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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Peru

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Peru (Münzen etc., staatliche Verhältnisse, Heerwesen, Wappen etc.; Geschichte).

portiert Deutschland Eisenwaren, Tuch, Gewebe, Leinen, Kleidungsstücke, Spirituosen. Die wichtigsten Seehäfen Perus sind: Callao, Islay und Payta. Die Gesamtzahl der eingelaufenen Schiffe betrug 1877: 9176 (darunter 5503 Dampfer) von 7,210,383 Ton. Der größte Teil der von Callao in Ballast ausgehenden Schiffe fahrt nach den Guanoinseln, um Guano zu laden. Die ganze Westküste Südamerikas zwischen Panama und Chile wird seit 1840 monatlich viermal von einer englischen Dampfpaketkompanie mit 17 Dampfern befahren; eine französische Gesellschaft hat ihre Fahrten wieder aufgegeben, dagegen befährt der Hamburger Kosmos seit 1874 die amerikanischen Westküsten mit 11 Dampfern. Die peruanische Handelsmarine bestand 1876 aus 147 Schiffen von 49,860 Ton. inkl. 8 Dampfern von 1786 T. Die binnenländische Postverbindung ist trotz mancher neuen Verbesserungen noch sehr mangelhaft. Mit den Eisenbahnen hat sich ein Netz von Telegraphenlinien in einer Gesamtlänge von 2211 km rasch entwickelt. Die Häfen Chorillos, Mollendo, Arica und Iquique sind mit dem die Küste entlang bis Valparaiso gehenden submarinen Kabel verbunden.

Münzen etc. Nach dem Münzgesetz von 1862 heißt die Münzeinheit Sol, hat 5 Frank Wert und zerfällt in 100 Centavos. Der Papiersol ist indes (1887) nur 20 Pfennig wert. Zehntel-Soles heißen Dineros. Goldmünzen gibt es zu 20, 10, 5, 2 Soles. Die frühere Landesmünze waren der Peso (ungefähr 5 Frank) zu 8 Realen und die Onza (Goldmünze) zu 17 Pesos. Die metrischen Maße und Gewichte sind 1860 gesetzlich eingeführt worden, man bedient sich aber noch ziemlich allgemein der altspanischen.

Staatliche Verhältnisse.

Die gegenwärtig Staatsverfassung Perus ist die 1860 in mehr konservativem Sinn reformierte von 1856. Ihr zufolge ist die Regierung "republikanisch, demokratisch, repräsentativ, in der Einheit gegründet", mit vollständiger Trennung der gesetzgebenden, ausführenden und richterliche Gewalt. Die erstgenannte wird vom Kongreß ausgeübt, der aus einem Senat und einem Repräsentantenhaus besteht und sich alle zwei Jahre zu einem Drittel seiner Mitglieder erneuert. Die Abgeordneten, durch indirekte Wahl ernannt, müssen 21 Jahre alt, Peruaner von Geburt sein und ein Einkommen von 500 Soles besitzen. Die Senatoren müssen 35 Jahre alt sein und 1000 Soles Einkommen haben. Der Kongreß tritt jährlich 28. Juli zusammen. Zu den Urwahlen werden nur die "aktiven Staatsbürger" zugelassen, mit Ausnahme von Personen, die nicht lesen und schreiben können oder die keine Steuern zahlen. An der Spitze der vollziehende Gewalt steht der vom gesamten Volk auf 4 Jahre gewählte Präsident. Er ernennt die fünf Staatsminister, welche persönlich für die Handlungen ihres Departements verantwortlich sind. - Für Zwecke der innern Verwaltung zerfällt P. in 19 Departements, welche in Provinzen und Distrikte eingeteilt werden. Die Departements werden durch Präfekten verwaltet, die Provinzen durch Subpräfekten, die Distrikte durch Gouverneure. Die Präfekten stehen unter unmittelbarer Abhängigkeit von der Exekutivgewalt. - Die Justiz wird durch einen höchsten Gerichtshof (in Lima), Obergericht (in jedem Departement), Richter erster Instanz (in den Provinzen) und Friedensrichter (in den Gemeinden) verwaltet. Für die Ziviljustiz und das Prozeßverfahren gilt das dem französischen "Code" nachgebildet Gesetzbuch von 1852, für die Kriminaljustiz gelten noch die spanischen Gesetze.

