an, daß sie sich 400-500 Jahre halten. Der erste Hinduschriftsteller, welcher diese Art zu schreiben erwähnt, ist Panningrishee, der vor etwa 4170 Jahren zu Arittuwarum, nahe der Gangesquelle, gelebt haben soll. Die innere Seite der Blattstiele von Oreodoxa oleracea trägt eine zarte Haut, die getrocknet Schreibpapier liefert.

Palmenstärke, s. v. w. Sago.

Palmenweihe, s. Palmsonntag.

Palmer (spr. pahmer), Gemeinde im nordamerikan. Staat Massachusetts, 20 km östlich von Springfield, mit Fabriken und (1880) 5504 Einw.

Palmer, Christian von, protestant. Theolog, geb. 27. Jan. 1811 zu Winnenden bei Stuttgart, wurde 1836 Repetent am Tübinger Stift, 1839 Diakonus in Marbach, 1843 Diakonus in Tübingen, 1845 außerordentlicher Professor, 1851 Dekan und 1852 ordentlicher Professor der Theologie an der Universität daselbst sowie später auch Vorsteher der evangelischen Predigeranstalt. Seit 1853 geadelt, vertrat er die Stadt Tübingen 1870-72 im Landtag. Er starb 29. Mai 1875. Von seinen Werken sind hervorzuheben: "Evangelische Homiletik" (6. Aufl. von Kirn,