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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Panzerschiff

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Panzerschiff.

vordern Turms liegen jedoch 5,23, die des hintern 4 m über Wasser; beide Türme sind durch ein 7,11 m über Wasser liegendes Sturmdeck verbunden, in welchem die in das Innere des Schiffs führenden Öffnungen münden, welche daher auch in See stets offen bleiben können. Der 305 mm dicke Gürtelpanzer reicht bis zum Deck, welches mit drei Eisenplatten von je 25 mm Dicke gepanzert ist. Auf diesem erhebt sich über den Bordwänden, hinten mittschiffs schleifenförmig eingezogen, ein oben bedeckter eiserner Überbau, innerhalb dessen auf dem Deck die 2,13 m hohe Panzerbrustwehr; vor den Türmen ist dieselbe 305 mm, an den übrigen Teilen 254 mm dick. Die Türme, mit je zwei 30,5 cm Kanonen armiert, sind von außen nach innen aus je 229 mm Eisen und Holz und nochmals 152 mm Eisen und Holz sowie einer 38 mm dicken Innenhaut zusammengesetzt. Zur Erhöhung seiner Drehfähigkeit hat das Schiff Zwillingsschrauben. Es hat nur einen Signalmast, 9330 Ton. Deplacement und Raum für 1800 T. Kohlen. In England begann man schon mit dem Black Prince, dem zweiten P., die Panzerschiffe aus Eisen zu bauen; dies ermöglichte, den Boden des Schiffs aus zwei Wänden herzustellen und den Zwischenraum durch eine größere Anzahl Längs- und Querwände in eine mehr oder minder große Anzahl wasserdichter Räume, Zellen, daher Zellensystem, zu scheiden, die man bald darauf mit Stoffen füllte, welche nach Aufsaugung von Wasser aufquellen und so das Schußloch eines hindurchgegangenen Geschosses von selbst schließen; meist wird hierzu Kork (daher Korkzellen) verwendet. In ähnlicher Weise hat man in den untern Schiffsräumen durch eine Anzahl Längs- und Querschotte wasserdichte Abteilungen gewonnen, die als Kohlen-, Kessel- und Maschinen-, Materialien-, Vorrats- etc. Räume dienen und welche ebenso wie die Zellen im Schiffsboden den Zweck haben, die durch Torpedos und Artilleriegeschosse angerichteten Zerstörungen zu lokalisieren, so daß, wenn auch die leck geschossenen Abteilungen sich mit Wasser anfüllten, das Schiff dennoch schwimmfähig, wenn auch nicht immer gefechtsfähig bleibt. Neuere Schiffe haben mehrere Hundert solcher Abteilungen; der Ting-Yuen (s. Tafel "Schiff II") hat deren unter dem Zwischendeck etwa 200, über dem ersten Zwischendeck noch 23, ähnlich wie beim Amiral Duperré (Fig. 3 der Tafel). Die Devastation (englisch) ist das typische Vorbild für die Hochseebrustwehrmonitoren geworden, und die meisten Marinen besitzen ähnliche Schiffe.

Die ungeahnten Erfolge Krupps im Geschützwesen forderten eine immer größere Panzerstärke und die Aufstellung immer schwererer Geschütze an Bord. Das Deplacement der Schlachtschiffe erreichte bei der Italia fast 15,000 T., und da ein Zweifel darüber nicht mehr haltbar war, daß im Wettkampf zwischen Schiffspanzer und Geschütz letzteres stets Sieger bleiben würde, so drängte sich die Frage auf, ob denn der Panzer fernerhin noch beibehalten werden könne. Von vielen Seiten wurde statt der Panzerung der Bau von Kreuzern größtmöglicher Fahrgeschwindigkeit empfohlen, aber zuletzt gewann man doch die Überzeugung, daß Panzerschiffe als Kern der Hochsee-Schlachtflotten und im Kampf mit Küstenwerken unentbehrlich seien; in ihnen muß die größte Defensiv- und Offensivkraft der Flotte vereint sein. Es handelte sich mithin darum, das Gewicht des Panzers bei aller Widerstandskraft nach Möglichkeit zu beschränken. Die Erfindung der Compoundpanzer (s. Panzerplatten) kam zu Hilfe, aber auch die panzerbedeckte Fläche der Schiffe mußte vermindert werden. Man hatte erfahren, daß auf horizontale Panzer in spitzen Winkeln, also flach, auftreffende Geschosse eine sehr geringe Wirkung äußern. Solange wir also im Seekrieg ausschließlich Geschütze mit großer Geschoßgeschwindigkeit verwenden, werden horizontale Panzer den wirksamsten Schutz gewähren. Hieraus entsprang die Verwendung des Panzerdecks. Dasselbe, meist aus Stahlplatten von 60 bis 80 mm Dicke bestehend, liegt etwa in Höhe der Wasserlinie, in der Regel darunter, und geht vom Heck bis zur Spitze des Rammbugs, welcher hierdurch an Widerstandskraft erheblich gewonnen. Unter dem Panzerdeck liegen dann Kessel, Maschinen und Munitionsräume. Man hat sogar Schiffe ohne Seitenpanzer, nur mit Deckpanzer gebaut (Deckpanzerschiffe), und um in den flach gehenden Fahrzeugen Raum für die Maschinen zu gewinnen, ist das Panzerdeck stark gewölbt.

