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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Patras - Patrimonialgerichtsbarkeit.

die Stadt von Champlitte, Grafen von Champagne, erobert und zum Sitz des Herzogtums Achaia erkoren. 1408 verkaufte Johann II. sein kleines Reich an die Venezianer, denen P. 1463 von den Türken entrissen wurde. 1770 eroberten die Russen und Mainoten P., mußten es aber noch in demselben Jahr wieder räumen, worauf es von den Türken verbrannt wurde. 1820 litt P. bedeutend durch ein Erdbeben. Hier begann die griechische Revolution mit dem Auflauf vom 12. Febr. 1821, wobei die Türken in die Citadelle gedrängt wurden. Als ein militärisch wichtiger Punkt ward die Stadt während des Freiheitskriegs ein Hauptschauplatz des Kampfes, aber 15. April 1822, nachdem Jussuf Pascha die Citadelle entsetzt hatte, von den Türken eingeäschert. Ibrahim Pascha leitete von P. aus die Belagerung von Missolunghi. 1828 nahmen es die französischen Hilfstruppen unter Schneider für Griechenland in Besitz; 1833 wurden die Franzosen durch die Bayern abgelöst.

Patras, Stadt, s. Paträ.

Patres (lat., "Väter"), im alten Rom die Senatoren; auch s. v. w. Kirchenväter und Klostergeistliche; s. Pater, Apostolische Väter, Kirchenväter.

Patres apostolici, s. Apostolische Väter.

Patria (lat.), Vaterland.

Patriarch (griech., "Altvater, Erzvater"), Name der Familienhäupter des Urgeschlechts u. der Stammväter des israelitischen Volkes bis auf die zwölf Söhne Jakobs. Nachdem schon die Vorsteher der jüdischen Synedrien in Tiberias und in Babylon den Ehrennamen angenommen hatten, ging er auch in die christliche Kirche über, wo ihn zuerst alle Bischöfe, seit dem 5. Jahrh. vorzugsweise die Bischöfe von Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem führten. Während die drei Letztgenannte nur das Recht beanspruchten, die Bischöfe ihrer Diözesen zu Synoden zusammenzuberufen und in höherer Instanz über den Metropoliten Klagesachen zu entscheiden, stritten Konstantinopel und Rom um eine die Gesamtkirche beherrschende Stellung (s. Primat). Außerdem führten auch die Erzbischöfe von Venedig, Aquileja und Lissabon den Patriarchentitel. Eignen Patriarchen gehorchen die Kirchen der Armenier, Abessinier, Jakobiten und Maroniten. Über den jetzigen Patriarchen von Konstantinopel s. Griechische Kirche; über das ehemalige Patriarchat von Moskau s. Russische Kirche.

Patriarchaden, Bezeichnung für die zahlreichen durch Klopstocks "Messias" hervorgerufenen Epopöen des 18. Jahrh., welche Stoffe aus der alttestamentlichen Patriarchengeschichte behandelten und auch in der von Klopstock eingeführten Versart (Hexameter) abgefaßt waren. In erster Linie ist hier Bodmers "Noachide" (1750) anzuführen, der er binnen wenigen Jahren noch andre biblische Dichtungen folgen ließ. Auch Wieland in seinem Epos "Der geprüfte Abraham" (1753) schloß sich dieser Richtung an.

Patriarchalstaat, s. Staat.

Patriarchat (griech.), die Würde eines Patriarchen; sodann die erst nach Einführung der Privatehe eintretende und daher bei vielen Naturvölkern fehlende Rechtsanschauung, nach welcher der Vater das unbestrittene Oberhaupt der Familie (s. d.) bildet. Vgl. Mutterrecht und Gemeinschaftsehe.

Patriarchenkreuz, ein hohes Kreuz mit doppelten, meist in Kleeblätter endigenden Querarmen, deren oberer schmäler ist als der untere. S. Kreuz, Fig. 16.

Patricius, s. Patrizier.

