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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Patrimonialprinzip - Patrock.

1848 wollten die P. beseitigen; in vielen deutschen Staaten wurde dieselbe ausdrücklich aufgehoben, und das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz statuiert dieselbe im Deutschen Reich überhaupt nicht mehr. Damit sind die letzten Reste der P. in Deutschland, insbesondere die von dem Schönburgschen Gesamthaus in Sachsen ausgeübte P., gefallen.

Patrimonialprinzip (lat.), diejenige Theorie, nach welcher das Eigentum an Grund und Boden (patrimonium, Patrimonialität) als Grund der Staatsgewalt und des Staats (Patrimonialstaat) betrachtet wird. S. Staat.

Patrimonium (lat.), das vom Vater Ererbte; Eigentum, Erbteil; daher Patrimonialgüter, s. v. w. Erbgüter. Als "P. der Enterbten" oder Erbteil der Besitzlosen hat man deren Arbeitslast bezeichnet. Als das Tabaksmonopol in Deutschland eingeführt werden sollte, war auch viel davon die Rede, daß man dadurch die Mittel zur Arbeiterversicherung und somit ein P. der Enterbten gewinnen könne. P. Petri (p. Ecclesiae, lat., Petri Erbgut), das durch Schenkungen erworbene und immer mehr vergrößerte Vermögen der römischen Kirche, der Kirchenstaat, als dessen Gründer der Apostel Petrus angesehen wurde; im engern Sinn die Teile des Kirchenstaats in nächster Nähe Roms, welche den Päpsten bereits im 8. Jahrh. zugefallen waren u. 1860 von Sardinien nicht annektiert wurden, sondern bis 1870 im Besitz des Papstes blieben. Vgl. Kirchenstaat.

Patrioten, Name der aristokratisch-republikan. Partei in der Republik der Vereinigten Niederlande im 18. Jahrh., welche die statthalterliche Würde der Oranier ganz abzuschaffen oder deren Macht möglichst zu beschränken bestrebt war. 1787 durch die preußische Invasion unterdrückt, erhob sie während der französischen Revolution wieder ihr Haupt und bewirkte mit Hilfe der Franzosen 1795 die Vertreibung der Oranier u. die Errichtung der Batavischen Republik. - In Bayern nannte sich bis 1887 die ultramontane Partei Patriotenpartei (j. Zentrumspartei).

Patriotenliga, ein 1880 in Frankreich von Paul Deroulède (s. d.), Bert, A. de la Forge u. a. gegründeter patriotischer Verein, der sich die Hebung des vaterländische Sinnes im Volk und die Wehrhaftmachung Frankreichs zum Ziel setzte, um hierdurch die Revanche an Deutschland und die Wiedergewinnung Elsaß-Lothringens möglich zu machen. Als Deroulède sich 1888 Boulanger anschloß, bildeten die opportunistischen Mitglieder der P. die Union patriotique de France.

Patriotismus (lat.), Vaterlandsliebe und zwar nicht allein die Liebe zu dem Land und Volk, dem man durch die Geburt angehört, sondern zugleich die Gesinnung, vermöge welcher der Einzelne sein Privatinteresse dem des Ganzen unterzuordnen sich bewogen findet. Patriot oder Vaterlandsfreund heißt daher derjenige, bei dem eine solche Gesinnung vorwiegend und wirksam ist. Naturgemäß beruht der P. auf der Gemeinschaft des Volkes oder der Nationalität; er gewinnt aber seine volle Bedeutung erst dadurch, daß in der Form des Staats die Gemeinschaft des Volkes sich ausprägt.

Patripassianer, s. v. w. Monarchianer.

Patrisbrunna, lat. Name für Paderborn.

Patrístik (Patrologie, griech.), derjenige Teil der historisch-dogmatischen Theologie, welcher sich mit dem Leben, den Schriften und Lehren der Kirchenväter (Patres) beschäftigt. S. Kirchenväter.

