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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Pauliana actio - Paulinzelle.

"Preußischen Jahrbüchern" einen scharfen Artikel über die Zustände Württembergs erscheinen ließ, wurde er zur Strafe an das kleine Seminar zu Schönthal versetzt, nahm aber seinen Abschied und wurde 1867 als Professor nach Marburg, 1870 nach Göttingen berufen. Er starb 3. Juni 1882 in Bremen. Von kleinern Arbeiten in Zeitschriften abgesehen, sind von P. zu nennen: "König Aelfred und seine Stelle in der Geschichte Englands" (Berl. 1851, in zweifacher englischer Übersetzung erschienen); die Fortsetzung von Lappenbergs "Geschichte von England" (Bd. 3-5, Gotha 1853-58); ferner eine "Geschichte Englands seit den Friedensschlüssen von 1814 und 1815" (Leipz. 1864-75, 3 Bde.); "Bilder aus Altengland" (Gotha 1860, 2. Ausg. 1876; ebenfalls in das Englische übersetzt); "Simon von Montfort, Graf von Leicester, der Schöpfer des Hauses der Gemeinen" (Tübing. 1867); "Aufsätze zur englischen Geschichte" (Leipz. 1869, neue Folge 1883). Außerdem gab er J. ^[John] Gowers "Confessio amantis" heraus (Lond. 1856, 3 Bde.).

Pauliana actio (lat.), die Paulianische Klage, welche im römischen Recht zur Anfechtung (s. d.) von Rechtshandlungen des Schuldners zum Nachteil seiner Gläubiger gegeben ist.

Pauli Bekehrung, s. Paulus (Apostel).

Paulicianer, gnostisch-manichäische Sekte im Orient. Sie unterschieden einen bösen Gott, als Urheber der sinnlichen Schöpfung und des Judentums, und einen guten, vollkommenen Gott, verwarfen, im Gegensatz zur herrschenden Kirche, die Verehrung der Heiligen, der Bilder, des Kreuzes und der Reliquien, das Fasten, das Mönchtum, die Hierarchie sowie alle sinnlichen Formen des Kultus. Ihren Bibelglauben stützten sie vorzugsweise auf die Paulinischen Briefe, daher der Sektenname P., während sie sich selbst "Christen" nannten. Ihr Stifter Konstantin wirkte seit 660 zu Kibossa in Armenien, bis er 684 auf Befehl des kaiserlichen Beamten Simeon gesteinigt wurde; Simeon selbst aber nahm davon einen so mächtigen Eindruck mit hinweg, daß er bald an die Spitze der P. trat, weswegen er 690 auf dem Scheiterhaufen starb. Nach mannigfache Verfolgungen, welche meist von den bilderfreundlichen Kaisern ausgingen, wurden die P. von Kaiser Johannes Tzimisces um 970 nach Thrakien verpflanzt, um zur Bewachung der dortigen Reichsgrenzen zu dienen. Viele gingen unter Alexios Komnenos (1081-1118) zur herrschenden Kirche über; andre vermischten sich mit den Resten der Massalianer (s. d.), woraus die Bogomilen (s. d.) hervorgingen. Vgl. Schmid, Historia Paulicianorum (Kopenh. 1826); Lombard, Pauliciens, Bulgares et Bons-hommes (Genf 1879).

Pauline, Christine Wilhelmine, Fürstin zu Lippe, geb. 23. Febr. 1769 zu Ballenstedt, Tochter des Fürsten Friedrich Albert von Anhalt-Bernburg, erhielt eine wissenschaftliche Erziehung. Sie war des Lateinischen mächtig, mit der dänischen Litteratur sehr vertraut und besaß im Deutschen eine ungemeine Gewandtheit. Mit dem Dichter Gleim stand sie in dauerndem Briefwechsel. An den Regierungsgeschäften nahm sie eifrig teil; so führte sie seit 1790 einen Teil der Korrespondenz ihres Vaters und hatte seit 1793 Anteil an der Leitung der auswärtigen Geschäfte. Am 2. Jan. 1796 vermählte sie sich mit dem Fürsten Leopold von Lippe-Detmold und übernahm nach dessen Tod (1802) für den Erbprinzen Paul Alexander Leopold die vormundschaftliche Regierung, die sie durchaus selbständig führte. Gleich zu Anfang derselben hob sie die Leibeigenschaft auf, gründete eine der ersten Kleinkinderbewahranstalten in Deutschland und sorgte überhaupt für Verbesserung des Armen- und Schulwesens. 1807 entschied sie sich sofort für den Rheinbund und wußte zu Paris die Achtung Napoleons I. und Josephines vertraute Freundschaft zu gewinnen. Eine neue Verfassung, die sie 1817 ihren Ständen vorlegte, ward von diesen nicht angenommen, obschon außerdem die Fürstin einer ungeteilten Verehrung sich erfreute. Ein Zeugnis hierfür war der 1818 von der Stadt Lemgo ihr gemachte, von ihr auch angenommene Antrag, das Bürgermeisteramt dieser Stadt zu übernehmen. P. starb, nachdem sie 4. Juni 1820 die Regierung ihrem Sohn übergeben, 29. Dez. d. J. Eine geistvolle Dichtung von ihr: "Die Theestunde einer deutschen Fürstin", steht in der "Iduna" von 1805.

