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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pasquillverschluß; Pasquinade; Pasquino; Paß; Passabel; Passadieren; Passagaglio; Passage

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Pasquillverschluß - Passage.

lich aber für schriftliche und öffentliche Verleumdungen, gebräuchlich. Die peinliche Gerichtsordnung Karls V. (die sogen. Carolina) bedrohte die gegen jemand erhobene öffentliche Anschuldigung, ein peinliches Verbrechen begangen zu haben, für den Fall der Unerweislichkeit des letztern mit schwerer Strafe, nämlich mit ebenderjenigen, mit welcher das angeschuldigte Verbrechen nach dem Gesetz zu bestrafen gewesen sein würde. Die moderne Strafgesetzgebung dagegen hebt das P. lediglich als einen besonders strafbaren Fall der Injurie hervor, und das deutsche Strafgesetzbuch erwähnt dasselbe gar nicht ausdrücklich, so daß es hiernach lediglich nach den für die Beleidigung (s. d.) überhaupt geltenden Grundsätzen zu bestrafen ist. Eine Sammlung von "Satiren und Pasquillen aus der Reformationszeit" lieferte Schade (Hannov. 1856-58, 3 Bde.).

Pasquillverschluß, s. Fenster.

Pasquinade (franz., spr. paski-), s. Pasquill.

Pasquino, volkstümliche Benennung einer sehr verstümmelten antiken Statue in Rom, an der Ecke des Palastes Braschi, nahe der Piazza Navona, die im Volksleben der Römer seit Jahrhunderten eine Rolle spielt (s. Pasquill und Marforio). Das Werk, von dem besser erhaltene Nachbildungen sich in Florenz etc. befinden, stellte ursprünglich Aias mit dem Leichnam des Achilleus (nach andern Menelaos mit dem toten Patroklos) dar und gehört der Komposition nach zu den schönsten Kunstschöpfungen des Altertums. Vgl. Mary Lafon, P. et Marforio, les bouches de marbre de Rome (2. Aufl., Par. 1877).