Patrize (lat.), in der Stempelschneidekunst derjenige Stempel, mittels dessen man die Formen zum Letternguß erzeugt. Derselbe besteht aus einem länglichen, konisch verlaufenden Stahlstück, in dessen dünnes Ende das Buchstabenbild, der gewünschten Letter genau entsprechend, links geschnitten wird. Indem man diesen Stempel in ein Stückchen Kupfer einschlägt und dies so bearbeitet, daß es ins Gießinstrument gebracht werden kann (justiert), erhält man die Form oder Matrize (s. d.). P. heißt auch eine Schraube, deren man sich bedient, um eine Schraubenmutter (Mater oder Matrize) zu schneiden und zu regulieren, sowie bei galvanoplastischen Arbeiten das Original, auf welchem eine galvanoplastische Mater niedergeschlagen werden soll.

Patrizier (Patricii, v. lat. pater), in der ältesten Zeit des römischen Staats die ursprünglichen Bürger, welche als Gesamtheit das eigentliche Volk (populus) ausmachten. Sie zerfielen in 3 Stämme oder Tribus: Ramnes, Tities und Luceres. Jede Tribus bestand aus 10 Kurien oder Geschlechterkomplexen. Außer den Patriziern und ihren Sklaven gab es im ältesten Rom nur noch Klienten, d. h. Hörige, welche unter dem Schutz einzelner P. standen und diesen zu allerlei Diensten verpflichtet waren. Hierzu kamen aber besonders unter den Königen Tullus Hostilius und Ancus Marcius die Bürger der unterworfenen, meist latinischen Städte, die als Plebejer in das römische Bürgerrecht aufgenommen wurden, aber ohne das Jus honorum und suffragii, d. h. ohne das Recht, irgend ein Staatsamt zu bekleiden, und ohne Stimmrecht in den Volksversammlungen der P., den Comitia curiata. Hierdurch erst gewannen die P. die Stellung eines bevorrechteten Standes, eines Geburtsadels, im Gegensatz zu dem minder berechtigten Stande der Plebejer. Allmählich aber arbeiteten sich diese durch einen Kampf, der über zwei Jahrhunderte dauerte und wesentlich dazu beigetragen hat, der römischen Verfassung und der Sinnesweise der Römer ihren eigentümlichen Charakter zu verleihen, zu der gleichen Berechtigung mit den Patriziern empor (vgl. Römisches Reich, Geschichte). Die P. behaupteten nur für einige priesterliche Ämter ohne politische Bedeutung und für die selten vorkommende Wahl der Interregen ein ausschließliches Vorrecht. Im Lauf der Zeit schwand die Zahl der patrizischen Familien, hauptsächlich durch die Bürgerkriege, immer mehr zusammen (es soll deren zu Ende der Republik nicht mehr als 50 gegeben haben); deshalb vermehrten sie Cäsar und Augustus durch Aufnahme neuer Geschlechter, und es wurde seitdem üblich, daß die Kaiser das Patriziat als Auszeichnung verliehen. Als sodann Konstantin d. Gr. in dem römischen Reich eine künstlich abgestufte Rangordnung einführte, wurde Patricius als persönliche Titel eingeführt, welcher den hohen Rang unmittelbar nach den Konsuln gewährte. In diesem Sinn wurde der Titel auch mehreren deutschen Fürsten verliehen und selbst von Karl d. Gr. vor dem Kaisertitel angenommen. Ein eignes Patriziertum entstand im 12. u. 13. Jahrh. in den deutschen Reichsstädten u. in der Schweiz aus den angesehensten Familien, die zu gewissen obrigkeitlichen Ämtern eine ausschließende Berechtigung in Anspruch nahmen. Vgl. Büdinger, Der Patriziat und das Fehderecht in den letzten Jahrzehnten der röm. Republik (Wien 1887).

Patrocinium (lat.), Beschützung, Verteidigung, besonders die eines Klienten durch seinen Patron.

Patrock, russ. Fleischsuppe mit Möhren, Sellerie, Petersilienwurzel, welche in seine Streifen geschnitten werden, sauren Gurken, Sauerampfer, Eidotter und Rahm. Man thut auch das nudelartig geschnittene Brustfleisch von Huhn in die Suppe.