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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Peru

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Peru (Bewässerung, Klima, Tier- und Pflanzenwelt).

nur von unabhängigen, wilden Indianern dünn bevölkert. - Die geognostischen Verhältnisse Perus sind noch sehr wenig erforscht. Den Küstenstrich bedeckt tiefer Sand, der dem Alluvium, weiterhin dem Diluvium angehört, und teils Formen der obern Oolithengruppe, teils Granite und Porphyre zur Unterlage hat. Mit der Erhebung des Landes gegen das Innere treten Porphyre und porphyrähnliche Gesteine zu Tage, oft in grotesken, zerrissenen Formen. Auf dem Hochland und in den durchkreuzenden Bergketten finden sich häufig Sandsteine, meist rote, aber auch weiße, sowie Kalksteine. Die reichsten Silbererzgänge finden sich vorzugsweise in einem schwärzlichen Thonschiefer oder Wacke (Esquito negruzco); andre treten in Porphyren, noch andre in einer sekundären Sandsteinformation oder in der obern Oolithengruppe auf. Wie in der Küstenkordillere die Porphyre, so spielt in der Binnenkordillere das Übergangsgebirge, besonders versteinerungsleere, dem silurischen System angehörige Schiefer, die Hauptrolle. Im N., zwischen dem untern Huallaga und dem obern Marañon, im nördlichen Teil der Zentralkordillere, scheint die Triasgruppe (mit mächtigen Steinsalzlagern) ganz vorzuherrschen. Die Ebenen am Marañon sind mit lehmigem Alluvium bedeckt und ganz entblößt von Steinen. Eigentlich vulkanische Produkte sind wenig verbreitet. Vulkane kommen nur im kleinern, südlichen Teil der Küstenkette vor und bilden dort die Gruppe von Arequipa. Erdbeben kommen auf den Kordilleren seltener vor, und in den Ebenen des Ostens kennt man sie gar nicht. Dagegen sind sie auf dem Küstenstrich sehr häufig und haben hier wiederholt großen Schaden angerichtet. Die heftigsten waren 1746, wo Callao zerstört wurde und 5000 Menschen umkamen, 1756 und 1816, wo Trujillo, 1582, 1784, 1845, wo Arequipa teilweise zerstört wurde. An heißen Quellen ist die Küstenkordillere reich, die meisten kommen auf beträchtlichen Höhen vor. Die Küsten von P. zeigen auch viele Beweise von abwechselnden Hebungen und Senkungen, namentlich bei Callao.

Die Bewässerung Perus ist eine sehr ungleiche. Sehr dürftig mit fließendem Gewässer ausgestattet ist das Küstengebiet, sehr reich daran sind die Ebenen im O. des Gebirges, der Ostabfall desselben und zum Teil auch das Hochland selbst. Die Hauptwasserscheide zwischen dem Stillen und dem Atlantischen Ozean wird durch die Küstenkordillere gebildet. Der vornehmste Fluß ist der Marañon, welcher hier unter 10° 30' südl. Br. auf dem Ostabhang der Küstenkordillere entsteht. Er nimmt an der Nordgrenze Perus den Huallaga und den mächtigen Ucayali auf, welcher aus dem Apurimac und dem Urubamba entsteht. Nachdem der Marañon nach Brasilien übergegangen ist, empfängt er noch mehrere aus den Ebenen Perus kommende ansehnliche Nebenflüsse, unter andern den Yavari; dessen unterer Lauf die Grenze Perus bildet, und den Purus. Von dem Abhang des Gebirges nach W. ergießen sich, wie bemerkt, nur unbedeutende Flüsse; am Fuß angelangt, versiegen sie schnell in dem bis zu großen Tiefen aus Sand bestehenden Küstenland, so daß außer der Regenzeit nur wenige von ihnen den Ozean erreichen. In den meisten Gegenden liegen diese in breiten, aber flachen Betten laufenden Flüsse halbe und ganze Tagereisen voneinander entfernt. In den südlichern Provinzen gibt es lange Küstenstriche, die wegen Mangels an süßem Wasser fast unbewohnbar sind. Die einzigen stets Wasser führenden Flüsse sind hier (von N. beginnend): Rio Tumbez, Rio de la Chira, Rio de Santa, Rio Rimac, Rio de Canete, Rio Chincha, Rio Mages (bei Camana) und Rio Vitor (bei Quilca). Schon die alten Peruaner hatten umfassende Bewässerungsanstalten für den Ackerbau getroffen. In jüngerer Zeit hat man diese äußerst produktiven, wenn auch schwierigen Arbeiten in großartigem Maßstab wieder aufgenommen und namentlich Mollendo durch eine 131 km lange Wasserleitung mit Wasser versorgt. An Seen ist P., besonders das Gebirge, sehr reich. Sie finden sich auf allen Pässen beider Kordilleren, oft kettenartig zusammenhängen (wie die Seen von Huascocha), sind aber meist ganz unbedeutende Lagunen. Der bedeutendste Gebirgssee ist der von Chinchaycocha auf dem Gebirgsknoten von Cuzco. An der Ostgrenze liegt der große Titicacasee in 3808 m Höhe. Große Moore kommen auf den Plateaus häufig vor.

