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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Persischgelb; Persischrot; Persisténz; Persius; Persius Flaccus; Person

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Persischgelb - Person.

Schriftart Näsch entstanden, worin in Persien arabische und gelehrte Werke kopiert zu werden pflegen; das Nästalik, die eleganteste Schrift, worin man die poetischen und Geschichtsbücher abschreibt, und das Schikäste, eine Art Stenographie mit sehr verschlungenen Zügen. Letzteres ist seiner Undeutlichkeit wegen jetzt ziemlich außer Gebrauch gekommen, und man bedient sich im gewöhnlichen Leben am häufigsten einer Mittelform, des Schikäste-Nästalik. Schön zu schreiben, gilt für ein Hauptkennzeichen einer guten Erziehung, und es wird sehr viel Zeit auf gefällige Abrundung der zierlichen persischen Buchstaben verwendet. Der grammatische Bau der persischen Sprache ist äußerst einfach, da, ähnlich wie im Englischen, der Unterschied der Geschlechter und fast alle Kasusendungen und Personalendungen verschwunden sind, auch kein Artikel vorhanden ist. Die Kasus werden durch vor- oder nach gesetzte Partikeln, nur der Plural vom Singular durch eine besondere Endung unterschieden, die Tempora und Modi des Verbums meist durch Hilfszeitwörter ausgedrückt. Reich ist dagegen die p. S. an Präpositionen und Konjunktionen, und die Syntax, bei der es besonders auf die Wortstellung ankommt, ist fein ausgebildet. Der Accent ruht im allgemeinen auf der letzten Silbe des Wortes; doch gibt es eine Reihe kurzer, angehängter Verhältniswörter, die selbst unbetont bleiben und ihren Ton auf den ersten Teil des Kompositums zurückwerfen. Die p. S. ist reich an poetischen Bildern und der Perser geneigt, die Klarheit des Gedankens dem schönen Klang des Wortes zu opfern sowie durch fleißiges Einstreuen arabischer Wörter und Wendungen seine Bildung zu zeigen. Es gibt viele Dialekte, ja fast jede Stadt hat ihren eigentümlichen Accent; für den wohlklingendsten Dialekt gilt der von Schiraz; durch Altertümlichkeit zeichnen sich die Mundarten von Masenderan, Talisch, Nätans aus. Über allen Dialekten steht die Schriftsprache, die auch von den Ungebildeten überall verstanden wird. Die besten Wörterbücher der persischen Sprache sind: das etymologische Lexikon von Vullers (Bonn 1855-64, 2 Bde.; Supplement 1867), das mehr für praktische Bedürfnisse berechnete von Johnson (Lond. 1852), das vortreffliche Handwörterbuch von Palmer (2. Aufl., das. 1883), Wollaston (das. 1882), ersteres lateinisch, die letztern englisch geschrieben, und Nicolas' "Dictionnaire français-persan" (Par. 1885 ff). Unter den Grammatiken sind hervorzuheben: die von Dombay (1804), Fr. Wilken (Leipz. 1804, mit Chrestomathie), Possart (das. 1831), Vullers ("Institutiones linguae persicae", 2. Aufl., Gieß. 1870, 2 Bde.; die beste wissenschaftliche Grammatik der persischen Sprache), G. Rosen (Berl. 1843, mit Chrestomathie), Bleek (Lond. 1857, in engl. Sprache), M. Schultze (Elbing 1863, mit Chrestomathie), Wahrmund ("Handbuch der neupersischen Sprache", Gieß. 1875, 2 Tle., mit Schlüssel), Fr. Rückert ("Grammatik, Poetik und Rhetorik der Perser", 1827-28; neu hrsg. von Pertsch, Gotha 1874), Pizzi (Leipz. 1883, mit Chrestomathie), endlich als die beste praktische Grammatik: Fleischers "Grammatik der lebenden persischen Sprache" (nach Mirza Mohammed Ibrahims "Grammar" neu bearbeitet, 2. Aufl., Leipz. 1875). Chrestomathien gibt es außer den genannten von Vullers ("Chrestomathia Schahnamiana", Bonn 1833), Spiegel (Leipz. 1846) und Barb (1864).

Persischgelb, s. v. w. Auripigment.

Persischrot, s. Englischrot.

Persisténz (lat.), Beharrlichkeit, Dauer; persistieren, dauern, auf etwas beharren.