Patrick (St. Patricius), der Apostel und Heilige Irlands, geb. 372 zu Bana von Tabernä, dem heutigen Kill-Patrick, in Schottland, Sohn eines Diakons, wurde in seinem 16. Jahr von Seeräubern entführt und kam erst nach sechs Jahren in die Heimat zurück. Nachdem er die Weihen als Priester und Bischof erhalten hatte, verbreitete er 432 in Irland mit Eifer das Christentum und nahm seinen Sitz zu Armagh. Er starb in hohem Alter (in welchem Jahr, ist unbestimmt), wurde später kanonisiert und der Schutzheilige Irlands. Die Angabe, daß P. sich nach Rom begeben und dann als Sendling Cölestins I. in Irland abgetreten sei, ist spätern Datums. Die Schriften, die man ihm beilegt (darunter die "Confessio", eine Selbstbiographie, deren Echtheit bestritten ist), gaben, mit kritischen Anmerkungen versehen, zuerst Wilkins (Dubl. 1656), dann Villanueva (das. 1835) heraus. Sein Leben beschrieben Todd (Dubl. 1864) und Cusack (Lond. 1870). Vgl. Greith, Geschichte der altirischen Kirche (Freiburg 1869); Ebrard, Die iro-schottische Missionskirche (Gütersl. 1873); Shearman, Loca Patriciana (Dubl. 1879); Robert, Étude critique sur la vie de saint-P. (Par. 1884).

Patrickorden (Ritterorden des heil. Patricius), irischer Verdienstorden, ward von Georg III. 5. Febr. 1783 gestiftet. Oberhaupt desselben ist der König von England, Großmeister der jedesmalige Vizekönig von Irland. Außerdem hat derselbe zu Mitgliedern einen Prinzen des königlichen Hauses, 22 Knights Companions, welche wenigstens Grafen sein müssen, und verschiedene Beamte. Das Ordenszeichen ist ein ovaler weißer Schild, in der Mitte mit dem roten Patrickskreuz, auf welchem ein Kleeblatt angebracht ist, dessen drei Blätter drei goldene Kronen zeigen; ein goldener Ring mit der Umschrift: "Quis separabit, 1783", umgeben von einem Kleekranz, umschließt das Kreuz. Außerdem trägt der Ritter einen silbernen Stern mit dem Ordenszeichen in der Mitte, auf dem ein weiß emailliertes Andreaskreuz liegt, mit goldenem Mittelschild, der eine blühende Distel, umgeben von einem grünen Ring, und das Motto in Gold zeigt. Die Ordenskette besteht aus goldenen Harfen und Rosen in der Mitte eines Schildes, verbunden durch Liebesknoten; das Band ist hellbau ^[richtig: hellblau]. Der Ordenstag ist der 17. März.

Patrie, La, Pariser polit. Zeitung, 1841 begründet, unterstützte seit 1848 Ludwig Napoleon und ist noch heute Organ der bonapartistischen Partei.

Patrimi und Matrimi (lat.), ehedem Bezeichnung für Unmündige beiderlei Geschlechts von freier Geburt, deren beide Eltern noch am Leben waren.

Patrimonialgerichtsbarkeit (Erbgerichtsbarkeit, Gutsgerichtsbarkeit, Privatgerichtsbarkeit), die mit dem Besitz eines Gutes (patrimonium), zumeist eines Ritterguts, verbundene Befugnis zur Ausübung der Rechtspflege; Patrimonialgericht, die zur Handhabung dieser Jurisdiktion bestellte Behörde. Der Regel nach übte nämlich der Gutsherr (Gerichtsherr, Gerichtsherrschaft) die Jurisdiktion nicht selbst, sondern durch einen Gerichtsbeamten (Justitiarius, Gerichtshalter, Gerichtsdirektor) aus. Die P. entstand dadurch, daß die Landesherren die ihnen zustehende Gerichtsbarkeit im Mittelalter vielfach wie an Städte, so auch an einzelne Gutsherren, Stifter, Klöster etc. verliehen, wodurch sich eine den landesherrlichen Gerichten gleichstehende unterste Instanz ausbildete, welche mit der Zeit einen dinglichen Charakter annahm. In neuerer Zeit hat sich jedoch der Grundsatz, daß die Gerichtsbarkeit nur dem Staat zukomme und nur durch die staatlichen Organe ausgeübt werden könne, allgemeine Anerkennung verschafft. Schon die deutschen Grundrechte von