Pauliner, Benennung mehrerer geistlicher Kongregationen, besonders der Einsiedlermönche des heiligen Paul, welche, als Einsiedlerschaft von Patacz 1215 vom Bischof Bartholomäus von Fünfkirchen gestiftet, 1250 mit einer von Eusebius von Gran zu Pisilia gebildeten Einsiedlerschaft vereinigt und dem heil. Paul von Theben als Schutzpatron geweiht, noch heute in Ungarn bestehen. P. heißen nach ihrem Stifter auch die Minimen (s. d.), Piaristen (s. d.), Theatiner (s. d.) und regulierten Chorherren des heil. Paulus oder Barnabiten (s. d.).

Pauliner, alte ital. Münze, s. v. w. Paolo.

Paulinertrank (lat. Paulina potio), im Mittelalter s. v. w. Gift, vielleicht nach dem Mönch Paulinus, der Kaiser Heinrich VII. vergiftet hat.

Paulinus, Pontius Meropius Anicius, Kirchenschriftsteller, geb. 354 zu Bordeaux, trat zur christlichen Kirche über, ward Konsul in Rom, später Präfekt der Provinz Kampanien und zog sich 394 von der Welt zurück, lebte als Asket in Nola, wurde hierselbst im Anfang des 5. Jahrh. Bischof und starb 431. Sein Gedächtnistag ist der 22. Juni, welcher besonders in Nola gefeiert wird. Er schrieb: "Epistolae et poemata". Seine Werke gab Muratori (Verona 1736) heraus. Vgl. Buse, P. und seine Zeit (Regensburg 1856, 2 Bde.); Lagrange, Geschichte des heil. P. von Nola (deutsch, Mainz 1882).

Paulinus von Aquileja, ein hervorragender Theolog aus der Umgebung Karls d. Gr., wurde von diesem 776 zum Patriarchen von Aquileja ernannt, beteiligte sich am Streit über den Adoptianismus (s. d.), war thätig für die Christianisierung Kärntens und Friauls, vielleicht auch der Avaren, starb 804. Seine Werke sind herausgegeben von Madrisius (Vened. 1737) und in Mignes "Patrologie" (Bd. 99).

Paulinzelle, Dorf im schwarzburg-rudolstadt. Justizamt Stadtilm, in einem romantischen Thal des Thüringer Waldes, 8 km südlich von Stadtilm, 358 m ü. M., hat (1885) 103 Einw. und ist geschichtlich merkwürdig durch das daselbst 1106 von Pauline, der Tochter eines thüringischen Ritters Moricho, gestiftete Benediktiner-Nonnen- und Mönchskloster. Nachdem die Abtei im Bauernkrieg 1525 geplündert und verwüstet worden, wurde sie 1534 von den Grafen von Schwarzburg aufgehoben und die verfallenden Gebäude nachmals vollends durch den Blitz zerstört. Die ansehnlichen Ruinen der Kirche (einer romanischen Säulenbasilika, 1876 restauriert) gehören zu den schönsten Denkmälern der Vorzeit im Bereich des Thüringer Waldes. In der Nähe der Ruine eisenhaltige Quellen. Vgl. Hesse, Geschichte des Klosters P. (Rudolst. 1815); Puttrich, Die Kirchen und sonstigen Altertümer der schwarzburgischen Länder (Leipz. 1843); "Die Klosterruine P." (Rudolst. 1882).