Persius, Ludwig, Architekt, geboren im Februar 1804 zu Berlin, gest. 1845 in Rom, stand in großer Gunst bei König Friedrich Wilhelm IV. und war seit dem Bau der Villa Charlottenhof bei Potsdam der Vollstrecker der künstlerischen Pläne desselben. Er führte nach den Entwürfen Schinkels den Kuppelbau der St. Nikolaikirche aus und baute im Basilikastil die Kirche von Sakrow und die Friedenskirche zu Sanssouci. Das Schloß daselbst verdankt ihm die neuhergestellten Flügelgebäude, auch der Fontänenbau im Garten rührt von ihm her. Das malerische Kompositionstalent P.' kam besonders beim Villenbau zum Ausdruck, wie in der Villa Schöningen, den Hofgärtnerwohnungen zu Sanssouci etc.

Persius Flaccus, Aulus, röm. Satiriker, geb. 34 n. Chr. zu Volaterrä in Etrurien aus einer angesehenen Ritterfamilie, schloß sich in Rom, wohin er in seinem zwölften Jahr kam, besonders an den Stoiker Cornutus an und lebte seitdem mit den ausgezeichnetsten Persönlichkeiten Roms in freundschaftlichem Verkehr, starb aber schon 62. Seine hinterlassenen sechs Satiren gab nach einer Überarbeitung durch Cornutus sein Freund Cäsius Bassus heraus. Die Anregung zur satirischen Dichtung hatte ihm das Beispiel des Lucilius und Horaz gegeben, an den er sich häufig in Gedanken und Ausdruck anlehnt. P.' Satiren geben vom Standpunkt des stoischen Weisen und sittenstrengen Römers ein Bild des herrschenden Sittenverderbens; sie zeichnen sich durch Ernst der Gesinnung aus, leiden aber infolge vieler für uns unverständlicher Anspielungen sowie der übertriebenen Kürze der Diktion an Dunkelheit. Neuere Ausgaben von O. Jahn (zusammen mit Juvenalis und Sulpicia, Leipz. 1843; 2. Ausg. von Bücheler, das. 1886; Textausg., Berl. 1868), Heinrich (Leipz. 1844), K. Fr. Hermann (das. 1854); Übersetzungen von Weber (Bonn 1834), Düntzer (Trier 1844), Teuffel (Stuttg. 1857) und Binder (das. 1866).

Person (lat. persona), ursprünglich die den ganzen Kopf bedeckende Maske (s. d.), wodurch im Altertum die Schauspieler den Charakter ihrer Rolle ausdrückten; dann auch die darzustellende Rolle und der Schauspieler in seiner Rolle selbst, welche Bedeutung im 16. Jahrh. durch die Übersetzung lateinischer Komödien mit dem Fremdwort auch in die deutsche Sprache kam. Verallgemeinert bezeichnet dann P. überhaupt im Einzelwesen nach seiner äußern Erscheinung sowohl als nach seiner geistigen und sonstigen Eigentümlichkeit und insbesondere in der Rechtswissenschaft jedes Wesen, welches Subjekt von Rechten und Rechtsverhältnissen sein kann, im Gegensatz zu den Sachen, den willenlosen, materiellen Dingen der Außenwelt. Die Begriffe P. und Mensch sind insofern nicht dieselben, als es Personen gibt, welche keine Menschen sind, und als es wenigstens früher Menschen gab, welche keine Personen waren. Die Gesetzgebung hat nämlich dadurch, daß sie eine sogen. juristische P. (s. d.) konstruierte, die Möglichkeit gegeben, die Persönlichkeit an etwas andres als an ein physisches Individuum zu knüpfen, z. B. an eine Gemeinde, an einen Vermögenskomplex etc. Auf der andern Seite war der Sklave des Altertums rechtlos; er galt für eine Sache, eben weil ihm das Recht der Persönlichkeit, die Rechtsfähigkeit, fehlte, welche heutzutage in den zivilisierte Staaten jedem Menschen zukommt: Verschieden von der Rechtsfähigkeit ist die Handlungsfähigkeit, welche die Fähigkeit vernünftiger Erschließung voraussetzt und daher Kindern und Wahnsinnigen abgeht, obwohl diesen die Fähigkeit, Rechte und Verbindlichkeiten zu haben, also Rechts-^[folgende Seite]