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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Parsberg; Parsdorf; Parsen; Parseval-Grandmaison; Parsi

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Parsberg - Parsi.

Parsberg, Flecken und Bezirksamtshauptort im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, an der Schwarzen Laber und der Linie Passau-Nürnberg-Würzburg der Bayrischen Staatsbahn, 554 m ü. M., hat ein Schloß, ein Amtsgericht, ein Forstamt und (1885) 997 fast nur kath. Einwohner.

Parsdorf, Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Ebersberg, mit 172 Einw. Hier 15. Juli 1800 Waffenstillstand zwischen den Franzosen und Österreichern.

Parsen (Gebern, Feueranbeter), die noch übrigen Anhänger der von Zoroaster (s. d.) gestifteten iranischen Nationalreligion, deren Anzahl sich in Indien auf etwa 70,000 beläuft, wozu noch ca. 5500 in den persischen Landschaften Jezd und Kirman kommen. Die erstern wanderten aus ihrer Heimat aus, weil nach dem Sturz des Sassanidenreichs der Islam in ganz Iran mit Feuer und Schwert verbreitet wurde, und fanden ein Asyl in Gudscharat, von wo sie sich weiter nach Süden hin ausbreiteten. Heutzutage sind sie größtenteils in Bombay ansässig, bilden aber ein weit wichtigeres Element in der indischen Bevölkerung, als ihre geringe Zahl erwarten ließe. In der Neuzeit wurde ein durch seinen kolossalen Reichtum und die daraus gemachten sehr bedeutenden Schenkungen ausgezeichneter Parse, Namens Dschidschiboy (gest. 1859), von der englischen Regierung in den Adelstand erhoben. Es gibt überhaupt viele reiche und wohlthätige P., und die von ihnen in Bombay gestiftete Erziehungsanstalt, in der über 1000 Knaben und Mädchen unterrichtet werden, ist ein Musterinstitut. Ihr Reichtum stammt aus dem Handel, der in Bombay zum großen Teil in den Händen der P. konzentriert ist. Wie durch ihren körperlichen Habitus, ihre helle, nur hier und da leicht gebrannte Hautfarbe und ihre intelligenten Gesichtszüge, so nähern sich die P. durch ihre hervorragende geistige Begabung den Europäern, an die sie sich eng anschließen suchen. Neuerdings gehen viele P. zum Zweck juristischer Studien nach London und treten nach abgelegtem Examen in Indien als Anwalte (Barristers) auf oder finden sogar Aufnahme in dem indischen Zivildienst. Fast alle erwachsenen P. sprechen geläufig Englisch, und viele haben selbst im Familienkreis den Gebrauch der Gudscharatisprache, welche die P. von ihren indischen Nachbarn annahmen, völlig aufgegeben. Äußerlich sind die P. an ihren hohen, mit schwarzem Glanzstoff überzogenen Hüten kenntlich. Die Frauen tragen helle farbige Gewänder und zeigen sich ungeniert auf der Straße. An ihrer alten Religion und den damit zusammenhängenden Gebräuchen hängen sie mit großer Zähigkeit fest, und die christlichen Missionäre konnten bisher bei ihnen nichts ausrichten. Merkwürdig sind ihre Dakhma ("Türme des Schweigens") auf dem Malabar Hill in Bombay, d. h. Begräbnisstätten, auf denen die Leichen den Vögeln zum Fraß ausgesetzt werden, ganz nach den Vorschriften des Zendavesta, der die Verbrennung oder das Begraben der Leichen als unsühnbare Verbrechen bezeichnet, weil dadurch das Feuer oder das Wasser, die heiligen Elemente, verunreinigt würden. In den schmucklosen Feuertempeln der P. wird das heilige Feuer fortwährend unterhalten. Die Verehrung der P. für das Feuer, die ihnen den populären Namen der "Feueranbeter" eingetragen hat, zeigt sich auch z. B. in ihrer Gewohnheit, Lichter nicht auszublasen, sondern allmählich durch Wedeln mit dem Ärmel zu verlöschen. Andre uralte Gebräuche sind: das Haomaopfer, wobei ein gewisser Pflanzensaft unter Absingung einer Litanei aus dem Zendavesta der Gottheit dargebracht wird; die Umgürtung mit dem Kosti oder heiligen Gürtel, die ursprünglich das Symbol der Mündigwerdung war, jetzt aber schon im Knabenalter stattfindet; der Nirang oder die Waschung mit Rinderurin, die, ein Überrest von der alten Verehrung des Rindes als des unentbehrlichen Haustiers, noch jetzt bei der Umgürtung, an Wöchnerinnen und sonst bei gewissen Zeremonien vollzogen wird; die Heiraten zwischen nahen Verwandten, die unter dem Namen Khetûda für eine verdienstliche Handlung gelten. Von den Indern haben die P. die Sitte sehr früher Heiraten und pomphafter Hochzeiten angenommen. Die Volksreligion der P. ist eher als Monotheismus wie als Dualismus zu bezeichnen; ihre Moral läßt sich in die schon im Zendavesta betonte Dreiheit: gute Gedanken, gute Worte und gute Thaten, zusammenfassen, woran sie durch die drei Schnüre ihres heiligen Gürtels stündlich erinnert werden. Die an verschiedene Gottheiten gerichteten Gebete ihrer heiligen Schrift, des Zendavesta (s. d.), sagen sie auswendig her, aber ohne ihren Sinn zu kennen. Auch ihre gelehrtesten Priester, Desturs genannt, können den Zendavesta, den die P. aus ihrer Heimat nach Indien mitbrachten, nicht mehr in der Sprache des Originals, dem Zend, verstehen, sondern nur nach einer Übersetzung ins Pehlewi oder Mittelpersische, die zur Zeit der Sassaniden gemacht wurde (s. Zendavesta). Doch nehmen die P. ein thätiges Interesse an den Forschungen europäischer Gelehrten über ihre alte religiöse Litteratur, unter deren Anleitung sie neuestens auch selbst als Forscher auf diesem Gebiet auftreten. Vgl. Spiegel, Avesta, aus dem Grundtext übersetzt (Leipz. 1852-63, 3 Bde.); Monier Williams, Modern India and the Indians (4. Aufl., Lond. 1887); Karaka, History of the Parsis (das. 1884, 2 Bde.); Houtum-Schindler (in der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft", Bd. 36, S. 54 ff.).