In Frankreich gab man dem Gürtelpanzer des Amiral Duperré (Fig. 3 der Tafel) mittschiffs eine Dicke von 550 mm, aber eine Höhe von nur 2,4 m; nach Bug und Heck hin nahm die Panzerdicke bis 250 mm ab, mit dem Oberrand des Panzergürtels fällt ein 60 mm dickes Panzerdeck zusammen. Zur Gewinnung eines unbeschränkten Vorausfeuers sind die beiden hinter einer Verschanzung stehenden Bugtürme seitlich über die Bordwände hinausgeschoben, zwei andre Türme stehen mittschiffs nach hinten, das letztere im Heck (Heckgeschütz). In jedem Turm steht eine 34 cm Kanone auf Drehscheibe (barbette), über Bank feuernd (Barbetteturmschiffe). Die Barbettetürme haben vor den Drehtürmen viele technische und andre Vorzüge, gegen welche der Mangel an Deckung zurücksteht, so daß man in neuerer Zeit die offenen Türme ausschließlich anwendet und sie nur zur Deckung gegen das Feuer der Revolverkanonen mit einem Schutzschirm aus Stahlblech versieht. Vierzehn 24 cm Kanonen sind in einer ungepanzerten Batterie aufgestellt. Die Türme sowie die Schlotmäntel der Maschine und die Munitionsförderschächte, welche alle durch das Panzerdeck gehen, sind mit 30 cm dicken Platten gepanzert. Die vordern und hintern Türme sind unter sich durch eine eiserne Brücke verbunden. Das Schiff hat 98 m Länge, 20 m Breite, 11,100 T. Deplacement, 8120 indizierte Pferdekräfte. Das Schiff enthält etwa 200 wasserdichte Abteilungen. In den Jahren 1873 bis 1879 baute man in Italien die großen Citadellschiffe Duilio und Dandolo, welche mittschiffs eine über der Bordwand stehende vierseitige Citadelle (die Panzerung der Bordwände ist an den beiden Enden durch Panzerquerschotte verbunden) tragen, in der zwei aus der Schiffsmittellinie gerückte (diagonale) Panzerdrehtürme stehen. Im J. 1876 wurde indes der Bau der Schwesterschiffe Italia und Lepanto begonnen, ersteres (Fig. 4 der Tafel) ist das größte und schwerste bis jetzt gebaute P. Es ist 124,7 m lang, 22,54 m breit, hat 9,24 m Tiefgang und ist in der Mitte 17,7 m hoch. Der untere Raum wird von einem durchgehends Panzerdeck nach oben wasserdicht abgeschlossen und enthält 60 wasserdichte Abteilungen, in welchen die 26 Kessel in sechs Gruppen, die Maschinen, welche 18,000 Pferdekräfte indizieren, 1800 T. Kohlen, die Munition und sonstige Vorräte lagern. Auf dem Oberdeck steht ein ovales, mit 48 cm dicken Platten bekleidetes Panzerreduit, in welchem diagonal auf zwei Drehscheiben je zwei 100 Ton. Geschütze von 43 cm Kaliber stehen, acht 15 cm, 6 leichtere Geschütze und 14 Revolverkanonen stehen teils auf dem Oberdeck, teils in der Batterie. Innerhalb des Reduits führt ein gepanzer-^[folgende Seite]