Paß (franz. Passeport), amtliche Legitimationsurkunde für Reisende mit Personalbeschreibung derselben. Die Fälschung eines Passes wird an und für sich nach den für die Urkundenfälschung (s. d.) geordneten Strafsätzen geahndet, während die fälschliche Anfertigung oder Verfälschung oder der wissentliche Gebrauch eines falschen Passes lediglich zum Zweck des bessern Fortkommens nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 363) mit Haft bis zu 6 Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft wird. Die sogen. Paßpflicht oder das früher bestehende System des Paßzwanges erwies sich mit dem steigenden Fremdenverkehr und mit der Verbesserung und Vermehrung der Verkehrsmittel, namentlich mit der Entwickelung des Eisenbahnwesens, als ungenügend zur Kontrolle des Fremdenverkehrs. Dazu war dasselbe für das reisende Publikum mit den mannigfachsten Belästigungen verbunden. Einige Abhilfe schaffte hier allerdings die Dresdener Konvention vom 21. Okt. 1850, wodurch die sogen. Paßkarten eingeführt wurden, als kurze und handliche Legitimationen, welche, auf ein volles Kalenderjahr lautend, nirgends zum Visieren vorgelegt zu werden brauchten. Eine gänzliche Beseitigung des Paßzwanges und die Einführung des Systems der Paßfreiheit erfolgte in Deutschland erst mit der Gründung des Norddeutschen Bundes, nachdem bereits zuvor in mehreren außerdeutschen Staaten, namentlich in der Schweiz, die Paßpolizei beseitigt worden war. Das norddeutsche Bundesgesetz vom 12. Okt. 1867 über das Paßwesen ist inzwischen auch auf die süddeutschen Staaten ausgedehnt worden, wenn es auch noch nicht für Elsaß-Lothringen in Kraft getreten ist. Natürlich schließt die Paßfreiheit jedoch nicht aus, daß Reichsangehörige und Fremde im öffentlichen Interesse, also z. B. wenn gegen sie der Verdacht einer strafbaren Handlung oder Lebensweise besteht, sich auf amtliches Erfordern über ihre Person ausweisen müssen, sei es nun durch Legitimationspapiere, sei es durch Zeugen, durch Briefe etc. Auch kann die Reichsregierung die Paßfreiheit suspendieren, wenn es die Sicherheit des Reichs oder eines einzelnen Bundesstaats, z. B. im Fall eines Kriegs oder innerer Unruhen, erheischt, und den Paßzwang überhaupt oder für einen bestimmten Bezirk oder zu Reisen aus und nach bestimmten Staaten des Auslandes vorübergehend einführen. So ist die Paßpflicht für die aus Rußland kommenden Reisenden, um nihilistischen und kommunistischen Umtrieben vorzubeugen, durch Verordnung vom 14. Juni 1879 angeordnet, so daß jeder Reisende, welcher aus Rußland kommt, verpflichtet ist, sich durch einen P. auszuweisen, welcher von der deutschen Botschaft in St. Petersburg oder einer deutschen Konsularbehörde in Rußland visiert worden ist. Auf der andern Seite ist den Reichsangehörigen das Recht eingeräumt, die Ausfertigung eines Passes, einer Paßkarte oder eines sonstigen Reisepapiers von der zuständigen Behörde und zwar im Ausland von den Gesandten und Konsuln verlangen zu können, wofern ihrer Befugnis zur Reise gesetzliche Hindernisse nicht entgegenstehen. Die sogen. Spezialpässe, wie Zwangspässe und Reiserouten, welche von den Polizeibehörden zuständigermaßen erteilt werden, und ebenso die Kontrolle von Neuanziehenden und von Fremden an ihrem Aufenthaltsort werden durch jenes Reichsgesetz nicht berührt, auch nicht die Vorschriften, welche über die sogen. Leichenpässe gelten, d. h. Anweisungen, eine Leiche unter Anwendung bestimmter Vorsichtsmaßregeln durch einen bestimmten Bezirk durchführen zu dürfen. Gesundheitspässe werden an Reisende verteilt, die in Zeiten, wo eine Epidemie in einem Land herrscht, aus diesem in einen Nachbarstaat übertreten wollen. Für die Legitimationsscheine der Hausierer ist jetzt der Ausdruck Wandergewerbeschein (s. d.) der übliche. Ein Handlungsreisender (s. d.) bedarf einer Legitimationskarte. Die sogen. Aufenthaltskarten (s. d.) sind abgeschafft. Vgl. Kanngießer, Das Gesetz über das Paßwesen (Berl. 1867).

Paß (v. lat. passus, Schritt), Durchgang durch einen Ort, daher die Redensarten: seinen P. haben, jemand den P. abschneiden etc.; dann besonders Bezeichnung für die Übergänge über einen Gebirgsrücken, die immer die niedrigsten Punkte desselben bezeichnen (daher Paßhöhe eines Gebirges, s. Gebirge); militärisch (Engpaß) s. v. w. Defilee (s. d.); im Jagdwesen der gewöhnliche Gang der Raub- und niedern Jagdtiere; in der Reitkunst ein dem Pferd angelernter wiegender Gang, der darin besteht, daß es (wie das Kamel) beide Füße einer Seite zugleich hebt (P.- oder Zeltergang).

Paß, in der Architektur das Bogenstück zwischen zwei Nasen, die einen Kreis oder ein Viereck tangieren; s. Dreipaß, Vierpaß etc.

Passabel (franz.), erträglich, leidlich.

Passadieren (v. franz. passade), in der Reitkunst schulgerechtes Auf- und Absprengen im gefleckten Galopp auf gerader Linie.

Passagaglio (ital., spr. -galljo), s. Passecaille.

Passage (franz., spr. -ahsche), Durchgang, besonders jeder freie Durchgang durch ein größeres Gebäude, der oben meist mit Glas gedeckt und zu beiden Seiten mit Kaufläden etc. versehen ist. In der Musik ist P. (ital. passaggio) eine aus der Durchführung eines Motivs gebildete schnelle Figur von kürzerer Ausdehnung; man unterscheidet zwei Hauptarten der P., die aus der Brechung eines Akkordes gebildete Akkordpassage (Arpeggio) und die dem Wortsinn mehr entsprechende, die Stufen der Skala