Die Finanzverhältnisse Perus haben sich infolge des unglücklichen Kriegs mit Chile und dem daraus folgenden Verlust der Guanoinseln ungemein verschlimmert. Noch 1875-76 beliefen sich die Einnahmen auf 66,601,664 Soles, wogegen man dieselben 1887-88 auf nur 8,062,385 Soles schätzte. Davon kamen auf Zölle 4,255,900 Soles, auf eine Kopfsteuer von 2-6 Soles für jeden erwachsenen Mann 1,100,000 Soles, auf Tabaksaccise 350,000 Soles, Grundsteuer 361,531 Sol., Stempelgebühren 288,135 Soles. Die Ausgaben schätzte man 1887-88 auf 6,760,866 Soles, nämlich Ministerien des Innern und öffentliche Bauten 2,544,500 Soles, Kriegswesen 1,824,766, Justiz u. Erziehungswesen 898,211 Soles. Die Zahlung von Zinsen für die Staatsschuld ist hierbei nicht vorgesehen, und in der That sind seit 1876 keine Zinsen bezahlt worden, so daß bereits 1886: 72 Mill. Soles rückständig waren. Im J. 1887 betrug das Kapital der Staatsschuld: 232 Mill. Soles, einschließlich 84 Mill. Papiergeld und einer innern Schuld von 22 Mill. Soles. Verhandlungen mit Chile wegen Zahlung eines Teils des Ertrags der Guanoinseln an die englischen Gläubiger Perus schweben noch. Die Finanznot Perus ist übrigens weniger durch schlechte Verwaltung als durch ungeheure Ausgaben für Eisenbahnen entstanden. Die stehende Armee zählt 5900 Köpfe, einschließlich einer Gendarmerie von 2400 Mann. Die Miliz soll gesetzlich 100,000 Mann zählen, aber selbst in dem Krieg mit Chile vermochte man wegen mangelnder Ausrüstung nur 16,000 Mann ins Feld zu stellen. Die einst achtbare Flotte Perus (4 Panzerschiffe mit 31 Geschützen, 6 Dampfer mit 35 Geschützen, 3 Schulschiffe und 5 Flußdampfer) ging in dem Krieg verloren, und die Seemacht besteht jetzt nur aus 2 Kreuzern und 2 kleinen Transportschiffen. Das Wappen Perus ist ein in drei Felder geteilter Schild. Das rechte der beiden obern Felder enthält eine Vicuña auf blauem Grunde, das linke einen Chinarindenbaum auf weißem Grunde, das untere ein Füllhorn auf rotem Grunde. Die Flagge (s. Tafel "Flaggen") besteht aus drei horizontalen Streifen, die äußern inkarnat, der mittlere weiß (bei Kriegsschiffen mit dem Wappen). Die Landeshauptstadt ist Lima.

Vgl. außer den Reisewerken von Pöppig, Tschudi ("P.", St. Gallen 1845-46, 2 Bde. und "Reisen in Südamerika", Bd. 1 u. 2, Leipz. 1866), Temple, Hill, Hutchinson, Markham, E. Grandidier, Wiener, Orton, E. G. Squier (deutsch, das. 1883) u. a.: M. F. Paz Soldan, Diccionario geográfico-estadistico del Perú (Lima 1879); A. Raimondi, El Peru (das. 1874, 3 Bde.); Wappäus in Steins "Handbuch der Geographie", 1864; Chérot, Le Pérou, production, commerce, etc. (Par. 1876); Luis F. Albertini, Le Pérou en 1878, Bericht zur Weltausstellung (das. 1878); Squier, Observations on the geography and archaeology of P. (New York 1870); Forbes, On the Aymara Indians of Bolivia and P. (im "Journal of the Ethnological Society of London" 1870, Bd. 2).

Geschichte.

Die Kultur Perus reicht in entfernte Zeiten zurück, in denen schon verhältnismäßig zivilisierte Staaten bestanden haben müssen, die mit rohen Hieroglyphen bedeckte Baudenkmäler hinterlassen haben (s. Amerikanische Altertümer, S. 483). Im Anfang des 11. Jahrh. unsrer Zeitrechnung trat unter den Aymara, den Umwohnern des Titicacasees, ein Mann Namens Manco Capac auf, der sich Sohn der Sonne nannte, die Stadt Cuzco erbaute und mit seiner Gattin Mama Oello das Inkareich gründete, über