Parseval-Grandmaison (spr. parß'wall-grangmäsóng), François Auguste, franz. Dichter, geb. 1759 zu Paris, war zuerst Maler, dann Dichter, folgte Napoleon nach Ägypten, wo er Mitglied des Instituts von Kairo wurde, trat 1811 in die Akademie und starb 7. Dez. 1834. Sein Hauptwerk ist "Philippe-Auguste" (1825; 1826, 2 Bde.), eine Dichtung ohne Saft und Kraft trotz einiger gelungenen Beschreibungen, aber immerhin das wichtigste Heldengedicht der ganzen Epoche. Außerdem schrieb er: "Les amours épiques" (1804) und Gedichte zur Feier der Vermählung Napoleons und der Geburt seines Sohns. Sein Epos über die ägyptische Expedition ist nie veröffentlicht worden.

Parsi, die unmittelbar dem Neupersischen vorausgehende, noch nicht durch das Eindringen arabischer Elemente getrübte Sprachstufe des Persischen. Die Parsen Indiens gebrauchen für P. meistens den Namen Pâzend, was eigentlich einen am Fuß (pâ) der Seite stehenden Kommentar (Zend) bedeutet. In der That sind die erhaltenen Schriften in dieser Sprache meistens nur theologische Erläuterungen zu der Zendlitteratur (s. Zend), die jedoch manche für die Religions- und Kulturgeschichte Persiens wichtige Angaben enthalten. Die wichtigste derselben ist der wahrscheinlich im 6. Jahrh. n. Chr. verfaßte "Mainyô-i-Khard" ("Buch der Weisheit"). Die wichtigsten Parsihandschriften befinden sich in München (Haugsche Sammlung) und in Bombay. Sie sind meistens in der Zendschrift, seltener in der Pehlewi- oder persisch-arabischen Schrift geschrieben. Vgl. Spiegel, Grammatik der Parsisprache nebst Sprach-^[folgende Seite]