Klima, Tier- und Pflanzenwelt.

Das Klima und dem entsprechend die organische Welt Perus sind je nach der Beschaffenheit und Lage des Landes sehr mannigfaltig. Die Schneelinie liegt nach Tschudi im mittlern P. auf der Küstenkordillere in 5200 m, auf der Binnenkordillere in 4850 m Höhe, und in der Regenverteilung herrscht der auffallendste Gegensatz, indem im O. der Andes die Regenmenge ebenso exzessiv ist wie an der Küste der Mangel. Man unterscheidet in klimatographischer Hinsicht die West- und die Ostabdachung des Landes, deren jede wieder in verschiedene Unterabteilungen zerfällt. Auf der Westabdachung ist zunächst die Küstenregion zu bemerken; dieselbe besteht unmittelbar am Meer aus dem oben erwähnten 2150 km langen Sandstreifen, der bis 500 m ü. M. ansteigt und nur längs der Flüsse einige fruchtbare Oasen enthält. Mit wenigen Ausnahmen hat es seit Jahrhunderten auf diesem Küstenstrich nicht geregnet. Fünf Monate hindurch, vom November an, ist derselbe, mit Ausnahme der Oasen längs der Flüsse, eine schauerlich öde Wüste ohne Pflanzen und Tiere, bis (vom Mai an) rieselnde Nebel (Garrun genannt) das Land erfrischen und dann einen Teil der Sandflächen, vorzüglich die Hügelreihen, in wenigen Tagen mit einer üppigen Gras- und Blumendecke überkleiden. Die an der Küste gewöhnlich herrschenden Winde kommen aus SO. und SW. Landeinwärts, bis zu 1300 m Höhe, umfaßt die Küstenregion die westlichen Thäler der Kordilleren, wo an die Stelle der Nebel heftige Platzregen treten und die Temperatur eine noch höhere ist als unmittelbar an der Küste. Hier beträgt die mittlere Temperatur in der kalten Jahreszeit 22,5° C., in der heißen 26° C.; an der Küste 2-4° weniger. In dieser Region gedeihen alle tropischen Kulturpflanzen, vorzüglich das Zuckerrohr. Die wilde Flora ist nicht sehr üppig, doch finden sich hier die köstliche Cherimoya (Anona Cherimolia) und die Granadilla (s. Passiflora). Aus der Fauna dieser Zone sind bemerkenswert: Armadille, Onzen und Pumas, wilde Schweine, Scharen von Aasgeiern, Papageien, Tauben in großen Flügen (darunter die niedliche Turtuli), Kaimane und glänzend grüne Leguane (an der Seeküste). Schlangen sind seltener. An diese Küstenregion schließt sich die westliche Sierraregion an, welche über 1300-3750 m ü. M. ansteigt und von den Eingebornen in die Region der Yungas (bis 1500 m), der Valle oder Media Yunga (bis gegen 3000 m), beide mit ewigem Frühling, und der Cabezera de Valle geteilt wird. Die Luft ist hier trocken, und die Nächte sind selbst im Sommer kühl. Die mittlere Temperatur beträgt im Sommer 21° C., im Winter +19°.